Nicht alle Auswirkungen einer Gleichstromleitung auf den menschlichen Körper sind geklärt Eine Gefahr für die Gesundheit?

Von Moritz Kircher
Grenzwerte müssen eingehalten werden, sagt die Bundesanstalt für Strahlenschutz. Foto: Tobias Köpplinger Foto: red

An der geplanten Gleichstrompassage Süd-Ost scheiden sich die Geister. Befürworter und Gegner führen sich widersprechende Argumente ins Feld. In zehn Teilen geht der Kurier der Sache auf den Grund. Im neunten Teil der Serie: Geht von der Stromautobahn eine Gefahr für die Gesundheit aus?

 
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Ja oder nein? So einfach ist es wie so oft nicht. Darauf deutet schon ein Schriftstück des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) aus dem vergangenen Jahr hin, das den Stand der wissenschaftlichen Forschung zusammenfasst. Von offenen Fragen ist gleich im Titel die Rede. Fest steht, dass von Stromleitungen ein Magnetfeld ausgeht, das den menschlichen Körper beeinflussen kann. Deshalb empfiehlt das BfS für den Ausbau des Stromnetzes nicht nur, die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten. „Aufgrund der nicht eindeutigen Datenlage“, so die Behörde, sei aus „Vorsorgeüberlegungen heraus ein Minimierungsgebot“ zu beachten. Sprich: Der Grenzwert soll nicht unbedingt ausgereizt sondern möglichst weit unterschritten werden.

Dass ein Magnetfeld – auch das einer Stromleitung – den menschlichen Körper beeinflussen kann, ist nachgewiesen. Deshalb gelten für Stromleitungen gesetzliche Grenzwerte für die Stärke magnetischer Felder. Die Messeinheit dafür heißt Mikrotesla. 100 Mikrotesla ist der derzeit geltende Grenzwert in Deutschland und in den meisten anderen Ländern der Europäischen Union.

„Das Magnetfeld, das direkt auf dem Boden unter einer Gleichstrom-Trasse auftritt, hat eine Stärke von etwa 10 bis 40 Mikrotesla“, sagte Professor Mark Bakran vom Bayreuther Zentrum für Energietechnik Anfang des Jahres in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Damit sei es in etwa so stark, wie das natürliche Magnetfeld der Erde, dem jeder Mensch zu jeder Zeit ausgesetzt ist. Mit zunehmendem Abstand zur Leitung nimmt die Stärke des Magnetfeldes ab. „Wenn man sich nur 100 Meter von einer Stromtrasse wegbewegt, beträgt das Magnetfeld der Stromleitungen bereits nur noch ein Hundertstel des Erdmagnetfeldes und ist damit quasi gar nicht mehr messbar“, so Bakran weiter.

Einen gesetzlichen Mindestabstand von Stromleitungen zu Wohnhäusern gibt es in Bayern zwar nicht. Sicher ist aber, dass keine bestehenden Gebäude von der geplanten Gleichstromleitung überspannt werden. Und die Netzbetreiber haben zugesagt, die Abstände zu Wohnhäusern in einem einmal festgelegten Trassenkorridor so groß wie möglich zu halten.

Das Magnetfeld einer Gleichstromleitung ist aber nicht das einzige, das die Betroffenen umtreibt. Ein weiteres Problem sehen sie in der hohen elektrischen Feldstärke. Dadurch könne sich „eine größere Raumladungswolke geladener Teilchen ausbilden“, heißt es in einem Positionspapier der bayerischen Landtags-Grünen zu den Emissionen von Hochspannungs-Gleichstromleitungen. Bei starkem Wind könne sich diese Ladungswolke über einen relativ großen Bereich erstrecken. Dass eine solche Wolke elektrisch geladener Teilchen negative Auswirkungen auf den Menschen hat, ist allerdings höchst umstritten.

Die Strahlenschutzkommission erwartet sowohl für die Wirkung des Magnetfeldes einer Gleichstromleitung als auch für die Wirkung des elektrischen Feldes „keine gesundheitsrelevanten Wirkungen“ auf den Mensch. Aufgrund der „begrenzten Datenlage“ empfiehlt das wissenschaftliche Beratungsgremium der Bundesregierung allerdings die „Durchführung weiterer Forschungsprojekte“.

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