Bundeswehr erklärt Schülern wie die Weltpolitik funktioniert Einmal selber Minister sein

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Die beiden Jugendoffiziere der Bundeswehr, Jonas Heim und Marius Alois Erbrich erklären Schülern des Richard-Wagner-Gymnasiums im Pottensteiner Schullandheim wie Weltpolitik funktioniert. Foto: Ralf Münch Foto: red

Kleine Nationalflaggen stehen auf den Tischen, Mappen mit Informationen zu den Ländern, ihren Regierungschefs und Ministern, Weltbank und -presse, Greenpeace und Amnesty International liegen daneben. 37 Schüler des Richard-Wagner-Gymnasiums Bayreuth dürfen bei dem Seminar Pol&Is im Schullandheim Pottenstein einmal selbst die Politik bestimmen.

 
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Pol&Is steht für Politik und internationale Sicherheit. Die Elft- und Zwölftklässler sind selbst Minister, erfahren, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen auf die Weltpolitik haben. Angeboten wird das Seminar von den Jugendoffizieren des Landeskommandos Bayern der Bundeswehr. Dahinter steht ein Modell, das die Vereinten Nationen und internationale Beziehungen abbildet. „Die Jugendlichen sollen ein Verständnis entwickeln, was welches Land macht unter seinen jeweiligen Gegebenheiten“, sagt Marius Alois Erbrich. Der Hauptmann führt zusammen mit Jonas Heim die Schüler durch das Seminar. Die beiden Jugendoffiziere sind in Sachen Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr unterwegs, vermitteln unter anderem politische Themen, insbesondere in Sachen Sicherheitspolitik. „Wir machen aber keine Nachwuchswerbung“, betont Erbrich.

Politische Programme und Konzepte entwickeln

Pol&Is simuliert drei Jahre Weltpolitik. „Es sollen nachhaltige Konzepte entwickelt und politische Programme erstellt werden“, erklärt Erbrich. Falsche Entscheidungen gibt es dabei nicht, nur unterschiedliche Konsequenzen. Diese können die Teilnehmer überdenken, ob eine andere Lösung sinnvoller, effektiver wäre. Dabei geht es immer um aktuelle Themen, wie Flüchtlinge, Terrorangst, Umweltprobleme, Atomkraftwerke oder Kindersoldaten. Vorausgesetzt werden dabei die einzelnen Gegebenheiten in den verschiedenen Ländern wie die Drogenproblematik in Südamerika, Armut in Afrika oder die Möglichkeit Bündnisse zu schließen wie in Nordamerika, China oder Russland. Es geht um organisierte Kriminalität, Piraterie, Klimawandel und Schuldenkrise. Gleichzeitig sind die Schüler aufgefordert, sogenannte Sicherheitsspielsteine, die Entwicklungshelfer, Land-, Luft- und Seestreitkräfte, Polizei oder Diplomaten symbolisieren, einzusetzen.

„In einer simulierten Welt sollen die Jugendlichen probieren, Erfahrungen sammeln beim Argumentieren, mit Konflikten umgehen und Kompromisse suchen“, erläutert Erbrich den Ablauf. Aber auch das Selbstbewusstsein und die Teamfähigkeit werden geschult, wenn die Teilnehmer ihre Positionen vor allen erklären und vertreten müssen. Sie müssen sich in Debatten behaupten und auch mit Rivalen verhandeln. „Soziale, kommunikative und kreative Weiterbildung“, nennt es der Jugendoffizier.

Politische Prozesse und Zusammenhänge erklären

Ziel von Pol&Is ist es, Interesse und Verständnis für internationale Beziehungen und ihre Bedeutung zu wecken, politische Prozesse und Zusammenhänge zu erklären. „Die Schüler sollen aber auch ständig ihre eigenen Entscheidungen hinterfragen“, sagt Erbrich. Ein Ende des Planspiels gebe es eigentlich nicht, da das ganze wie in der Realität fortlaufend ist. Auch werde immer wieder versucht, aktuelle politische Entwicklungen wie beispielsweise die US-Wahl mit einzubauen.

Pol&Is wurde in den 80er Jahren vom Politikwissenschaftler Wolfgang Leidhold an der Universität Erlangen im Auftrag der Bundeswehr entwickelt, die 1989 die Rechte an dem Spiel übernommen hat. Die Welt ist bei Pol&Is in maximal 13 Regionen aufgeteilt, die alle mehrere reale Staaten umfassen. Die Anzahl der Regionen sind jeweils von der Teilnehmerzahl abhängig. Die Anfangsbedingungen sind der Lebensstandard, Energie- und Rohstoffvorkommen, Produktionszentren und die Anzahl der Sicherheitskräfte. Jeder Teilnehmer übernimmt eine feste Position im Spiel, es gibt die Ämter des Regierungschefs, Staats-, Wirtschafts- und Umweltministers. Dazu kommen noch überstaatliche Funktionen wie der UN-Generalsekretär, Weltbank und -presse sowie nicht staatliche Organisationen wie beispielsweise Amnesty International und Umweltschutzorganisationen.

Das sagen die Schüler

Philipp Ammon (17): „Ich nehme teil, um die internationale Politik besser zu verstehen und dadurch vielleicht auch selber ein wenig die Geschicke der Welt zu beeinflussen. Nach dem Abi will ich Staatswissenschaft studieren. Ich bringe zwar schon Vorkenntnisse mit, weil alle die hier teilnehmen, im sozialwissenschaftlichen Zweig sind und sich intensiv mit Politik beschäftigen. Aber es ist interessant zu sehen, wie Prozesse miteinander funktionieren. Warum in der Politik Entscheidungen so getroffen werden. Und dann eben auch Verständnis dafür zu entwickeln. Ich persönlich sehe bei meinen Freunden keine Politikverdrossenheit.“

Julian Fischer (18): „Ich bin hier, weil man dadurch allgemein besser nachvollziehen kann, warum in der Realität politische Schritte so gemacht werden, wie sie gemacht werden. Etwa warum die UN im Syrienkonflikt nicht einschreitet. Hier spiele ich den UN-Generalsekretär, da muss ich mich auch mit beschäftigen. Ich will zwar später Ingenieurwesen studieren, aber finde es wichtig, dass man sich grundsätzlich mit Politik auseinander setzt. Dass man einen Plan von der Politik hat. In unserem Zweig unterhält man sich darüber, aber im privaten Bereich ist das bei meinen Freunden kaum ein Thema.“

Carolina Kotrin (17): „Was wir hier machen, passt gut zu dem, was wir im Vorfeld in der Schule durchgenommen haben. Die ganzen Fachbegriffe sind schon bekannt. Man bekommt in der Öffentlichkeit immer das mit, was klappt oder nicht. Aber die Hintergründe, warum sich Politiker so verhalten wie sie es tun oder auch müssen, weiß man nicht. Man kann hier Konzepte aufstellen und Lösungen für politische Probleme finden und diskutieren. Ich möchte zwar nichts mit Politik, sondern soziale Arbeit studieren. Etwa im Bereich der Drogenhilfe, der Arbeit mit Behinderten oder Integration. Da ist Politik wieder ein ganz großes Thema.“ ⋌mü

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