Drei Jahre Haft für Intensivtäter

Von Manfred Scherer
Drei Jahre Haft hat das Schöffengericht gegen einen Intensivtäter verhängt. Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Ein Mann aus Syrien kommt nach Bayreuth und begeht Straftaten in Serie. Das Schöffengericht arbeitet zehn Anklagen ab und verhängt drei Jahre Haft.

 
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Zusammengerechnet beinhalteten diese zehn Anklagen 45 Straftaten, begangen zwischen Oktober 2016 und März 2018. Man könnte nun sagen: Ein solcher Intensivtäter gehört nicht zu Deutschland. Doch der Mann ist im Jahr 2016 aus einem Kriegsgebiet geflüchtet – und wenn man glaubt, was er vorträgt, könnte man sagen: Er ist ein traumatisierter Mensch. Er sagt nämlich, dass seine Frau und sein Kind, die er zurückgelassen hatte, um sie nach zu holen, im Krieg ums Leben gekommen seien. Nachzuprüfen ist das freilich nicht.

Doch, wenn man ihm glaubt, dann stellt sich die Geschichte des Mannes als die eines Menschen dar, der in der Fremde nicht zurecht kommt. Der Drogen nimmt – Crystal Speed, Haschisch, Heroin. Möglicherweise oder wahrscheinlich, um zu vergessen. Als Geschichte eines Mannes, der kein Geld hat und Ladendiebstähle begeht, um sich mal was Süßes zu gönnen.

Als die Geschichte eines Mannes, der auf der Straße nicht abgesperrt Fahrräder nutzt, um Fahrten in der Stadt zu machen, als kleine Fluchten aus dem Alltag. Als Geschichte eines Mannes, der, wenn er nicht über Drogen verfügt, viel Alkohol trinkt. Der diesen Alkohol klaut – die Einzelstrafe für vier beim Real-Markt in der Carl-von-Linde-Straße gestohlene Flaschen Jack Daniel's wird am Ende des Prozesses sechs Monate sein.

Bislang erging kein Haftbefehl

Man könnte die Geschichte aber auch anders erzählen. Als die eines Täters, dem nicht rechtzeitig Einhalt geboten wurde, dessen Delikte nicht gewichtig genug waren, dass mal Haftbefehl erlassen wurde. Als Geschichte eines Mannes, der dann vielleicht glaubte, er könne mit Straftaten seinen Lebensunterhalt aufbessern.

Dafür spricht die am schwersten wiegende Anklage: Ende des Jahres 2016 soll er von einem – mittlerweile rechtskräftig verurteilten Landsmann – 500 Gramm Haschisch gekauft haben. Und das Rauschgift natürlich nicht gänzlich konsumiert, sondern auch weiterverkauft haben. 500 Gramm, das liegt weit über der sogenannten nicht geringen Menge von 7,5 Gramm des Cannabiswirkstoffs, ab der ein solches Delikt zum Verbrechenstatbestand mit einer einjährigen Mindeststrafe wird.

Er bestreitet den großen Rauschgiftdeal

Das dürfte der Angeklagte gewusst haben, er bestritt den Kauf und erklärte, er habe lediglich in drei Fällen bei dem Dealer für sich eingekauft.

Der Dealer wiederum, vorgeführt aus der Strafhaft, belastete den 32-Jährigen: Ja, er habe den Angeklagten einmal beliefert und dieser habe dann Haschisch im Kilobereich bestellen wollen. Der Zeuge will jedoch dem nicht nachgekommen sein, denn einer seiner Hauptabnehmer sei der Cousin des Angeklagten gewesen. Und der habe ihn gebeten, seinen Cousin nicht als Konkurrenten am Markt zu fördern.

Eine weitere Tat, die der 32-Jährige bestritt, ist der Einbruch in einen Keller am Stuckberg, aus dem im Juni 2017 zwei Fahrräder verschwanden. Ein Einbruch ist als schwerer Diebstahl mit höherer Strafe bedroht. Der Angeklagte bestritt trotz des Umstand, dass seine DNA am Kellerfenster gefunden worden war – seine Erklärung: Er habe vielleicht einmal dort gepinkelt.

Verräterische Zettel in der Hosentasche

Er bestritt auch den Diebstahl einer Geldbörse einer Putzfrau an der Universität. Bei einer Kontrolle fanden Polizisten die aus der Börse gestohlene EC-Karte der Putzfrau samt Zetteln mit Telefonnummern. Die Zettel waren das Indiz dafür, seiner Version, die Karte und die Zettel gefunden zu haben, nicht zu glauben.

Während des Prozesses stellte das Schöffengericht unter Vorsitz von Torsten Meyer eine Reihe von Straftaten ein, weil sie bei der Gesamtstrafe nicht ins Gewicht fallen würden: Etwa kleinere Körperverletzungen und Bedrohungen, begangen in einem Beziehungsstreit an dem Ex-Freund seiner Freundin und an dieser Freundin. Oder Abgabe von Drogen eben an diese Freundin.

Staatsanwalt Florian Losert beantragte dreieinhalb Jahre Haft, Verteidiger Wolfgang Schwemmer eine einjährige Bewährungsstrafe und Freisprüche vom dem seiner Ansicht nach nicht erwiesenen großen Haschisch-Deal, sowie Freisprüche im Fall der Geldbörse und des Kellereinbruchs.

Aber das Schöffengericht sah die Geschichte anders.

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