Wie ein heroinsüchtiger Bayreuther zum Strohmann für einen in Sankt Petersburg sitzenden Kriminellen wurde Die Geldwäscher der Russenmafia

Von Manfred Scherer
Zwei Jahre Haft bekam ein Bayreuther, der für einen Kriminellen in Sankt Petersburg als Geldwäscher arbeitete. Foto: Britta Pedersen dpa/Archiv Foto: red

Er half einem mutmaßlich zur organisierten Unterwelt in Russland gehörenden Mann viel Geld aus Deutschland hinaus zu bringen. Die 130.000 Euro gehören vielen Betrugsopfern. Im Prozess erhält der drogensüchtige Bayreuther für diese Geldwäsche eine zweijährige Haftstrafe und es stellt sich heraus, dass er nicht der einzige ist, der für den Hintermann gearbeitet hat. Es gibt Hunderte Opfer und einen Schaden von einer Million Euro.

 
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Sie lernten sich in Bayreuth im Knast kennen: Der heute 43-jährige Russe Anton S. bot dem heroinabhängige 42-jährige Russlanddeutschen die Teilhabe an seinem neuesten, künftigen „Geschäftsmodell“. Dafür brauche der Juniorpartner nur ein Bankkonto.

Anton S. ging nach dem Knast zurück nach Russland und zog von Sankt Petersburg aus die Fäden. Wie Andreas Cantzler, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hof auf Anfrage erklärte, hat Anton S. mittlerweile bundesweit rund 400 Menschen betrogen und ihnen dabei rund eine Million Euro aus den Taschen gezogen. Das Geld floss für via Internet angebotene Waren und Dienstleistungen, die es nie gab.

Darunter waren diese Betrugsmaschen:

Betrugsmasche MPU/Fahrerlaubnis „garantiert“: Den Opfern wurde wurde bei Zahlung von 500 Euro ein positives Gutachten aus der sogenannten Medizinisch-Psychologischen Untersuchung zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis versprochen.

Betrugsmasche „polnische Botschaft“: Die Opfer, alle aus dem Raum der ehemaligen Sowjetunion, glaubten, sie bekämen nach Zahlung von 3000 Euro einen Aufenthaltstitel für den Schengenraum.

Kreditangebote aus der Schweiz: Die Opfer zahlten Vorabgebühren und Provisionen für günstige Kredite.

Die Masche mit den Chanel- und Louis Vuitton-Handtaschen: Superteure Ware zu vermeintlichen Schnäppchenpreisen, angeboten via Internet-Auktionshaus, verlockte viele Opfer zur Vorkasse. Die Taschen konnten die Damen nie umhängen.

Die Betrugsgelder wurden über mehrere „Finanzagenten“ eingesammelt. Die Opfer überwiesen auf die Konten der Agenten. Die Agenten transferierten an Anton S. nach Sankt Petersburg weitergeschleust – und zwar per Bargeldtransaktion mittels Diensten wie Moneygram oder Western Union.

In Hof hatte Anton S. eine ganze Familie als Finanzagenten eingespannt, darunter zwei Brüder. Einer bekam im Februar eine Bewährungsstrafe, der andere drei Jahre Haft.

Der Bayreuther Finanzagent legte in seinem Prozess ein Geständnis ab: 46 Fälle gehen auf sein Konto,rund 55 000 Euro Provision hatte er kassiert. das Geld ist aufgebraucht, erklärte sein Verteidiger Helmut Mörtl: Sein Mandant habe seine Heroinsucht finanzieren müssen. Mörtl erklärte für seinen Mandanten auch dies: Nachdem der 42-Jährige schon bei der Kripo eine Beichte abgelegt hatte, sei ihm telefonisch und per Whatsapp aus Sankt Petersburg nahegelegt worden zu „schweigen“, ansonsten werde dies „Konsequenzen“ haben. Mörtl sagte: „Auf meinen Mandanten wurde enormer Druck ausgeübt“.

Die vom Schöffengericht verhängte zweijährige Strafe ist Ergebnis einer zulässigen Prozessabsprache.

Und Anton S.? Er sitzt nach wie vor in Sankt Petersburg. Bei der Staatsanwaltschaft Hof wird er als Beschuldigter geführt. Im Rahmen von Rechtshilfevereinbarungen mit Russland hat die Hofer Behörde nach den Worten ihres Sprechers Andreas Cantzler „Ergreifungsmaßnahmen“ eingeleitet, sprich: Für Anton S. gibt es einen Haftbefehl.

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