Hat der Vorsitzende Matthias Wendel Nachwuchscoach Volker Hartmann über den Kopf des Sportlichen Leiters hinweg als Co-Trainer eingestellt oder nicht? Ist in den Verhandlungen das Wort Co-Trainer gefallen oder hat Hartmann Wendels Zusagen, die in schriftlicher Form existieren sollen, falsch interpretiert? Was wirklich vorgefallen ist, wissen nur die Beteiligten. Klar ist: Um die Situation zu retten, verstrickten sie sich in Widersprüche – und kamen mächtig ins Rudern. Der Autor einer TV-Seifenoper hätte kein besseres Drehbuch schreiben können. Und dieses hätte wohl die Struktur gehabt, die dem EHC fehlt.

Wo ist der Pressesprecher, der Meldungen mit allen Beteiligten abstimmt? Wo ist die Geschäftsstellenleitung, die eine regelmäßige Erreichbarkeit des Vereins gewährleistet? Wo ist der Jugendkoordinator, der die Nachwuchsarbeit nach vorne bringt? Wendel ist auf der Suche nach geeigneten Kandidaten – und der Verein muss diese Posten möglichst schnell besetzen. Der EHC Bayreuth gerät mit seiner ehrenamtlichen Struktur an seine Grenzen. Ein Verein mit einer Zweitliga-Profimannschaft braucht hauptamtliche Mitarbeiter.

Aktuell hat nur ein Mann im Verein das Sagen: Matthias Wendel

Angestellte, denen Entscheidungskompetenz zugestanden wird. Aktuell hat nur ein Mann im Verein das Sagen: Matthias Wendel. Seine Meinung ist Gesetz. Er hat sich diese Macht durch die finanzielle Sanierung des EHC verdient. Er hat im Verein aufgeräumt, ungeliebte Mitarbeiter aussortiert. Doch nun muss Wendel zeigen, wie er den Verein für die Zukunft aufstellen will. Alleine wird er den EHC nicht leiten können, dafür ist das Tagesgeschäft zu arbeitsintensiv. Wendel muss Mitarbeiter finden, denen er vertraut. Mitarbeiter, die ohne Rücksprache mit ihm Entscheidungen treffen dürfen.

Wendel muss Macht abgeben, sonst kann es in den nächsten Monaten immer wieder zum Knall kommen, wie gerade beim Streit um den Co-Trainerposten. Hier prallte Wendel auf das zweite große Alpha-Tier im Verein: Dietmar Habnitt. Der Sportliche Leiter hat eine herausragende Stellung bei den Tigers. Er ist Architekt der aktuellen Erfolgsmannschaft. Seine Meinung hat bei Spielern und Fans großes Gewicht – und Habnitt ist ein Mann der klaren Worte, er lässt sich in seinen Zuständigkeitsbereich nicht hineinreden. Deshalb steckte er nun öffentlich gegenüber dem Vorsitzenden klare Grenzen ab. Er ist einer der wenigen im Verein, die es auf diese Machtprobe ankommen lassen können. Wendel braucht Habnitts sportliche Kompetenz, Habnitt braucht Wendels finanzielle Unterstützung.

Der Leittragende: Volker Hartmann?

Leidtragender in der aktuellen Diskussion könnte Hartmann sein. Es scheint sehr fraglich, ob sein Wunsch in Erfüllung geht und er als Assistenzcoach beim EHC in das Profigeschäft hineinschnuppern kann. Aber diese Frage sollte bei den Tigers aktuell nicht die oberste Priorität haben. Professionalisierung und Strukturen sind die Baustellen, an denen dringend gearbeitet werden muss.

torsten.ernstberger@nordbayerischer-kurier.de

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