Die Mitmach-Stromautobahn

Von Moritz Kircher
Ähnlich wie diese Erdkabel sollen auch die Leitungen für die Südostlink-Trasse aussehen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa Foto: red

Derzeit schlummert die Debatte um den Bau der umstrittenen Stromautobahn von Sachsen-Anhalt nach Bayern. Im Herbst will der mittlerweile zuständige Übertragungsnetzbetreiber Tennet das öffentliche Verfahren zur Gleichstromleitung Südost-Link wieder anstoßen. Doch schon jetzt können sich Interessierte beim Bürgerdialog Stromnetz, der gestern Sprechstunde im IHK-Bildungszentrum in Bayreuth hielt, mit Informationen versorgen.

 
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Was ist der Bürgerdialog Stromnetz?

Der Bürgerdialog Stromnetz ist eine Initiative der Deutschen Umwelthilfe und eines Beratungsunternehmens. Der Bürgerdialog unterhält in ganz Deutschland mehrere Büros mit Ansprechpartnern. Ziel der Organisation ist es, über den Netzausbau im Zuge der Energiewende aufzuklären. Gefördert wird das zu 100 Prozent vom Bundeswirtschaftsministerium.

Wo steht die Planung der Stromautobahnen aktuell?

"Wir stehen jetzt vor dem Schritt der Bundesfachplanung", sagt Tim Wiewiorra von Bürgerdialog Stromnetz. Die Übertragungsnetzbetreiber sind bis Herbst dabei, die Kriterien festzulegen, nach denen sie die Trassenkorridore suchen. Die Bundesnetzagentur fordert, die Leitungen möglichst gradlinig zu bauen. "Die Korridore sollen von innen nach außen geplant werden." Überall da, wo es nicht möglich ist, gradlinig zu planen, werde der Korridor soweit erweitert, bis man eine raumverträgliche Lösung findet.

Wie können Bürger an der Planung teilhaben?

"Jeder Bürger kann Eingaben machen", sagt Wiewiorra - begründete Eingaben. Das kann zum Beispiel der Hinweis sein, dass es ein Feuchtbiotop auf der geplanten Trassenführung gibt, oder dass eine Gemeinde dort schon länger ein Baugebiet plant. "So weit können die Voruntersuchungen gar nicht in die Tiefe gehen", sagt Wiewiorra. Deshalb seien die zuständigen Stellen auf Hinweise angewiesen.

Wer nimmt die Einwendungen entgegen?

Beim Bau einer Leitung stellen die Übertragungsnetzbetreiber einen Antrag auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur, die die Pläne dann bei einer Konferenz öffentlich zur Debatte stellt. "Dort kann jeder hingehen und sich äußern", sagt Wiewiorra. Danach gibt es noch die Möglichkeit, schriftliche Eingaben zu machen. Katharina Hübl vom Bürgerdialog Stromnetz geht davon aus, dass der Netzbetreiber Tennet noch vor dem formalen Verfahren zur Bürgerbeteiligung an die Öffentlichkeit gehen wird.

Die Stromautobahnen sind hunderte Kilometer lang. Millionen Menschen sind von den Milliardenprojekten betroffen. Spielt es da eine Rolle, was Einzelne sagen?

"Jede Stellungnahme muss beachtet werden", sagt Tim Wiewiorra. Bei den Einwendungen spiele es keine Rolle, ob eine einzelne Person oder 500 dahinterstehen. "Die Masse macht es nicht aus." Die Qualität der Argumente zähle.

Kann man an der Notwendigkeit der Gleichstromleitungen noch rütteln?

Wiewiorra sagt: "Im Rahmen der Bundesfachplanung kann die Leitung an sich nicht mehr in Frage gestellt werden." Die Notwendigkeit sei per Gesetz festgestellt.

Werden die Gleichstromleitungen komplett erdverkabelt?

"Es gibt drei Gründe, warum man von einer Erdverkabelung absehen kann", sagt Hübl vom Bürgerdialog. Erstens: Eine Kommune kann verlangen, dass auf ihrem Gebiet eine Freileitung geprüft wird. Zweitens: Natur- und Artenschutzgründe können eine Freileitung notwendig machen. Drittens: Es kann eine Freileitung geben, wenn es bestehende Masten gibt, auf die man die Gleichstromleitungen aufhängen kann. "Das wird aber sehr eng ausgelegt", sagt Wiewiorra. Die Bundesnetzagentur erlaube höchstwahrscheinlich keine bauliche Veränderung der Masten.

Sind Erdkabeltrassen in der Landschaft unsichtbar?

Nein. In Waldgebieten bleibt eine Schneise. Wiewiorra erläutert den Grund: "Tief wurzelnde Gehölze, die das Kabel beschädigen könnten, dürfen nicht darauf wachsen." Ackerbau über der Leitung sei dagegen für die etwa 1,70 Meter tief liegenden Kabel kein Problem. Studien der Uni Freiburg hätten zudem ergeben, dass Landwirte keine besonderen Ertragseinbußen von der Leitung zu befürchten hätten.

Geht von den Kabeln eine Gesundheitsgefahr aus?

Tim Wiewiorra sagt: "Wie bei allen Stromleitungen gibt es ein elektrisches und ein magnetisches Feld." Das elektrische Feld werde aber vom Mantel des Kabels komplett abgeschirmt. Bleibt das Magnetfeld. "Gleichstromleitungen haben ein magnetisches Gleichfeld, genau wie das Erdmagnetfeld", sagt Wiewiorra. Dieses bewege sich im Bereich normaler Schwankungen des Erdmagnetfeldes.

Kontakt zum Bürgerdialog Stromnetz

Das nächste Büro des Bürgerdialogs Stromnetz ist das von Katharina Hübl in Nürnberg. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer 0911-21664458 oder per Mail an huebl@buergerdialog-stromnetz.de. Auf Einladung kommt sie auch zu Terminen und spricht über das Thema Energiewende und Netzausbau.

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