Betrunken am Steuer machte er den Abflug in den Wald – Nur Bulldogs darf er zurzeit fahren¶ Die Justiz straft und rettet einen Job

Von Manfred Scherer
Betrunken baute am 6. Januar ein Mann aus dem estlichen Landkreis einen UNfall auf dem Heimweg von der Disko. Er und zwei Mitfahrer wurden verletzt, einer davon schwer. Nun wurde der Fall vor Gericht verhandelt - mit einem ungewöhnlichen Ergebnis. Foto: Archiv/ NEWS5 / Holzheimer Foto: red

Er hatte Spaß, Jack Daniels und Bier. Im Tanzcenter in Trockau fühlte sich ein junger Mann aus dem westlichen Landkreis zu gut und zu selbstbewusst. Mit knapp 0,9 Promille stieg er in sein Auto und baute einen schweren Unfall. Bei der Bestrafung des 27-Jährigen machte die Justiz etwas, was sie höchst selten tut.

 
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Es war Anfang Januar und dieser Drei-Königstag hätte in einer Katastrophe enden können. Nachdem der Opel des 27-Jährigen morgens um 5 Uhr auf der schneeglatten Straße zwischen Moritzmühle und Moritzreuth den Abflug in den Wald gemacht hatte, blieb der Wagen völlig demoliert liegen. Nicht nur der Unfallfahrer wurde verletzt, sondern auch zwei Freunde. Einer von ihnen schwer, er musste notoperiert werden. „Er ist wieder fit“, sagte der Angeklagte vor Gericht, „und er nimmt’s mir auch nicht übel.“ In dem Prozess, den Schüler einer neunten Klasse der Gesamtschule Hollfeld als Zuhörer verfolgen, wird offenbar, dass der Unfall schwer wiegende Folgen für den Angeklagten hatte: Finanzielle, denn das Auto ist kaputt und für die Arztkosten für die Verletzten wird die Versicherung den Angeklagten in Regress nehmen. Emotionale, denn der Angeklagte weiß, dass „weit Schlimmeres hätte passieren können“, wie es sein Verteidiger Andreas Angerer formuliert. Und gesellschaftliche Folgen, sagt der Unfallfahrer selbst: „Es ist nicht einfach. Ich bin selber bei der Feuerwehr, die mussten ausrücken. Das spricht sich rum.“

"Ich hab' gedacht, jetzt trink ich halt nichts mehr"

Dem Amtsrichter versucht er zu erklären, warum er trotz Jack Daniels und Bier noch gefahren ist: Er habe ursprünglich gedacht, einen Mitfahrer zu finden, der nüchtern bleiben würde – keiner wollte mit. Im Tanzcenter fand er niemanden, bei dem er mitfahren konnte: „Da hab ich gedacht, jetzt trink ich halt nichts mehr. Aber es war dann doch zu viel.“ Seine Mutter, die er in vergleichbaren Fällen als Abholerin anruft, wollte er bei dem starken Schneefall nicht anrufen. Und die zwei Freunde, die er mit nach Hause nahm, hätten auch nicht fahren können: „Die hatten vor Trockau ja schon Jahreshauptversammlung vom Burschenverein. Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel intus habe.“

Der Amtsrichter spricht von einem Sonderfall

Nach Abschluss der Ermittlungen zeigte sich die Justiz vernünftig: Der 27-Jährige bekam einen Strafbefehl. Geldstrafe und Entzug der Fahrerlaubnis. Und eine Sperre für den Wiedererwerb des Führerschein von 16 Monaten – ausgenommen den Bulldog-Führerschein. Den braucht der Landmaschinenmechaniker dringend für seinen Beruf. Das hat sein Arbeitgeber ihm schriftlich gegeben und das Schriftstück legte Verteidiger Angerer im Prozess vor.

Kleiner Erfolg durch Einspruch

Dass der Unfallfahrer trotzdem Einspruch gegen den Strafbefehl einlegte, lag an der Dauer der Sperrfrist. Auch die anderen Führerscheinklassen könnte der Mann dringend bald wieder brauchen. Deshalb beschränkte der Angeklagte seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen – und erzielt einen kleinen Erfolg. Richter Stefan Käsbohrer reduzierte die Fahrerlaubnissperre auf ein Jahr und beließ es auch dabei, dem Mann seinen Bulldogführerschein zu lassen: „Ich halte diese Entscheidung für richtig. Es ist ein Sonderfall, den ein Richter vielleicht einmal im Jahr macht. Aber man will sie ja nicht aus ihrem Arbeitsverhältnis herausreißen.“ Die Geldstrafe, die der Richter verhängte, beläuft sich auf 3500 Euro.

Der Angeklagte dankte mit den Worten: „So einen Mist bau’ ich nie wieder.“

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