Ein Mann beißt sich durch

Von Roland Töpfer
Martin Schultz ist seit März 2017 kaufmännischer Werkleiter bei Bosch in Bamberg, mit 7700 Beschäftigten der größte Industriebetrieb in Oberfranken. Foto: Roland Töpfer Foto: red

Der Bamberger Bosch-Chef Martin Schultz hat sich in Oberfranken gut eingelebt. Berufliche Herausforderungen gibt es viele. Doch er hat gelernt, sich durchzubeißen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In einem kleinen Dorf im Harz ist er aufgewachsen, viel im Wald gewesen. Das Laufen war seine Leidenschaft. 100 Kilometer in der Woche. Für die LG Seesen ging er an den Start, schaffte den Halbmarathon in einer Stunde und zwölf Minuten. Durchhalten, Durchbeißen.

Martin Schultz, der Dauerläufer aus dem Harz, ist heute Bosch-Chef in Bamberg, verantwortlich für den kaufmännischen Bereich. Das Werk mit seinen 7700 Beschäftigten hängt fast zur Hälfte am Diesel. Was bedeutet die Diesel-Krise für Bosch in Bamberg? Gibt es Einschnitte?

Fahren auf Sicht

Im Moment noch nicht, sagt Schultz im Gespräch mit unserer Zeitung. Trotz Rückgängen bei den Diesel-Verkäufen gebe es eine „gute Beschäftigung“. In Bamberg produziert Bosch Einspritzventile für Diesel und Benziner, Komponenten für die Abgasnachbehandlung, Düsen, Druckregelventile, Zündkerzen.

Bamberg ist Leitwerk für 21 Werke weltweit. „Wir haben keine konkrete Abbauplanung“, sagt Schultz, will aber nicht ausschließen, dass, sollte die Diesel-Flaute anhalten, Bamberg „vor Beschäftigungsherausforderungen stehen wird“. Der Bosch-Chef: „Wir fahren auf Sicht.“

Geboren ist Schultz in Osterode am Harz, in Münster studiert er BWL, ist schließlich promovierter Wirtschaftsinformatiker. Es hätte eine akademische Karriere werden können: Von 1998 bis 2003 ist Schultz geschäftsführender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsinformatik der Uni Münster.

Bei den Menschen sein

Dann entdeckt er eine Zeitungsanzeige von Bosch, bewirbt sich und kommt 2004 als Controller nach Bamberg. Nach drei Jahren wechselt er zu Bosch nach Eisenach, ist später noch in South Carolina und Gerlingen, bevor er im März 2017 Chef in Bamberg wird.

Der 45-Jährige, der mit seiner Familie (zwei Kinder, die Frau ist Rechtsanwältin), in Bamberg wohnt ist die meiste Zeit am Standort. Management per E-Mailing ist nicht sein Ding. Er will präsent sein, bei den Menschen sein.

Noch heute sagt er über sein BWL-Studium: „Das war das richtige Fach, so vielseitig, da war alles drin, was mich interessiert hat.“ Zahlen, Fakten, der Sport – die Welt des Martin Schultz ist oft konkret messbar. Kunst und Kultur in der Freizeit? Ja, auch, aber: „Eher Sport.“

300 Azubis hat Bosch in Bamberg. Und „das soll auch so bleiben“, sagt er. Industriemechaniker, Mechatroniker, Fachkräfte für Lagerlogistik, Industrie-, Informatik- und Bürokaufleute – fast für jeden ist etwas dabei. Auch Duales Studium wird angeboten.

Herausforderung Elektromobilität

Die Diesel-Krise treibt Schultz um, doch die noch größere Herausforderung ist langfristig die Elektromobilität. Bamberg ist ein Verbrenner-Werk. Zukunft bedroht? Nein, sagt Schultz und gibt sich überzeugt, dass an der technischen Kompetenz des Standortes auch in Zukunft kein Weg vorbeigehe.

Es gehe nun darum, die Zweigleisigkeit des Konzerns (Verbrenner und E-Autos) auch nach Bamberg zu holen. Das E-Auto kommt nicht über Nacht. Bosch geht davon aus, dass im Jahr 2025 von weltweit 105 Millionen produzierten Neufahrzeugen 20 Millionen Hybrid- und Elektroautos sein werden.

Bamberg braucht neue Geschäftsfelder, lebt aber zunächst noch ziemlich lange vom Verbrenner. Batteriepacks für E-Autos könnten ein Schritt in die Zukunft sein. Werksinterne Start-ups sollen mithelfen, die richtigen Wege zu finden.

Bestens eingelebt

Die Transformation des Bamberger Werks wird sich über viele Jahre hinziehen. Langfristig orientiert ist auch Schultz. „Ich möchte hier länger bleiben.“ Natürlich, schränkt er ein, hänge das immer davon ab, ob man Erfolge erzielt.

In Oberfranken hat sich die Familie bestens eingelebt. Die Menschen sind sehr offen, sagt Schultz, obwohl ja oft das Gegenteil behauptet würde. „Man kommt sehr schnell an in der Region.“ Den Kollegen im Konzern sage er immer wieder, „dass man hier toll leben kann.“

Das ambitionierte Laufen hat der 45-Jährige mittlerweile aufgegeben. Heute macht er lieber Fitnesstraining oder steigt aufs Mountainbike. Aber ohne Elektroantrieb. Auch wenn er von Bosch wäre.