Die wohl sicherste Bibliothek der Welt

Von Christina Holzinger
Direktor der Bibliothek Ralf Brugbauer und Nina Pelka sind stolz auf ihren Bücherbunker. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der volle Wissensbunker: Ein Teil der Uni-Bibliothek zieht von der Innenstadt in einen Luftschutzbunker unter der Erde. Im Kalten Krieg sollte er Menschen schützen, jetzt schützt er Bücher.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es ist wohl einer der sichersten Orte in der Stadt, um Bücher zu lagern: Hinter einer massiven rostroten Eisentüre im Erdgeschoss des Gebäudes Geisteswissenschaft I liegt das neueste Projekt der Universitätsbibliothek. Fernab der Studenten entsteht in dem Luftschutzbunker, einem Relikt aus dem Kalten Krieg, ein neues Magazin. Die rostrote Panzertür trägt das Prädikat „gas-, feuer- und trümmersicher“, entlang der meterdicken Wände ohne ein einziges Fenster werden bald 60.000 Bücher stehen, nur ein kleiner Teil der etwa zwei Millionen Bücher.

Modernste Regale

Seit einigen Wochen nehmen etwa zwei Dutzend Rollregale die rechte Seite des ehemaligen Luftschutzbunkers ein. Auf Schienen im Boden können die Regale bewegt werden. Mit einer Kurbel schiebt der Bibliotheksdirektor so die Regale zusammen oder auseinander. „Im Bibliothekswesen gibt es keine bessere Art, so viele Bücher in einem so kleinen Raum unterzubringen“, sagt der Direktor der Universitätsbibliothek, Ralf Brugbauer, der jetzt auch Direktor eines Bücherbunkers ist. Noch sind die Regale leer, doch die bedrückende Stille inmitten des Uni-Trubels erinnet an den früheren Verwendungszweck.

Unausgereiftes Konzept

Der Luftschutzbunker entstand mit Bau des Gebäudes Geisteswissenschaften I und wurde im Dezember 1989 in Betrieb genommen. „Damals gab es die Maßgabe, dass jedes neugebaute öffentliche Gebäude einen Luftschutzbunker braucht“, sagt Reinhard Schatke, Leiter der zentralen Technik der Universität Bayreuth. Bei einem Luftangriff hätten wenige hundert Studenten und Dozenten Platz in dem Luftschutzbunker gefunden. „Ob man das Konzept des Luftschutzbunkers als nicht ganz fertig gedacht sehen will, muss jeder für sich entscheiden“, sagt Schatke.

Seit Mauerfall leer

Doch „als der kalte Krieg etwas wärmer wurde“, wie er es ausdrückt, verlor auch der Luftschutzbunker seine Funktion. Doch bis zum Bücherbunker war es ein langer Weg mit vielen Beteiligten. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe war für den Bunker zuständig. Bundesregierung, Innenministerium, die Universität als Vertreterin des Freistaates und die Stadt Bayreuth einigten sich. Erst kamen die Notfall-Liegen raus, dann alte Akten rein, dann alte Akten raus, jetzt Bücher rein.

1,4 Regalkilometer

Auf den 1,4 Regalkilometern werden nach dem Umzug im August fast 60.000 Bücher aus den Bereichen Naturwissenschaften, Geowissenschaften und Geschichte Platz finden. Die Studenten können die Bücher – wie auch zuvor am Geschwister-Scholl-Platz – über den Online-Bibliothekskatalog bestellen, die Mitarbeiter holen die Bücher aus dem Bunker. Bisher mussten die Mitarbeiter durch die halbe Stadt fahren, um bestellte Bücher abzuholen,  jetzt genügen nur noch wenige Schritte zum Bunker gegenüber. „Wir sind sehr froh, weil wir keinen so langen Anfahrtsweg mehr haben“, sagt Brugbauer.

Umzug quer durch die Stadt

Die Mitarbeiter sortieren derzeit die doppelten Bücher am Geschwister-Scholl-Platz aus. Eine Umzugsfirma wird den übrigen Bestand zum Campus transportieren, wo sie in die Regale kommen. Zudem wird die feuer-, gas- und trümmersichere Eisentür noch gegen eine normale Tür ersetzt, die sogar ein echtes Schloss hat. Für Brugbauer ist der Bunker das ideale Magazin: „Starke Temperaturschwankungen sind für Bücher ungünstig, weil sich im Raum Kondenswasser bilden kann, das dann zu Schäden am Buch führt. Daher ist ein solcher Raum mit konstanten Temperaturen ideal.“

 

Info

Seit 1965 nutzt die Universität das Gebäude am Geschwister-Scholl-Platz. Dort sind nicht nur Teilbereiche der Kulturwissenschaft wie Musikwissenschaft und Kunsterziehung, eine dazugehörige Teilbibliothek und Projektmitarbeiter untergebracht, sondern auch Staatsinstitute zur Ausbildung von Fach- und Förderlehrern. Derzeit wird der Brandschutz dort teilweise auf Vordermann gebracht, weshalb die Teilbibliothek auf den Campus verlagert wurde. Nach derzeitigem Stand will die Universität langfristig gesehen aus dem Gebäude ausziehen und dieses den Staatsinstituten für die Ausbildung der Fach- und Förderlehrer zur Verfügung stellen, wie Reinhard Schatke, Leiter der zentralen Technik sagt. Endgültig über die Zukunft des Gebäudes wird im Herbst das Wissenschaftsministerium entschieden.

 

 

Bilder