"Karl die Große" überzeugt

Von Wolfgang Karl
Karl die Grosse im Glashaus. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sieht aus wie ein Verschreiber, klingt aber richtig gut: "Karl die Große" gastieren im Glashaus. Und überzeugen uns, dass das Leben doch ein Wunschkonzert ist.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

"Karl die Große" ist, wenn man so will, die verspätete Antwort auf die Verheerungen, die das Namensvorbild in Sachsen angerichtet hat. Karl der Große eben, der Sachsenkiller. Doch Karl Die Große kommt sanft daher. Poesie und Posaunenblech statt Harnisch und Helm. Ihre Schlachtordnung: Die vier Jungs halten sich im Hintergrund, vorne stehen Sängerin Wencke Wollny und Posaunistin Antonia Hausmann.

In den Texten geht es um maigrüne Sommer und die Schönheit scheinbarer Alltäglichkeiten. Da wird ein Bordstein zum Straßenstrand, die vorbeifahrende Straßenbahn erzeugt das zugehörige Meeresrauschen. Die Realität wird poetisch umgedeutet. Bevor man die Texte ganz versteht, erzeugen sie schon Bilder in einem.

Die Welt, wie sie uns gefällt

Das wirkt nicht wie Welt-Abgewandtheit, sondern eher wie ein Entschluss. Karl Die Große macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt – und das in aller Ruhe. Denn das Tempo des Abends kann man mit einem Wort beschreiben: Ballade.

Für den Auftritt einer Pop-Band unüblich ist das Glashaus bestuhlt, das Publikum andächtig ruhig. Oder ist es Verträumtheit? Über Bühnennebel und im Lichte nackter Glühbirnen kommt das sonore Timbre von Sängerin Wencke Wollny bei uns an.

Man muss das Leben nur in Poesie verwandeln

Die Posaune baut eine langsame Melodiefolge auf, konterkariert durch das klare Spiel von Jannik Gehnen an der Gitarre. Am Piano legt Simon Kutzner dramatisch ansteigende Patterns auf. Das alles trägt die unaufgeregte, aber hochpräzise Rhythmusfraktion mit Schlagzeuger Clemens Litschko und Bassist Christian Dähne.

Da wirkt kein Ton daneben, kein Wort fehlplatziert. Alles wirkt rund – ohne dabei in Glätte oder gar Beliebigkeit abzugleiten. Das ist schlicht wahrhaft gute Musik. Denn trotz des melancholischen Grundtones und der beinahe schwermütigen Ruhe im Vortrag wirkt die Musik voller Licht und Kraft. „Bleib auf der Suche“, rät uns Karl Die Große – warum eigentlich noch fragt sich ein bisschen.

Man fühlt sich angekommen auf diesem Konzert. Der Titel der Zugabe spricht dann auch Bände: „Wunschkonzert“ heiß das Lied. Das Leben mag wohl ein Wunschkonzert sein. Wenn man es nur so in Poesie zu verwandeln mag wie Karl Die Große.

Bilder