Dreister Dieb zeigt Ladendetektiv an

Von Manfred Scherer
Der Angeklagte wurde durch ein Überwachungsvideo überführt. Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Eine achtmonatige Bewährungsstrafe hat das Bayreuther Schöffengericht gegen einen Ladendieb verhängt. Der Mann aus Weißrussland kommt knapp um einen Vorwurf des Raubes herum. Im Prozess spielt er das Unschuldslamm, doch die Umstände des Falls deuten auf etwas ganz anderes hin.

 
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Der Ladendetektiv Stefan B. ist ein Profi. Im Mediamarkt hat er schon einige Langfinger gestellt. Doch der Mann, den er am 16. Februar beobachtet, erscheint ihm besonders ausgefuchst.

Stefan B. wollte gerade Dienstschluss machen, als er sah, wie der Mann eine Fitnessuhr im Wert von etwa 150 Euro in seinen Rucksack steckte, dann noch eine Runde durch den Markt drehte und dann an den Kassen vorbei in Richtung Ausgang ging.

Der Ladendetektiv machte sich daran, den Mann aufzuhalten. „Er hat mich vorher schon gesehen und wiedererkannt. Denn er ist auf dem Absatz umgedreht.“

Messer in der Jacke, verdächtige Funde im Auto

Der Detektiv bugsierte den 42-Jährigen Richtung Büro, der wehrte sich, sein Jackenärmel riss ab. Polizisten fanden in der Jacke des Mannes ein Einhandmesser.

Und im Auto des Weißrussen bot sich ein verdächtiges Bild: Leere Benzinkanister, ein Schlauch – geeignet zum Spritabzapfen – und originalverpackte Sägeblätter.

Der Weißrusse kam in Untersuchungshaft. Dort erfuhr er, dass der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Torsten Meyer, die Anklage der Staatsanwaltschaft nur eingeschränkt zur Hauptverhandlung zugelassen hatte: Ein räuberischer Diebstahl sei nicht nachweisbar.

Der Angeklagte hatte Glück, weil er auf dem Absatz kehrt gemacht hatte: So konnte ihm nicht unterstellt werden, er habe seine körperliche Gegenwehr dazu eingesetzt, zu flüchten und seine Beute zu sichern.

Angeklagter wird durch ein Video überführt

Im Prozess erzählte der Mann, er habe die Fitnessuhr bezahlen wollen und habe den Kassenbereich übersehen. Als er gemerkt habe, wie weit er schon im Ausgangsbereich war, habe er umgedreht. Und da sei der Detektiv gleich auf ihn los und handgreiflich geworden. Aus der Untersuchungshaft hatte der Mann den Detektiv sogar angezeigt – die Staatsanwaltschaft aber stellte diesen Vorwurf ein.

Somit ergab sich eine Situation, die im Normalfall mit „Aussage gegen Aussage“ zu beschreiben wäre, wenn da nicht die Erfahrung des Mediamarktes mit Ladendieben wäre: In dem Markt gibt es Videoüberwachung und die auf Video gespeicherte Szene im Eingangsbereich wurde im Gerichtssaal vorgeführt: Zu sehen ist genau das, was der Detektiv schilderte, vor allem, dass der Angeklagte erst dann kehrt macht, als er den Mann hinter sich sieht.

In der Folge machte der Angeklagte sich noch ein Stück unglaubwürdiger: Er legte einen Bittbrief seiner Ehefrau vor, die das Gericht anfleht, ihr den „Vater und Ernährer meiner Kinder“ zu lassen – man habe nur 200 Euro im Monat zum Leben.

Darauf hin fragte der Gerichtsvorsitzende Meyer den Angeklagten: „Und da wollen sie mir wirklich erzählen, dass sie die Uhr im Wert von 150 Euro kaufen wollten?“

Staatsanwalt will Haftstrafe

Staatsanwalt Roland Köhler maß dem Umstand, dass der Angeklagte den Ladendetektiv angezeigt hatte, besonderes Gewicht bei und beantragte für den Diebstahl mit Waffen 15 Monate ohne Bewährung. Verteidiger Hilmar Lampert hielt seinen Mandanten ebenfalls überführt, weil das Überwachungsvideo eindeutig sei. Lampert beantragt Bewährung, weil der Angeklagte nicht vorbestraft ist.

Das sah auch das Gericht so und hob den Haftbefehl auf. Den unbewiesenen Verdacht, dass der Angeklagte auch anderswo gestohlen haben könnte, könne und dürfe man nicht berücksichtigen.

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