Einwohner-Rekord: Wir wachsen weiter

Deutschland wächst auf über 82 Millionen Einwohner an. Foto: Sven Hoppe/dpa Foto: red

Die Bevölkerung in Deutschland ist 2016 um die Größe einer Stadt von Leipzig, Dortmund oder Düsseldorf gewachsen. Grund ist wieder die Zuwanderung - allerdings längst nicht nur von Flüchtlingen, sondern vor allem aus der EU.

 
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Noch nie haben so viele Menschen in Deutschland gelebt. 82,8 Millionen waren es nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes Ende 2016. Das waren rund 600 000 mehr als ein Jahr zuvor und ungefähr 300 000 mehr als im bisherigen Rekordjahr vor fast 15 Jahren (2002). Ohne die Zuwanderung von Menschen aus Kriegsgebieten und der EU wäre die Bevölkerung aber geschrumpft. Die wichtigsten Antworten zu dem Thema:

Wie viele Menschen sind nach Deutschland gekommen?

Die Statistiker gehen davon aus, dass im vergangenen Jahr mindestens 750 000 Menschen mehr nach Deutschland gezogen als weggegangen sind. Im Jahr 2015 war dieser Unterschied mit rund 1,1 Millionen Menschen noch deutlich größer.

Wie genau ist diese Statistik?

Die Wanderungs-Statistik bildet nach Einschätzung von Fachleuten die Wirklichkeit nicht ganz genau ab. Dies habe der Zensus 2011 gezeigt: Die erste Bevölkerungszählung seit mehr als zwei Jahrzehnten hatte ergeben, dass gut eine Million Ausländer weniger in Deutschland lebten als gedacht. Der Grund: Viele Migranten melden sich nicht ab, wenn sie in die Heimat zurückgehen oder in ein anderes Land weiterziehen, andere sind doppelt erfasst.

Hinzu kommt: Viele Flüchtlinge, die bereits 2015 nach Deutschland gekommen sind, wurden erst 2016 erfasst. Nach Einschätzung von Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung kann die wirkliche Wanderungsbilanz im vergangenen Jahr daher um einige Zehntausend Menschen niedriger sein als die offiziellen Zahlen.

Woher kommen die Zuwanderer?

Das wissen die Statistiker für 2016 noch nicht genau. Fachleute sind sich aber einig, dass neben den Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten Arbeitsmigranten aus Osteuropa und anderen EU-Ländern eine ganz große Rolle spielen. «Die innereuropäische Migration war 2016 bedeutender als die Flüchtlingsmigration», sagt etwa Thomas Liebig von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Welche Rolle spielen Geburten und Todesfälle?

Noch immer sterben jedes Jahr deutlich mehr Menschen als geboren werden. Ohne die Zuwanderung würde die Bevölkerung also schrumpfen. Das sogenannte Geburtendefizit lag der Schätzung zufolge 2016 bei zwischen 150 000 und 190 000 Menschen - nach 188 000 im Jahr zuvor. «Die Anzahl lebend geborener Kinder dürfte 2016 gegenüber dem Vorjahr leicht zugenommen und die Anzahl der Sterbefälle etwa auf Vorjahresniveau gelegen haben», erläutert Statistiker Reinhold Zahn.

Kann das Geburtendefizit überwunden werden?

Die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter in Deutschland ist derzeit einfach deutlich niedriger als die der alten Menschen. «Selbst wenn diese Frauen sehr viel mehr Kinder bekämen, wäre es sehr schwierig, die Sterbefälle auszugleichen», sagt Bevölkerungswissenschaftler Klüsener. Erst ab 2040 sei mit einer Verringerung der Lücke zwischen den Geburten und den Sterbefällen zu rechnen, da dann die geburtenschwächeren Jahrgänge ins höhere Alter vorrückten. Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ergänzt: «Die Migration erhöht auch die Geburtenzahlen.» Nicht, weil die Zuwanderer so viele Kinder bekämen, sondern weil sie jung seien.

Ist das Bevölkerungswachstum etwas Gutes?

Die Zuwanderer aus der EU kommen vor allem auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland. «Die Arbeitsmigration hilft uns, den demografischen Wandel zu bewältigen», sagt Brücker. «Die öffentlichen Haushalte, die Rentenversicherungssysteme etwa, stehen gut da, das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir nicht in die Bevölkerungsschrumpfung reingelaufen sind.»

Wie sind die Aussichten für 2017?

Wie sich der «Brexit» auf europäische Wanderungsbewegungen auswirkt, lässt sich nach Einschätzung der Fachleute noch nicht absehen. «Das kann in beide Richtungen gehen», sagt Liebig von der OECD. «Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor aufnahmefähig», betont Holger Bonin vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Der Volkswirt geht auch davon aus, dass in diesem Jahr erneut weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen.

dpa

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