25 Jahre Wiedervereinigung: Bratwurst ist Kult in Ost und West Einheit: Ost oder West isst (Brat-) Wurst

Von Norbert Heimbeck
Die Thüringer Bratwurst kommt meist als Solist daher, die Bayreuther Würstchen schmecken als Duo.Foto: Andreas Harbach Foto: red

Liebe geht durch den Magen - das gilt auch für Ossis und Wessis: An den Bayreuther Bratwurstbuden liegen Thüringer sanft brutzelnd und köstlich duftend neben fränkischen Würsten. Ein Blick auf das Kult-Nahrungsmittel Bratwurst 25 Jahre nach der Wiedervereinigung.

 
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Die Bratwurst hat ihren ganz eigenen Beitrag zur Völkerverständigung rund um den Globus geleistet: In Amerika, in Nordafrika, in Japan und in China ist sie längst zum heiß begehrten Fast Food geworden. Im Gegensatz zu anderen Schnellimbissen ist ihre Verpackung, das Laabla, rückstandsfrei und komplett verzehrbar. Lediglich mit dem Senf muss man aufpassen, dass der sich nicht auf Hemd oder Hose verewigt.

Nürnberger, Coburger und Thüringer Bratwürste sind begehrte Exportartikel in alle Welt; die kurzen Mittelfranken und die dicken Ostdeutschen sind sogar als regionale Herkunftsbezeichnung besonders geschützt und dürfen nicht von jedem x-beliebigen Produzenten nachgemacht werden. Bei allen Gemeinsamkeiten, ist doch gewiss: "Die" Bratwurst gibt es nicht. Regional werden die Unterschiede gepflegt, der Lokalpatriotismus siegt oft über die kulinarische Intelligenz. Die wahre Wurst sei nur die gewolfte, sagen die einen. Halb gewolft und halb Brät sei besonders schmackhaft, sagen die anderen. Majoran und Piment gehören hinein, heißt es in Mittelfranken. Kümmel und Pfeffer sind ein Muss für die Thüringer Bratlinge. Auf Kiefernzapfen müssen sie gebraten werden, postulieren die Coburger.

Klaus Lindner ist Metzger, wurde 2012 beim Bratwurstgipfel in Pegnitz gar zum fränkischen Bratwurstkönig gekürt. Er sagt: "Ein grundlegender Unterschied zwischen Thüringer und fränkischer Bratwurst ist die Herstellung. Es gibt im Osten nur noch ganz wenige Manufakturen, die meisten Würste kommen von Großproduzenten." Der zweite Unterschied liege in der Würze. Thüringer werden mit Kümmel und Pfeffer aromatisiert; im Fränkischen seien Macis und Nelken zur Abrundung der Würzung sowie ein wenig Zitrone, "die das geschmacklich belebt", häufig zu finden. Innerhalb Oberfrankens allerdings gibt es keine einheitliche Bratwurst: In Bayreuth zum Beispiel dominiert die feine den Grillrost, in Pegnitz ist die grobe beliebt.

Während in die fränkische Bratwurst nur Schweinefleisch gehört, hat Klaus Lindner ein Thüringer Rezept, in dem auch Rindfleisch verwendet wird, ein weiteres, in dem Milch und Brötchen in den Wurstteig kommen. "Die Bratwurst war früher eine typische Hausschlachter-Wurst. Viele Gastwirte haben selbst geschlachtet und ihre eigenen Rezepte entwickelt. Deshalb schmeckte die Wurst in jedem Dorf anders."

Die außerordentliche Wurstvielfalt in Oberfranken ist übrigens laut Lindner neueren Datums: "Wir waren gar keine ausgeprägte Wurstregion. Erst mit den Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zahlreiche neue und interessante Würste nach Oberfranken. Die Thüringer Rotwurst zum Beispiel ist längst in Franken heimisch geworden."

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