Riesige Textsammlung
Bei Duden weiß man, dass neu aufgenommene Wörter stets als Gesprächs-, ja Debattenthema taugen. Zwar habe ein rund 15-köpfiges Kernteam die neue Ausgabe erarbeitet, sagt Kunkel-Razum. «Im Prinzip reden aber 80 Millionen Menschen mit.» Die Neuauflage dürfte auch einen Werbeeffekt für die anderen Produkte mit dem Schriftzug «Duden» auf dem Titel haben, von Sprachratgebern bis Lernmaterialien.
Die Entscheidungen zur Neuaufnahme von Wörtern basieren auf einer riesigen elektronischen Textsammlung. Eingespeist werden Zeitungsartikel, aber zum Beispiel auch Gebrauchsanweisungen und Romane. Für Neuauflagen filtern Computerlinguisten neue Begriffe seit der vorigen Ausgabe heraus. Übrig bleiben ellenlange Listen, aus denen Redakteure Aufnahmekandidaten auswählen. «Das ist wirklich ein Spiegel der Zeit», sagt Kunkel-Razum über diese Arbeit.
Rechtschreibtücken
Für die Aufnahme seien mehrere Kriterien entscheidend: Wörter müssen häufig und in unterschiedlichen Textsorten vorkommen. Enthaltene Rechtschreibtücken sind auch ein Faktor. Daneben geht es um die Dokumentation gesellschaftlicher Entwicklungen und Service: Manche Nutzer glaubten, dass es ein Wort nicht gibt, wenn es nicht im Duden steht, sagt Kunkel-Razum. Entsprechend viele Neuaufnahmen sind zusammengesetzte Substantive, wie Flüchtlingskrise und Mütterrente.
Dann sind da noch Einträge wie Work-Life-Balance und Phablet (gebildet aus Phone und Tablet), ein Handy mit großem Display. Droht da erneut eine Debatte über Anglizismen im Deutschen? Der Verein Deutsche Sprache etwa verlieh Duden nach der 2013er Ausgabe den Negativ-Titel «Sprachpanscher des Jahres» mit der Begründung, es seien «lächerliche Angeber-Anglizismen» aufgenommen worden. Warum sage man nicht einfach Klapprechner statt Laptop, fragte der Verein.
Stabiles System
Darauf angesprochen, hält Kunkel-Razum einen Moment inne: «Da kann man sich drüber ärgern und sagen, die Leute verstehen nicht so viel von Sprachentwicklung, sonst wären sie nicht auf die Idee gekommen.»Schließlich winkt sie ab: «Vergessen - das ist wirklich nicht wesentlich gewesen.» Sie sorge sich nicht um das Deutsche, das System sei anpassungsfähig und stabil.
Der Einfluss aus dem Englischen gerade bei technischen Entwicklungen sei nun einmal Fakt. Letztlich hänge alles vom Gebrauch ab: «Es kommt natürlich nicht gut, wenn jemand permanent Fremdwörter benutzt, wenn es nicht nötig ist.»
Nachfrage im Online-Zeitalter
Apopros Technik: Wie gefragt ist das Nachschlagewerk zum Anfassen und zum Preis von nun 26 Euro im Online-Zeitalter noch? Wie sich die Verkäufe entwickeln, will Kunkel-Razum nicht sagen. Man sei «nach wie vor sehr, sehr zufrieden». Aber natürlich schaffe sich Duden mit dem eigenen Online-Angebot Konkurrenz. In Büros und Schulen etwa gehöre der gedruckte Duden aber nach wie vor zur Ausstattung.
In der Broschüre für Buchhändler und Journalisten mit kommendenTiteln ist dann doch eine Zahl verzeichnet, die auf Millionenumsätze schließen lässt: 850.000 Exemplare des Duden von 2013 seien über die Ladentische gegangen - ein Signal an Händler: Achtung, Bestseller!