Ehrenamt: Wer haftet im Ernstfall?

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Das Kulmbacher Freibad verlängert die Saison nochmals um eine Woche. Foto: Archiv/Ralf Münch Foto: red

„Der Fall Himmelkron hat dem Ehrenamt sehr geschadet“, sagt Bürgermeisterin Simone Kirschner (CSU) aus Heinersreuth. Und meint damit das Vanessa-Urteil, den Badetod des jungen Mädchens im Freibad.

 
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Es sei kaum mehr möglich, ehrenamtliche Betreuer für das Ferienprogramm zu finden, klagt Norbert Eichler (SPD) in der Heinersreuther Gemeinderatssitzung. Seine Bitte an den „juristisch versierten“ Verwaltungsleiter: Er möge sich Gedanken machen über eine Formulierung, um für ehrenamtlich Tätige in solchen Fällen einen Haftungsausschluss sicherzustellen.

Betreuerin verwarnt

Das Urteil des Amtsgerichts Kulmbach wird viel diskutiert. Denn eine ehrenamtliche Betreuerin war der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden worden. Sie kam zwar mit einer Verwarnung und einer Geldstrafe auf Bewährung davon, hätte sich aber über die Schwimmfähigkeiten des nach dem Badeausflug gestorbenen Mädchens laut Richterin besser informieren müssen. Denn die Betreuerin hatte vor dem Schwimmbadbesuch nicht direkt mit den Eltern gesprochen und später nur den Aussagen des Kindes, es könne schwimmen, Glauben geschenkt.

Ehrenamtliche unterstützen

Der Fall Vanessa sei auch Thema in der Bürgermeisterdienstversammlung im Landratsamt Bayreuth gewesen, berichtet Kirschner. Die Ausbildung, die den Betreuern abverlangt werde, sei immer umfassender. Bei Kanufahrern oder Kletterern werde eine bis zu siebenjährige Schulung verlangt. Rainer Nürnberger, Geschäftsführer des Kreisjugendrings (KJR) im Landratsamt appellierte an die hauptamtlich Tätigen, die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Das Urteil sei sehr kontraproduktiv für die Arbeit mit Jugendlichen.

Ehrenamtskarte abgegeben

Die Gemeinde Himmelkron liegt im Landkreis Kulmbach. Im Landratsamt dort macht man sich ebenfalls Gedanken, wie sich Ehrenamtliche nach dem Urteil künftig noch für eine Nebentätigkeit gewinnen lassen. „Wir hatten schon konkrete Reaktionen von ehrenamtlich Tätigen“, sagt Landrat Klaus Peter Söllner. Ein Besitzer einer Ehrenamtskarte habe seine bereits zurückgegeben. „Unsere Gerichte sind unabhängig und das muss in einem Rechtsstaat auch so sein. Daher will ich hier keine Schelte betreiben“, sagt Söllner. „Ich habe aber die Sorge, dass die Bereitschaft zum Ehrenamt nachlassen wird.“

Fülle an Rechtsvorschriften

Die Folgen des Gerichtsurteils will der Kulmbacher Landrat auch beim heutigen Ehrenamtsempfang des Landkreises. Die ehrenamtlich Tätigen hätten bereits jetzt eine Menge rechtlicher Vorschriften zu beachten. Daher biete das Landratsamt dazu immer wieder Schulungen an. Auch zu dem Schwimmbad-Urteil werde demnächst eine Veranstaltung angeboten.

Die Kulmbacher Ehrenamtsbeauftragte Heike Söllner spürt seit dem Urteil eine deutliche Verunsicherung. „Mein Telefon und auch das des Kreisjugendpflegers Jürgen Ziegler stehen nicht mehr still.“ Die Landkreisbehörde werde auf alle Fälle reagieren, um die haftungsrechtlichen Fragen der Vereine zu beantworten. Demnächst soll es eine Empfehlung des Bayerischen Jugendrings für Ehrenamtliche geben. „Wir wollen versuchen, den Ängsten und Sorgen mit Informationen entgegenzuwirken.“

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