Dorfladen: Jetzt wird's konkret

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Noch ist das Schloss Emtmannsberg vor allem eins – Baustelle. Doch Gerhard Herrmannsdörfer zeigt schon mal, hinter welcher Tür der Dorfladen eingerichtet wird. Seine Mitstreiter im Arbeitskreis (von links), Gerlinde Ströbel, Gerald Schreiner, Gerhard Franke, Norbert Jäger und Karin Benker wurden bis auf Franke und Ströbel auch in den Gesellschafterrat berufen, dem zudem Johannes Hoffmann, Reiner Willmitzer und Florian Lorber angehören. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Mal eben einen Dorfladen gründen? Keine Chance. Damit alles auf solidem Fundament steht, müssen viele Voraussetzungen geschaffen werden – vor allem auch juristische. In Emtmannsberg wurde jetzt die entsprechende Gesellschaft gegründet.

 
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Sie nennen ihn den „Dorfladen-Papst“. Wolfgang Gröll ist Unternehmensberater, hat nach eigenen Angaben schon mehr als 800 Lebensmittel-Fachgeschäfte betreut und auch rund 170 Dorfläden bei der Gründung und auch danach begleitet. Den Emtmannsbergern, die ihren Dorfladen bekanntlich im Schloss unterbringen wollen, das derzeit noch für rund vier Millionen Euro saniert wird, gibt er gute Noten. „Das läuft wirklich gut hier. Der Arbeitskreis arbeitet engagiert und zielorientiert. Die wissen, was sie wollen“, sagte der Experte dem Kurier.

Anteile im Wert von 23.750 Euro gezeichnet

Nach seiner Erfahrung scheitern solche Projekte wenn, dann meist an der Finanzierung oder an der Mitarbeiterfrage. Doch auch hier scheint Emtmannsberg gut aufgestellt. Denn Gerhard Herrmannsdörfer, zweiter Bürgermeister und Sprecher des Arbeitskreises Dorfladen, berichtete am Freitagabend, dass Anteile im Wert von 23.750 Euro gezeichnet worden seien. Damit sei das Ziel von 20.000 Euro klar übertroffen worden. Gute Chancen also, zusammen mit den zu erwartenden Zuschüssen aus dem Leader-Förderprogramm ohne zusätzliche Kredite starten zu können. Außerdem hätten sich 25 Bürger verpflichtet, dauerhaft zu festen Zeiten im Dorfladen zu arbeiten. Dadurch seien die geplanten Öffnungszeiten von knapp 30 Stunden in der Woche mehrfach abgedeckt.

Neuer Treffpunkt

Eine dieser Ehrenamtlichen ist Bernadette Willmitzer, die auch schon Gemeinderätin und dritte Bürgermeisterin war. „Mich hat die Idee von Anfang richtig begeistert“, sagte sie, und: „Ich erhoffe mir durch den Dorfladen und was sonst noch so im Schloss geplant ist einen neuen Mittelpunkt für unseren Ort, der das Zusammenleben zusätzlich belebt. So einen Treffpunkt haben wir ja schon seit Jahren nicht mehr.“ Ein paar Stunden pro Woche wird sie im Laden mithelfen und glaubt, „dass mir das auch persönlich viel Spaß bringen wird“.

Zwei Versammlungen in einer

Damit es dazu kommt, mussten die gut 40 Anwesenden am Freitagabend aber erst mal die Gründungsversammlung hinter sich bringen. Eigentlich handelte es sich formaljuristisch sogar um zwei Versammlungen, denn nach der Gründungs- ging es quasi nahtlos in die Gesellschafterversammlung über. Doch der Reihe nach: Gegründet wurde die Betreibergesellschaft in der Rechtsform der UG & Still, einer vereinfachten Form der GmbH, aber mit deutlichen genossenschaftlichen Elementen. Besonders wichtig: Die Gesellschafter, deren Mindesteinlage 250 Euro beträgt, haften nur bis zur Höhe ihrer Einlage. Eine Nachschusspflicht besteht nicht. Ziel und Zweck der Gesellschaft sei nicht die Gewinnmaximierung, sagte Gröll, sondern ein Wirtschaften, das Betrieb plus Investitionen sichere. Rücklagen dürften nur in engen Grenzen gebildet werden. Mache der Laden einst wie erhofft Gewinne, könne ein Teil davon an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, etwa in Form von Warengutscheinen.

„Jetzt geht’s ans Eingemachte“

Sieben aus der Mitte der Gesellschafter gewählte Mitglieder hat der Gesellschafterrat, auf den nun einiges an Arbeit zukommt, so Herrmannsdörfer, denn „jetzt geht’s ans Eingemachte“. So müsse möglichst zeitnah ein hauptamtlicher Geschäftsführer gefunden werden, um ihn in die Sortimentsauswahl und die anstehenden Lieferantengespräche einbinden zu können. Hier gebe es schon mehrere Interessenten und gute Kontakte zu regionalen Anbietern. Außerdem müssten Förderanträge gestellt, ein Marketingkonzept erstellt und nicht zuletzt die Mitarbeiter geschult werden. Bislang geplanter Eröffnungstermin ist das Wochenende 21./22. Juli.

Zwei Regiomaten

Ab dann sollen auf 45, barrierefrei erreichbaren Quadratmetern vor allem Produkte regionaler Anbieter gekauft werden können. Milch, Käse, Wurst, Backwaren, Obst, Gemüse, Honig, Marmelade oder auch Fische – eine Umfrage unter den Emtmannsbergern mit rund 500 zurückgegebenen Fragebögen hatte diese Wünsche ergeben. Hinzu kommt ein kleines Sortiment an Waren, „die man gerne mal vergisst“, so Herrmannsdörfer. Im Außenbereich, und damit immer erreichbar, sollen zwei sogenannte Regiomaten aufgestellt werden, die mit frischen Produkten gefüllt sind. Wer also abends oder am Sonntag noch Eier braucht oder spontan grillen will, kann sich an den Automaten versorgen.

3,80 Euro pro Einwohner in der Woche

150.000, besser 170.000 Euro Jahresumsatz braucht der Laden, um die Wirtschaftlichkeitsgrenze zu erreichen. Das sind 5,80 Euro in der Woche pro Einwohner im Kernort oder 3,80 Euro, wenn man die Außenorte dazunimmt. So sollte schon im zweiten Jahr eine schwarze Null zu schaffen sein, meint Herrmannsdörfer.

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