600 Mitarbeiter der Firma Markgraf verabschieden sich von dem verstorbenen Rainer W. Markgraf Dieletzte Fahrt des Chefs durchs Firmentor

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Der Leichenwagen fährt langsam an den Trauernden vorbei. Es ist die letzte Fahrt von Rainer W. Markgraf über sein Firmengelände. 600 trauernde Mitarbeiter nahmen Abschied von ihrem Chef. Foto: ott Foto: red

Genau vor einem Monat hatte er noch seine Visionen dargestellt, hatte darüber gesprochen, wie die Zukunft seines Unternehmens aussehen sollte: Und genau einen Monat später sahen die gleichen Mitarbeiter, die Rainer W. Markgraf zugehört hatten, wie sein Sarg in einem schwarzen Leichenwagen übers Firmengelände gefahren wurde. Mit nur 58 Jahren war ihr Chef völlig überraschend in der vergangenen Woche gestorben

 
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Dunkle Wolken über Immenreuth, neben Bayreuth einer der Sitze der Markgraf AG. Wo „das Herz der Firma schlug“, hatte Rainer W. Markgraf immer gesagt. Direkt nebenan, hinter Bäumen, wohnte er. Einmal im Monat ging er mindestens durch die Hallen, erzählen sie, schaute sich um und sprach mit seinen Mitarbeitern. Er ging vorbei an den gelben Lastwagen und Kränen. „Die Maschinen waren sein Leben.“ Viele wissen, dass sie auch sein Hobby waren: Er sammelte Modelle.

Es nieselte und es war kalt. Und plötzlich war es ganz still, als sich der Wagen mit dem Sarg in Bewegung setzte, quer durch das Firmengelände in Immenreuth. 600 Mitarbeiter, standen Spalier, als das Auto ganz langsam vorbeifuhr. In einer dunklen Limousine folgte Markgrafs Witwe Irene.

Viele erzählen sich von der Betriebsfeier von vor einem Monat. Wie fit der Chef gewesen sei, wovon er gesprochen habe, wie es weitergehen solle. Der Chef wollte erweitern, er habe immer in Zeitabschnitten von 40 Jahren gedacht. Sein oberstes Ziel war es, die Arbeitsplätze für die Region zu sichern. „Es ist ein Schock“, sagt Betriebsratsvorsitzender Thomas Schmidt, der „noch immer nicht ganz verdaut sei. „Man denkt, der ist noch in Urlaub.“ Erst in ein paar Wochen werde man realisieren, dass jetzt alles anders sei. Alles anders? „Das Imperium geht nicht unter.“ Auch für die 850 Mitarbeiter?

Für Schmidt steht fest: Nein. Nur die Gesellschaftsform werde sich ändern. Ansonsten bleibe alles, wie es war. Die Belegschaft sei „eine gewachsene Gesellschaft“, bei der der Vater und der Großvater gearbeitet haben. Jetzt sei „der Fall X“ eingetreten, zum ersten Mal in der 80-jährigen Geschichte stehe die Firma nur noch mit Geschäftsführern da, die nicht zur Familie gehörten.

„Betriebsruhe wegen Trauerfall“ steht auf einem Schild am Werkstor. Darunter zwei kleine Zelte, in dem sich die Mitarbeiter in einem Kondolenzbuch eintragen konnten. Langsam schieben sich die Autos durchs Firmengelände, vorbei an dem Schweigen von 600 Trauernden.

Dann stoppt der Konvoi, kurz vor dem Werkstor, Trompeter Klaus Adelhardt spielt das Feierabendlied, der Kofferraum des Leichenwagens geht auf. Ein Kranz, „In Liebe Irene“, ein letzter Gruß seiner Frau. Die beiden Geschäftsführer Karl-Günter Krauß und Winfried Praller, sie bildeten mit dem Verstorbenen die Dreiecksspitze der Firma, bringen noch einen Kranz.

Später betonten die beiden Geschäftsführer auf der Trauerfeier in Kemnath „das große persönliche Engagement Rainer W. Markgrafs, das Unternehmen, das er nach seinem Vater und Großvater in dritter Generation führte, zukunftssicher zu gestalten und langfristig in seinem Bestand zu sichern“. Nach dem Tod seines Vaters vor zweieinhalb Jahren habe sich Markgraf „intensiv und mit großem Verantwortungsbewusstsein daran gemacht , die Basis dafür zu schaffen. Dabei wollte er nicht nur an die nächste Mitarbeitergeneration denken, sondern darüber hinaus immer an die übernächste. Vorausschauend sollten die Strukturen sein, nachhaltig und dauerhaft.“

Immenreuth, Firmengelände. Der Kofferraum des Leichenwagens geht zu. Immer noch schweigen die 600. Der Wagen fährt langsam los. Es ist das letzte Mal, dass Rainer W. Markgraf durch sein Firmentor fährt.

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