Einbruchsopfer: "Es war ein Schock"

Von Susanne Will
 Foto: red

Hans und Inge Wolf* sitzen in ihrem Esszimmer auf der Eckbank. Das Haus in Gefrees ist warm, großzügig, hell. Dennoch fühlt sich Inge Wolf nicht mehr wohl. „Wir haben am 26. Oktober unsere innere Sicherheit verloren“, sagt sie. Das war der Tag, an dem bei ihnen eingebrochen wurde. Und der Tag, an dem mehr gestohlen wurde als Geld, Jacken, Schmuck und ein gebrauchter Deo-Roller.

 
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In den vergangenen zwei Wochen wurde in Gefrees vier Mal eingebrochen (aktuell kam sogar noch einer dazu).  Es ist nicht das erste Mal, dass Einbrecher durch den Ort zogen. „Vor zwei Jahren ist es dem Nachbarn passiert“, erzählt Hans Wolf. Die Wolfs – beide Mitte 50 –  ließen Vorsicht walten und bauten Bewegungsmelder in ihren Garten.

Der verhinderte nicht, dass ein halbes Jahr später der Zeitungszusteller morgens um halb Vier drei Männer im Garten der Wolfs entdeckte, wie sie sich dort versteckten. Die Wolfs verstärkten ihren Einbruchsschutz, ein zusätzlicher Riegel sollte die Nebeneingangstür von der Garage aus stabiler machen.

An die Terrassentür dachten sie nicht. „Ich bin davon ausgegangen, dass die vier Zapfen die Tür stabil machen – oder dass sie beim Einbruch zerstört wird, das kann ich dann ja nicht verhindern“, sagt Hans Wolf.

Einen Monatslohn verloren

Die Wolfs sind bescheidene Menschen. Große Anschaffungen werden lange überlegt, es wird daraufhin gespart. Beide wandern gerne, die Ausrüstung hält Wind und Wetter stand, „die Jacken sind teuer, aber die halten ja ewig.“ Die beiden haben keine Wanderjacken mehr. Und auch das Geld, das sie zu Hause gespart haben, ist weg. „Ich habe einen Monat umsonst gearbeitet, für solche Kasper“, ärgert sich Hans Wolf.

Es war am Mittwoch in aller Herrgotts früh, als sie am Esstisch nicht wussten, dass sie von draußen vermutlich bereits durch die Terrassentür beobachtet wurden. Wie immer ging Inge Wolf nach dem Frühstück in den Garten, um Obstschalen in den Kompost zu werfen. „Da müssen die schon neben mir in den Büschen gekauert haben.“ Der Gedanke daran lässt sie noch immer frösteln. „Es gibt viel Schlimmeres, aber für uns ist das sehr erschreckend.“ Wie gewohnt verlässt sie um kurz nach sechs das Haus, ihr Mann um kurz vor halb sieben.

Als sie den Einbruch entdeckt, ist sie geschockt

Es ist der Tag, an dem der Heizungshandwerker sich ihren Schlüssel bei ihr auf der Arbeit wenig später holt, um die Heizung zu warten. Inge Wolf kehrt gegen 15 Uhr zurück nach Hause. Und wundert sich: Im Erdgeschoss stehen alle Türen offen. Das, denkt sie, sieht dem Mechaniker nicht ähnlich. Oben bemerkt sie die verschobene Gardine; die Schubladen, die nicht richtig geschlossen sind; die Terrassentür, die nur angelehnt ist. Inge Wolfs Hirn will das Gesehene noch nicht in die richtige Reihenfolge bringen, die nur einen Schluss zulassen: Hier wurde eingebrochen. „Ich bin erst noch an die Schublade mit dem Geld, sie war leer. Und statt gleich die Polizei zu rufen, habe ich Hans angerufen – ob er sich vielleicht morgens schnell Geld mitnehmen musste. Das musste er nicht. Und damit war es mir klar.“

Dass sie nicht sofort das Haus verlassen hat, nach den ersten Anzeichen, will ihr heute noch nicht in den Kopf. „Das war der Schock“, sagt sie. Die Polizei kommt, „sehr aufmerksame Beamte“, es gibt keine Fingerabdrücke im Haus, keine Schuhabdrücke im Garten. „Die Polizisten glauben, dass die Täter uns beobachtet haben, bis wir das Haus verlassen haben“, sagt das Paar. Und sie vermuten, dass der Heizungsmonteur die Diebe gestört hat.

