Einfach nur den Ärmsten helfen

Von
Die Pegnitzer Aktionsgruppe der Welthungerhilfe unterstützt die mittägliche Schulspeisung an inzwischen 100 Grundschulen in Burundi. Dass die das hier gesammelte Geld dort auch ankommt, das dokumentiert die Organisation akribisch – das weiß HIP-Vorsitzender Gerald Wittke auch aus Kontakten mit dem Länderbeauftragten der Welthungerhilfe in Bonn. Foto: Haeberle/Welthungerhilfe Foto: red

Zwei Aufgaben haben sich Gerald Wittke und seine Mitstreiter auf die Fahnen geschrieben. Spenden sammeln ist das eine. Geld für Kinder, die zu den Ärmsten gehören. Das Bewusstsein der Menschen für deren Schicksal hier bei uns zu schärfen oder gar zu verändern das andere. Wittke ist Vorsitzender der Aktionsgruppe Hungerhilfe in Pegnitz (HIP). Und bastelt ständig an neuen Aktionen. Eine läuft zur Woche der Welthungerhilfe seit Montag.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

2009 gründete der ehemalige Oberstufenbetreuer am Pegnitzer Gymnasium mit zehn Gleichgesinnten die Gruppe. In Bayern gibt es nur noch eine weitere, die „Lohrer Hausfrauen“, sagt er: „Die meisten sind im Norden angesiedelt, einige auch in Baden-Württemberg, wir haben da schon so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal.“ Von Anfang an hat sich HIP, inzwischen gut 50 Mitglieder stark, auf ein Projekt konzentriert: Schulkindern in Burundi, einem der ärmsten Länder der Erde, ein Mittagessen zu ermöglichen.

Es geht um 100.000 Kinder

Das schaffen die Pegnitzer natürlich nicht allein: „Wir sind da ein Rädchen im Getriebe, da muss eine große Organisation wie die Welthungerhilfe dahinter stehen“, so Wittke. Der Erfolg dieses Bemühens kann sich mehr als nur sehen lassen. An 100 Grundschulen erhalten die Kinder in dem afrikanischen Land inzwischen eine warme Mahlzeit - „und wir reden da von circa 1000 Schülern pro Schule“.

Unterricht im Zweischichtbetrieb

Der Unterricht läuft angesichts dieser enormen Zahl im Zweischichtbetrieb. Die einen sind vormittags an der Reihe, die anderen nachmittags. Es geht dabei nicht um das Essen, es geht um viel mehr, sagt Wittke. Denn das Angebot hat erst dazu geführt, dass viele Kinder überhaupt eine Schule besuchen. Wittke: „Auch die Zahl der Schulabbrecher ist dadurch drastisch gesunken.“ Und auch Mädchen sind hier nun viele zu finden. Ihnen verweigerten Eltern früher oft den Schulbesuch, setzten sie lieber zur Feldarbeit ein.

Auch die Eltern müssen mitmachen

Apropos Eltern. „Auch die werden intensiv in das Projekt eingebunden“, betont der HIP-Vorsitzende. Beim Gemüseanbau, beim Holz sammeln, beim Bau von Feuerstellen. Primitive Feuerstellen, weitab vom Standard deutscher Schulküchen. Immerhin: Es existieren nun überall gemauerte Öfen, „ man musste den Menschen dort erst beibringen, dass ein Steinofen die Hitze wesentlich besser hält, als ein offenes Feuer“. Damit allein sei es aber nicht getan, das ist noch mehr. Die Mitarbeiter der Welthungerhilfe erklären den Burundis die Bedeutung von Toilettenanlagen, von Hygiene. Da spielen ganz einfache Dinge eine Rolle, sagt Wittke, „wie das Händewaschen vor und nach dem Essen, auch das lernen die Kinder“.

