Oder der Mann, dessen Frau in Syrien wohnte. Die Behörde fand heraus, dass sie in der Nähe eines Militärlagers lebte, wo es Schießereien gab. Ein Härtefall, sie durfte nachkommen. Die Behörde als Anwalt des Flüchtlings? „Wir haben umfassendes Wissen und kennen die Spielräume.“
Die Harten: „Spielräume nutzen, das versuchen wir auch“, sagt Duchlik. Es werde mit den Leuten lange geredet, dass sie gehen müssten. Aber sie, die seit 2007 die Behörde leitet, weiß: Einen Flüchtling, der glaube im Paradies zu leben, werde man kaum überzeugen können, dass er weg müsse. Die Flüchtlinge hätten sehr große Gefahren auf sich genommen, um nach Deutschland zu kommen – und wollen bleiben. „Sie überzeugen diese Leute nicht.“ Und ihre Behörde habe eben auch die Aufgabe, „Nein zu sagen und dem Gesetz Rechnung zu tragen“.
Die Netten: Der Begriff „Ausländer“ hat Worm immer gestört. „Das muss man dem Kunden nicht jedesmal schriftlich geben“, sagt sein Amtsleiter Andreas Brockard (42), mit dem Worm den „geistigen Umbau“ im Amt fortführen will. Denn der Prozess läuft schon länger, wenn auch unfreiwillig. Auch das Erlanger Amt fand sich vor Jahren in den Negativ-Schlagzeilen. Ein Mitarbeiter trug den Namen Sheriff Gnadenlos. Dessen Ausscheiden bot die Gelegenheit, die Affäre „aufzuarbeiten“.
Der Umbau des Amtes wird Geld kosten. Mehr Personal, weil in vielen Fällen mehr Aufwand nötig ist. „Kreativer und energetischer Mehraufwand“, nennt Worm das. Und auch Geld für den Umbau der Räume: Hell soll es werden und freundlich, mit Empfangstheke für den alltäglichen kleinen Papierkram und die Terminvereinbarung. Bisher sieht es im Erlanger Rathaus im besten Fall zweckmäßig aus, wie in anderen Ämtern auch: lange Gänge, weiß getüncht, Bänke.
Die Harten: Ein normaler Morgen in der Bayreuther Behörde, 9 Uhr. Keine Schalter, keine Gitter, ein langer Gang, zweckmäßig. Es warten nur eine Handvoll Leute, alle haben einen Termin. Die Zimmer sind Durchgangszimmer, für Menschen aus aller Welt. Stempel, Papiere, Telefonate. Niemand schreit, es wird gelacht. Die meisten Kunden kommen seit Jahren, stehen kaum unter Druck. „Das allermeiste ist Routine“, sagt Duchlik, „die wenigsten Fälle sind kritisch.“ Ihr ist vor allem der Umgangston wichtig: „Abgesehen davon, dass es keinen Sinn macht, die Menschen anzuschreien“.
Natürlich habe sie nicht so viel Ermessensspielraum, wie von den Betroffenen gefordert werde. „Es gibt Regelungen, die einen Zustand verlangen.“ Ein Student könne eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. „Das setzt voraus, dass er Student ist.“ Über diesen Sachverhalt könne man nicht streiten. „Weil das nachprüfbar ist.“ Wie anders ist das, was oft Flüchtlinge angeben, um nicht mehr weg zu müssen: Flüsse, die es nicht gibt; Diktatoren, die lange nicht mehr im Amt sind; erfundene Terror-Organisationen. Trotzdem: „Wir haben keine Veranlassung böse zu sein, weil die selbst auch nicht böse sind.“ Eines stehe allerdings fest. „Es kommen ohnehin nur die Starken.“
Fazit: Die angeblich Netten sind wirklich nett. Die Neuen im Erlanger Auslandsamt haben einen humanen Ansatz. Ihr Credo, „den Menschen nicht wehtun und sie würdevoll behandeln“ ist nicht leicht zu verwirklichen – und es ist teuer. Mehr Personal, andere Räume, mehr Geld. Doch man sieht in Erlangen genauso die Risiken, ausgenutzt zu werden. Auch dort weiß man: Klappt das nicht, kommen die „Daumenschrauben“, sagt Worm. Und aus ist es mit dem Nettsein.
Die angeblich harten Bayreuther sind meist gar nicht hart. Ihre Öffentlichkeitsarbeit ist allerdings unterirdisch schlecht. Wie im Falle des syrischen Studenten, als die Stadt Bayreuth sich zu den Vorwürfen nicht äußerte. Die Leiterin, ein „alter Hase“ im Ausländer-Bereich, geht ihre Aufgabe mit nüchterner Erfahrung an. Vom Erlanger Modell hält sie viel, zweifelt aber, dass es sich durchsetzen lässt: „Ich fürchte, die werden bald an ihre Grenzen stoßen.“