SPD: Direktvermarkter schwer zu finden

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Brauchen landwirtschaftliche Direktvermarkter mehr finanzielle Förderung? Das fordert zumindest die SPD-Landtagsfraktion. Denn: Direktvermarktung stärkt die regionale Wirtschaft, sagt Landtagsvizepräsidentin Inge Aures. Doch wo sind Direktvermarkter überhaupt zu finden?

 
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Die SPD-Fraktion wollte vom bayerischen Landwirtschaftsministerium wissen, wie viele Direktvermarkter es in Bayern gibt und wie diese von der Staatsregierung unterstützt werden. Doch über die genaue Anzahl, die Verteilung und die Art der in Bayern ansäßigen Direktvermarktungsbetriebe habe selbst das Ministerium keinen Überblick, teilte die SPD mit. Weder sei bekannt, wie viele Öko-Betriebe es gebe, noch wie viele Landwirte sich auf regionale Vermarktung spezialisiert hätten.

In sechs Jahren 2,5 Millionen Euro bezahlt

Allerdings teilte das Landwirtschaftsministerium die Höhe der bayernweit verteilten Fördersumme mit: Im Zeitraum von 2010 bis 2016 wurden rund 2,5 Millionen Euro vergeben. Das Geld stammt aus der "Diversifizierungsförderung mit Schwerpunkt Direktvermarktung". Enttäuschend sei jedoch nicht nur die geringe Fördersumme, so Aures, sondern es seien manche Landkreise komplett leer ausgegangen. So habe der Regierungsbezirk Oberfranken in sechs Jahren lediglich rund 262.00 Euro bereitgestellt.Der Landkreis Kulmbach habe überhaupt keine Fördermittel erhalten.

Braucht es eine Stärkung der Direktvermarkter?

Aures fordert daher: „Wir brauchen eine klare Offensive zur Stärkung der bäuerlichen Vermarktung. Der Slogan Weltmarkt und Wochenmarkt darf nicht länger eine Seifenblase des Ministers bleiben.“ Um die Direktvermarktung und den Betrieb von Milchtankstellen zu erleichtern, sollten die Vorgaben vereinfacht werden. Alle regionalen Vermarkter sollten zentral erfasst, die Ernährungsbildung in den Schulen ausgeweitet werden. „Hier geht es nicht um eine romantische Idylle, sondern den Wunsch der Verbraucher, die Herkunft der Produkte zu kennen und zu erleben“, mahnt Aures.

Vollständige Verzeichnisse tatsächlich nicht vorhanden

In der Tat ist selbst beim Amt für Landwirtschaft und Ernährung in Kulmbach, das für die Direktvermarktung in ganz Franken zuständig ist, auf Anhieb keine Liste der jeweiligen Betriebe zu bekommen. So gebe es zwar "amtsbekannte Direktvermarkter", erklärt Leitender Landwirtschaftsdirektor Guido Winter. Aber einen Anspruch auf Vollständigkeit habe das AFLE-Verzeichnis nicht. Jedem Landwirt ist es grundsätzlich möglich, über das Einzelbetriebliche Investitionsprogramm (EIF) Geld zu beantragen. "Die im Rahmen der Programmplanung zur Verfügung gestellten Mittel in der Diversifizierungsförderung waren mit Ausnahme der ersten Antragsrunde 2016 immer ausgereicht."

Wer beantragte überhaupt eine Förderung?

Entscheiden ist Winter zufolge, wie viele Betriebe überhaupt Fördermittel beantragt hätten. "Wenn keine Anträge gestellt werden, kann auch nichts ausgegeben werden." Deshalb hält er die Sichtweise von Aures für etwas zu kurz gedacht. "Direktvermarktung setzt eine entsprechende landwirtschaftliche Produktion voraus", erklärt Winter. "Investitionen in Stallbau werden nicht über die  Direktvermarktung erfasst, aber von Direktvermarktern getätigt." Direktvermarkter, die landwirtschaftliche Flächen bewirtschafteten, erhielten für diese Flächenprämien wie jeder andere Bewirtschafter auch.

Warum Direktvermarktung nicht einfach ist

Winter weist auf ein prinzipielles Problem hin: "Der Begriff Direktvermarktung ist nicht geschützt, das heißt, es gibt keine rechtlich bindende Definition." Orientierung liefere nur ein Qualitätsleitfaden. Der Grundgedanke sei, dass direkt ab Hof verkauft wird. Dabei könne es sich auch nur um eines handeln, wie zum Beispiel Imkerhonig. Überprüft wird aber nicht, ob sich einer zurecht oder zu unrecht Direktvermarkter nennt. Viele Direktvermarkter hätten mit dem Generationenwechsel zu kämpfen: "Die Jungen wollen nicht mehr und aus diesem Grund wird dann nicht mehr investiert." Zudem seien lebensmittelrechtliche Auflagen zu erfüllen. Für zu hoch hält Winter diese allerdings nicht. "Die Verbraucher müssen sich schließlich darauf verlassen können, dass die Lebensmittel, die sie kaufen, in Ordnung sind." Womöglich sei einzelnen auch die Antragsstellung zu aufwendig, da vieles direkt über Brüssel laufe.

Auch hier stellt sich die Nachwuchsfrage

Thomas Weigel betreibt mit seiner Frau Christine in Rohr bei Neudrossenfeld eine Hofkäserei. Als er vor über 15 Jahren den Betrieb gründete, bemühte er sich ebenfalls um Zuschüsse. "Aber Förderung ist nicht alles", sagt Weigel. "Ein Betrieb muss danach zum Laufen kommen." Die Investition sei nicht unerheblich gewesen, zumal die Vorschriften der Lebensmittelkontrolle zu erfüllen seien. "Ich kann mir vorstellen, das manche einen Rückzieher machen, weil sie nicht wissen, wie sie das alles wieder erwirtschaften sollen." Direktvermarktung sei vielfach ein zusätzlicher Betriebszweig, der mit Arbeit verbunden sei. "Die Kinder wollen das heute oft nicht mehr machen", sagt Weigel. "Die Zeiten, in denen du einen Hofnachfolger bestimmen konntest, sind vorbei." Statt mehr Fördergelder wünscht sich Weigel eine bessere Preispolitik: "Was wir wirklich brauchen, sind anständige Preise und zwar von Haus aus."

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