Das schafft nur eine große Organisation

Um all das stemmen zu können, bedarf es einer mächtigen Organisation. Die Welthungerhilfe sei so eine Organisation. Weil sie eben global aktiv ist, weil bei ihr zahlreiche Experten tätig sind: „Das sind Agraringenieure, das sind professionelle Entwicklungshelfer.“ Und nur solche Fachleute seien in der Lage, ein derartiges Mammutprogramm zu schultern. Sie riskieren dabei nicht selten ihr Leben, sagt Gerald Wittke. Denn Burundi sei nach wie vor ein vom Bürgerkrieg gezeichnetes Land. Wobei sich die Situation noch verschlimmert habe, nachdem sich der Präsident gegen die Vorgaben der Verfassung zum dritten Mal wählen ließ.

Visite ginge nur mit bewaffneter Eskorte

Ganz abgesehen davon, dass regelmäßig Rebellen aus dem benachbarten Kongo in Burundi einfallen und dort ihr Unwesen treiben: „Du kannst dich dort eigentlich nur mit einer bewaffneten Eskorte bewegen, das Außenministerium spricht nicht ohne Grund massive Reisewarnungen aus“, so Wittke. Daher wurden auch Pläne der Pegnitzer Aktionsgruppe, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, ad acta gelegt, „das wäre einfach zu riskant“. Um so mehr müsse man schätzen, welche Gefahren die Mitarbeiter der Welthungerhilfe auf sich nähmen, um das Projekt nachhaltig zu betreuen.

Einsatz unter Lebensgefahr

Diesen Einsatz gelte es in die Köpfe der Menschen zu transportieren. Und damit den Bedarf an Hilfe, die nötig sei, um zumindest in kleinen Schritten Not lindern zu können. Es sei schon eine „Ironie des Schicksals „, dass die Flüchtlingswelle „und jene, die noch vor unseren Grenzen stehen“, jetzt einen Prozess des Nachdenkens ausgelöst hätten, der in die richtige Richtung weise: „Wir müssen den Menschen in ihrem jeweiligen Land helfen.“ Der noch amtierende Entwicklungshilfeminister Gerd Müller sei ein Mann, der so denke.

Und erste Ansätze seien zu beobachten. „Aber die meisten Maßnahmen beschäftigen sich immer noch mit Fragen der Grenzsicherung, das reicht nicht.“ Und wie funktioniert das mit der Bewusstseinsänderung im lokalen Umfeld? Gerald Wittke ist zufrieden. Vor allem junge Menschen erreiche er rasch, so der HIP-Vorsitzende, der regelmäßig Vorträge in Schulen hält, vor allem vor Neunt- und Zehntklässlern. Die seien interessiert, die fragten nach, „die erkennen, dass es zu bequem ist zu sagen, das ist doch so weit weg und das Geld versickert doch eh bei der einheimischen Mafia“. Das sei eben nicht so, es werde von der Welthungerhilfe sehr wohl dokumentiert, wo welcher Betrag hinfließt.

Geld landet nicht bei der Mafia

Sonst würden die Vereinten Nationen das Projekt auch nicht so intensiv über ihr Welternährungsprogramm finanziell unterstützen. Wittkes Fazit: „Wir sind auf dem richtigen Weg, es bewegt sich was, aber wir dürfen nicht nachlassen.“ Auch nicht beim Versuch, größere Unternehmen zu Spenden zu animieren. Seine Vision: Arbeitnehmer großer Firmen verzichten auf die Cent-Beträge ihres Lohns oder ihres Gehalts: „Wenn ich mir überlege, dass das wohl niemandem weh tut und welche Summen da zusammen kämen...“

Aktuelle Aktion hat mit Brot zu tun

Die Pegnitzer Gruppe der Welthungerhilfe hat Jahr für Jahr mehrere große Aktionen laufen: den Jazzfrühschoppen im Wiesweiher, die Weihnachtskartenaktion mit Motiven der Waischenfelder Malerin Eva Thiele – und zur Woche der Welthungerhilfe die Soli-Brot-Aktion. Am Samstag hat Gerald Wittke die Spendenbüchsen in den Pegnitzer Bäckereien verteilt, seit gestern kann man sich dort bis zum Wochenende solidarisch mit den Ärmsten ziehen.

„Wer da beim Brotkauf 50 Cent spendet, tut wirklich ein gutes Werk, ohne dabei tief in den Geldbeutel greifen zu müssen“, sagt Wittke und hofft auf breite Resonanz.

Autor