Die Rückkehr der Blumenwiese

Von Peter Engelbrecht
Wiesenführung bei Eckersdorf. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sie waren verschwunden, nun sind sie wieder da: Wiesen-Pippau, Margeriten und Glockenblumen. Wie die Neuansiedlung funktioniert, ist auf einer Wiese bei Eckersdorf zu sehen.

 
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Das Stichwort, das Sabine Heinz nennt, heißt Mahdgutübertragung. Die Expertin von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising präsentiert mit sichtlicher Freude die Rückkehr blühender Blumen nach nur einem Jahr. Mahdgutübertragung heißt, dass auf artenarmen, wenig intensiv genutzten Wiesen mit einer Fräse die Grasnabe in einzelnen Streifen entfernt wird. Auf dieses Saatbett wird frisches Mahdgut einer nahegelegenen artenreichen Wiese ausgebracht. Während das Mahdgut trocknet, fallen die darin enthaltenen Samen aus und können auf der Fläche keimen.

Mit normalen Maschinen

„Der Vorteil dieser Methode ist, dass nur Arten aus der direkten Umgebung angesiedelt werden, die an den Standort angepasst sind“, erläutert Sabine Heinz. Alle Arbeiten können von Landwirten mit ihren üblichen Geräten durchgeführt werden.

22 neue Arten

Diese Übertragung fand vor einem Jahr auf der Wiese der Eheleute Kerstin Küfner und Steffen Kruck in Lahm/Eckersdorf statt. Nun blühen wieder zahlreiche Blumenarten auf der Wiese, wie rund 20 Interessierte bei einer Führung feststellen konnten. Die Zahlen, die Sabine Heinz vom Institut für Agrarökologie nennt, sind beeindruckend: Auf der extensiv bewirtschafteten Wiese wurden vor dem Versuch 27 Pflanzenarten gezählt, auf der sogenannten Spenderfläche, also den gefrästen Streifen, waren es nach nur einem Jahr 65 Arten.

22 neue Wiesenarten konnten von der Spender- auf die Empfängerfläche gebracht werden. „Es wird noch Jahre dauern, bis sich die neuen Arten auf der gesamten Wiese verteilt haben“, schätzt die Expertin. Und: Auf der sogenannten Empfängerfläche zählte Heinz zwölf verschiedene Schmetterlingsarten – eine vergleichsweise große Zahl.

Zweimal im Jahr wird gemäht

Die Eheleute Küfner und Kruck bewirtschaften ihren 40 Hektar großen Biobetrieb im Nebenerwerb. Der Bauernhof zählt 20 bis 30 Mutterkühe. Die betreffende Wiese werde nur zweimal im Jahr gemäht, erläutert Kerstin Küfner. Beide sind mit dem Verlauf der Mahdgutübertragung zufrieden, die im Sommer 2016 auf insgesamt vier Betrieben durchgeführt wurde. 

Regierung plant Kataster

Stephan Neumann von der Regierung von Oberfranken in Bayreuth berichtet, dass es im Naturschutzbereich seit rund 20 Jahren diese Übertragungen gibt. „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, konnten stabile, artenreiche Bestände schaffen“, sagt er. Wichtig sei, das Spender-Mähgut nicht über Naturraumgrenzen hinaus zu übertragen. Für sogenannte Spenderflächen soll ein oberfrankenweites Kataster aufgebaut werden, kündigt Neumann an.

Leitfaden geplant

Die Mahdgutübertragung ist Teil des Projektes „Transfer – Artenanreicherung im Wirtschaftsgrünland“, das von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als Modellvorhaben gefördert wird. Dabei sollen die positiven Erfahrungen von Naturschutzprojekten auf Wirtschaftsgrünland übertragen werden. Am Ende soll gemeinsam mit den teilnehmenden Landwirten ein Leitfaden für die Praxis erstellt werden.

 

Info: Wiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen mit Blumen, Schmetterlingen, Hummeln und zahlreichen anderen Insekten. In Bayern sind allerdings nur noch etwa 20 Prozent des genutzten Grünlandes artenreich mit mindestens 25 Arten.

Häufiges Mähen (mehr als dreimal) und Düngung führen dazu, dass nur wenige Pflanzenarten überleben können. Auch wenn die intensive Nutzung endet, kehren die Wiesenblumen nach Jahren häufig nicht zurück, weil sie weder als Samen im Boden vorhanden sind, noch aus der direkten Umgebung einwandern können. (Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft).

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