Nach einer extralangen und hitzigen Diskussion lehnt der Ausschuss den Möbelriesen ab Die XXXL-Debatte im Bauausschuss

Von Frank Schmälzle
XXXLutz will nach Himmelkron: Der Bayreuther Bauausschuss lehnte dieses Projekt ab - allerdings erst nach extralanger Diskussion. Foto: red Foto: red

Es sah nach einer klaren Sache aus: Der Bauausschuss würde den geplanten XXXLutz-Möbelmarkt in Himmelkron ablehnen. Und die Stadt würde dies dem Staatsministerium für Landesentwicklung in einer scharf formulierten Stellungnahme mitteilen. Weil der Möbel-Riese dem Handel in Bayreuth schade. Weil Bayreuth Kaufkraft verliere. Weil Bayreuth Schulen, Bäder und vieles mehr bezahle, was der gesamten Region zugute kommt. Und Himmelkron die Sahne abschöpft. So klar wie gedacht war die Sache im Bauausschuss aber keineswegs.

 
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Darum geht es: Die Möbel-Riesen XXXLutz und Mömax wollen nach Himmelkron. Nahe ran an die Autobahn, mit über 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Auf einem Grundstück, das 100 000 Quadratmeter groß ist. Zwischen 80 und 100 Millionen Euro wollen die Möbler für ihren neuen Standort in Himmelkron ausgeben. Und sie stellen 350 bis 400 neue Arbeitsplätze in Aussicht.

Das Problem: Das Landesentwicklungsprogramm teilt die Kommunen ein. Unter anderem in Ober-, Mittel und Grundzentren. Himmelkron ist ein Grundzentrum. Ein Möbelmarkt in der Größenordnung, wie ihn XXXLutz und Mömax planen, ist laut Landesentwicklungsprogramm in einem Grundzentrum nicht zulässig. Es sei denn, das Ministerium in München erteilt per Zielabweichungsverfahren eine Ausnahmegenehmigung. Und eine solche hat Himmelkron beantragt. Bevor das Ministerium aber tatsächlich eine Ausnahmegenehmigung erteilt, fragt es die Nachbarn. Also auch Bayreuth.

Seit drei Jahren schwelt das Thema am Standort Himmelkron bereits. Vor drei Jahren hatten die Möbler ein noch größeres Projekt vorgehabt. Und vor drei Jahren hatte der Stadtrat klar „Nein“ zum Möbelmarkt in Himmelkron gesagt. Damals einstimmig. Zuvor war Bayreuth als möglicher Standort des großen Möbelmarktes im Gespräch. Warum hier nicht klappte, was in Himmelkron jetzt klappen soll: In der Stadt fand sich kein geeignetes Gelände. Und in einem Bürgerentscheid sprach sich die Hälfte der Bayreuther, die damals ihre Stimme abgaben, gegen ein Fachmarktzentrum an der Nürnberger Straße aus. Auch dort hätte sich XXX-Lutz eine Ansiedlung vorstellen können.

Die Fürsprecher des Möbelmarktes in Himmelkron: Anders als vor drei Jahren ist jetzt das Meinungsbild unter den Stadträten als andere als einhellig. Thomas Hacker (FDP), Olivers Gerhards und Klaus Klötzer (CSU/Btgo!) und Ernst-Rüdiger Kettel (BG) wollten nicht mitmachen bei der scharfen Ablehnung der Stadt an das Landesentwicklungsministerium. Ihre Argumente:

> Der befürchtete Kaufkraftverlust für den Bayreuther Handel ist nicht real. Längst schon kaufen Bayreuther in fernen Möbelmärkten ein – in Hirschhaid oder Fürth zum Beispiel. Dann sollen sie es lieber in Himmelkron tun, denn dann profitiert die Region – und damit auch Bayreuth.

> Insofern läuft auch das Argument, ein großer Möbelmarkt würde mehr Verkehr erzeugen, ins Leere. Den Verkehr gibt es schon. Nur fließt er derzeit in eine andere Richtung.

> Die Angst vor der Konkurrenz, die bestehenden Möbelmärkten erwachsen würde, quält offenbar die Verwaltung mehr, als die Möbler selbst. Die sehen die mögliche Ansiedlung ganz anders: Pilipp in Bindlach zum Beispiel wünsche sich den großen Nachbar sogar. Weil der das eigene Geschäft beflügelt. Und auch andere Bayreuther Einzelhändler würden von einem Magneten wie XXXLutz profitieren.Denn der zieht Kaufkraft an.

> Die Argumente der Gegner sind nicht schlüssig. Der Einzelhandel in der Stadt würde nicht weniger leiden, würde der Möbelriese auf Bayreuther Boden stehen. Auch dann gingen dem Einzelhandel in der Innenstadt Kunden verloren.

Die Gegner des Möbelmarktes in Himmelkron: Stadtbaudirektor Hans-Dieter Striedl, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und die beiden Fraktionsvorsitzenden Christa Müller-Feuerstein (SPD) und Sabine Steininger (Die Grünen und Unabhängigen) sind strikt gegen den Möbel-Riesen in Himmelkron. Sie sagen:

> Der geplante Möbelmarkt würde Waren führen, die es in der Bayreuther Innenstadt zu kaufen sind. In einem Ausmaß, das dem Handel schaden wird. Das sogenannte Randsortiment – Lampen und Glas, Porzellan und Keramik, Geschenk- und Babyartikel – macht bei einem Möbelmarkt im Stil von XXXLutz einen Anteil von 25 Prozent aus. Das ist in Quadratmeter umgerechnet etwa ein Drittel der Fläche, die das Rotmain-Center hat. Und das kann dem Handel in der Stadt nur schaden – zumal gerade einmal 13 Kilometer und zwei Autobahnausfahrten Bayreuth und Himmelkron trennen.

> XXXLutz sagt selbst, dass der Standort Himmelkron wegen der Nähe der Autobahn geeignet wäre. Bayreuth gehört also zum einkalkulierten Einzugsbereich.

> Das Argument der Befürworter, der Innenstadthandel würde auch leiden, käme XXXLutz nach Bayreuth, ist falsch. Selbst am Standort Bayreuth wären 25 Prozent Randsortiment am Stadtrand nicht genehmigungsfähig.

> Bayreuth ist Oberzentrum und hat als solches Aufgaben für die gesamte Region zu erledigen. Schulen, Bäder, Kultur – all das kostet Geld. Auch deshalb greift das Landesentwicklungsprogramm ein und erlaubt Handelsgroßprojekte grundsätzlich nur in Oberzentren. Weil die eine Stadt stärken, ihr Geld in die Kassen bringen. Himmelkron, sagt Stadtbaudirektor Striedl, „will nur die Sahne abschöpfen“. Und vom Oberzentrum Bayreuth profitieren.

Das Ergebnis: Nach einer extralangen Debatte schlossen sich zehn der 15 im Bauausschuss anwesenden Stadträte Striedls Argumenten an. Der wird nun die Ablehnung der Stadt an das Landesentwicklungsministerium weitergeben. Allerdings um zwei Sätze entschärft. In der Stellungnahme spricht die Stadt nicht mehr von einer „Gefährdung ihrer oberzentralen Funktion für die Region“. Und stellt auch keine Klage mehr in Aussicht, sollte das Ministerium Himmelkron den Möbelmarkt genehmigen.

Ausgestanden muss diese XXXL-Debatte damit aber noch nicht sein. Um die Frist des Ministeriums einzuhalten, hatte der Bauausschuss diese Entscheidung vorab zu fällen. Der Stadtrat muss sie noch bestätigen. Oder einkassieren.

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