Die gestohlenen Dinge hatten auch persönlichen Wert

Die Wolfs machten eine Inspektion. Der Laptop war noch da, die Spiegelreflexkamera auch. Dafür fehlte viel anderes.  Neben dem Bargeld die Wanderjacken, drei Paar Schuhe von ihr, der Wäschekorb, mit dem sie die Beute wohl abtransportierten, Wanderhosen, Hautcremes, ein angebrochener Deo-Roller, zwei Packungen Nudeln, zwei Uhren. „Um die Uhr tut es mir am meisten leid“, sagt Hans Wolf. Mit 350 Euro kein wertvolles Stück, „aber es war meine Uhr, die mir immer gut gefallen hat“. Dass auch ihr Schmuck fehlt, geht ihr ans Herz, weil es Herzensangelegenheiten waren, die sie da über die Jahrzehnte gesammelt hatte – einschließlich Kettchen, die sie als 16-Jährige trug.

Dass die Täter sogar in der Unterwäsche gewühlt haben, bemerkt das Paar erst später. „Ich habe alles durchgewaschen. Ich konnte es nicht ertragen, dass jemand Fremdes unsere Intimsphäre berührt hat“, sagt Inge Wolf.

Hans Wolf hat einen anstrengenden Job, er hat eine depressive Phase hinter sich, er hat die Medikamente absetzen können, seit er gegen seine Seelentiefs joggt. Als er die ersten Nächte nicht mehr durchschlafen konnte, als das Herzrasen kam, „da habe ich Angst gehabt, dass ich wieder in die Depression rutsche“. Mit dem Abstand von zwei Wochen kann er sagen: Nein, er hat es gut im Griff.

Mit Pfefferspray eingedeckt

Dabei hilft den beiden, dass sie nun mit von innen verschlossener Schlaftür schlafen, dass jede Tür im Haus verschlossen ist, dass überall Pfefferspray herumsteht und dass das Rollo der Terrassentür seit jenem Tag unten bleibt.

Der Einbruch habe sie verändert, sagen die beiden. „Wir schlafen nicht mehr durch, achten auf jedes Geräusch“, sagt er. Und: „Wir sind stiller geworden, jeder für sich in sich gekehrt.“ Inge Wolf: „Früher habe ich mich innerlich immer über etwas freuen können. Jetzt funktionieren wir.“  Doch mit jedem Tag, der verging, werde die Angst, dass es wieder passieren kann, kleiner, sagt Hans Wolf. „Dafür wächst die Wut.“

Die Hilfsbereitschaft von Freunden oder Arbeitskollegen hat beide „unglaublich gefreut“. Hans Wolf: „Braucht ihr Geld?, wurden wir gefragt – jeder wollte uns etwas geben.“

Der Einbruch hat auch ihr Denken verändert

Was sich noch verändert hat: „Wir waren keine misstrauischen Menschen. Vielleicht vorsichtig, aber nicht misstrauisch. Das hat sich geändert und das wollen wir eigentlich nicht.“ Die Vorgehensweise erinnert an Banden, oft aus Osteuropa, die raffen, was sie kriegen können und sich dann aus dem Staub machen. Inge Wolf: „Ich habe jetzt ein schlechtes Gewissen, wenn ich Ausländer sehe. Weil ich sofort daran denken muss: Könnten die das gewesen sein? Das möchte ich nicht. Ich möchte nicht so denken.“

Fünf Tage später wurde in Gefrees in drei weitere Häuser eingebrochen. „Damit konnten wir endlich eine Hauptfrage abhaken, die wir uns ständig gestellt haben: Warum bei uns? Wir haben gesehen, dass es jeden treffen kann.“ Die Gespräche mit den anderen Einbruchsopfern beschreiben die beiden als fast wohltuend. „Denn wir brauchten keine großen Worte, um zu erklären, wie groß der Einbruch in unsere Privatsphäre gewesen ist, egal, was sie gestohlen haben“, sagt Hans Wolf.

Er ärgert sich jetzt: „Ich bastle gerne. Und wenn ich mir jetzt das ein oder andere teure Werkzeug anschaue, denke ich mir: Wenn du dafür eine Überwachungskamera gekauft  hättest, wären sie vielleicht gar nicht eingebrochen.“ Die Kameras werden die nächste Investition der Wolfs sein. „Ich kann nur an alle appellieren: Macht eure Häuser sicher. Denn wenn es soweit ist, ist der Schaden viel größer, als die Investition in die Sicherheit.“

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