Ehemaliger SpVgg-Spieler Wolfgang Breuer feiert seinen 70. Geburtstag Eine Altstadt-Ikone namens Bobby

Von Jürgen Schott
Hier kommt Bobby: Vor zehn Jahren beim Auftritt des legendären 79er-Teams im Hans-Walter-Wild-Stadion. Foto: Mularczyk Foto: red

Wer kalauern möchte, könnte sagen: Wohl alle seine Pässe kamen an. Kein Wunder, Wolfgang „Bobby“ Breuer arbeitete einst in der Stadtverwaltung Bayreuth auf dem Einwohner- und Wahlamt, stellte unter anderem Reisepässe aus. Auf dem Fußballplatz freilich war er dazu da, Pässe, also Zuspiele der Teamkollegen, zu verwerten – was ihm in den Jahren 1965 bis 1982 auch glänzend gelang. Seitdem gilt der Torjäger als oberfränkische Fußball-Ikone. Am Samstag feiert die Ikone namens Bobby 70. Geburtstag.

 
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„Im engsten Familienkreis“ wird der Ehrentag begangen, wie Breuer (seit 48 Jahren verheiratet, Vater einer Tochter und eines Sohnes, ein Enkelkind) erzählt. Viel Aufhebens um seine Person hat er nie gemacht, obwohl es viele gute Gründe dafür gibt: den Titel des Rekordtorschützen in der damaligen Regionalliga Süd etwa, das Double mit Wacker Innsbruck und Rang eins in der Torjägerliste in Österreich (vor einem gewissen Lothar Emmerich übrigens), Europacup-Einsätze in Kiew und Sofia, das häufige Klopfen an die Pforten der Bundesliga, überwiegend mit Bayern Hof, einmal aber auch ganz heftig mit der SpVgg Bayreuth.

Womit auch schon seine Stationen genannt sind. Nicht New York, Rio, Tokio, sondern Hof, Innsbruck, Bayreuth. Aber es hätte ja auch München, Köln oder Kaiserslautern sein können. Angebote gab es fast so viele, wie er Torchancen verwertete. Und der Fußballfreund fragt sich, was wohl passiert wäre, wenn . . .

Wenn Breuer etwa dem Werben von Fritz Walter nachgegeben hätte und von der Grünen Au in Hof zu den Roten Teufeln des 1. FC Kaiserslautern gewechselt wäre? „Er hat am Telefon gefragt, ob ich Lust habe zu kommen“, erinnert sich der Jubilar an ein Gespräch mit dem „alten Fritz“, dem Ehrenspielführer der Nationalmannschaft. Das Angebot der Innsbrucker war lukrativer, sagt Breuer heute frei heraus, und die Zweifel, ob er in der Bundesliga bestehen würde, waren nicht klein.

Was wäre gewesen, wenn die SpVgg Bayreuth 1979 aufgestiegen wäre? Hätte er dann mit 35 Jahren seine Bundesliga-Premiere gegeben? „Schwer zu sagen. Der Tatendrang lässt im Alter schon etwas nach. Und ich hatte ja Probleme mit der Achillessehne, musste mich in der Saison danach auch operieren lassen.“ Doch Breuer gelang eine Punktlandung: Genau zum Pokal-Hit gegen Bayern München im Januar 1980 war er wieder fit – und an der 1:0-Sensation gegen Breitner und Rummenigge beteiligt. Typisch Breuer: „Es lief halt alles für uns. Der Schneeboden hat uns in die Karten gespielt; das schwere Geläuf war Gift für die Techniker aus München“, prahlt er nicht etwa mit dem Coup.

Sieben Monate zuvor, fünf Jahre nach Breuers Verpflichtung, hatte die SpVgg vor dem Bundesliga-Aufstieg gestanden. Dass sie ihn direkt nicht schaffte und die Chance mit einem 2:4 daheim gegen den FSV Frankfurt vergeigte, war für den damals 35-Jährigen „die größte Enttäuschung“. Woran es lag? „Wohl an der Einstellung“, mutmaßt Breuer. „Auf keinen Fall daran, dass wir nicht nach oben wollten, wie uns so mancher vorwarf. Wir haben an dem Tag aber doch mehr nach Fürth geschaut als auf unser eigenes Spiel. Folge: Bei Halbzeit stand es 0:4 . . .“ In Fürth verlor zwar Tabellenführer 1860 München auch, doch die Chance, die Löwen mit einem Sieg hinter sich zu lassen, war vertan. Und gegen Bayer Uerdingen fehlte letztlich ein Tor zum Aufstieg.

Was wäre wohl passiert, wenn Wolfgang, der seit frühester Kindheit „Bobby“ gerufen wird und „keine Ahnung“ hat, wer ihm den Spitznamen verpasst hat, beispielsweise mit 21 Jahren nicht nach Hof gewechselt wäre? Die Ortsveränderung ergab sich mehr oder weniger zufällig nach einem Spiel mit der Bundeswehr-Auswahl. Anfrage, Probetraining, Vertrag. Und Tore fast schon im (90-)Minuten-Takt: genau 156 in 221 Ligaspielen. Alles Vergangenheit. Dem Club aus der Altstadt gehört er schon lange nicht mehr an. Nach 29 Jahren in der Stadtverwaltung ist Breuer in Rente gegangen. „Ich habe auch so genug Beschäftigung: Wandern, Garten, Sport. Viel Bewegung, wenn nicht beim Joggen, dann auf dem Heimtrainer“, beschreibt er seinen (Un-)Ruhestand. Bewegung hält fit, das Problem von zu viel Pfunden kennt er nicht.

Stadionbesuche? „Ab und zu schaue ich rüber, nach dem Aufstieg der Altstädter künftig vielleicht wieder häufiger als zuletzt“, sagt der Mann aus dem Stadtteil Birken. „Es gibt doch genug anderes Schönes. Wer so lange Fußball gespielt hat, muss nicht unbedingt auch noch jedes Wochenende zum Zuschauen gehen.“ Die früheren Mitspieler sieht er von Zeit zu Zeit, wie etwa 2009 beim 30. Jahrestag der Uerdingen-Spiele oder im vergangenen Dezember beim 85. Geburtstag von Ex-Trainer Heinz Elzner.

Gedanken, nach dem Fußball auch auf der politischen Bühne zu spielen – wie etwa der kongeniale Partner von einst, Manfred Größler, im Stadtrat – hat er nie gehabt: „Das ist nicht meine Welt.“ Seine Welt war der Fußball, von den Anfängen beim Verein Tuspo Bayreuth über die erstklassige Zeit in der Zweitklassigkeit in Hof, die beiden Vollprofi-Jahre in Österreich bis hin zur Rückkehr in seine Heimatstadt. Bei diesem Schritt spielte der damalige Bayreuther Oberbürgermeister Hans Walter Wild (Breuer: „Im Fußball ein durchaus guter Mittelfeldspieler“) eine große Rolle. Er rief den „verlorenen Sohn“ in Innsbruck an, ob er nicht die Altstädter in der neuen 2. Bundesliga Süd verstärken wolle. Der Oberfranke hatte zwar zuvor seinen Vertrag mit den Tirolern um zwei Jahre verlängert, ließ sich aber nach Hause locken. Heute sieht er es so: „Vielleicht war es unter dem Aspekt, die Karriere zu krönen, ein Fehler, nicht früher Hof verlassen zu haben oder nicht noch länger in Österreich geblieben zu sein.“