Der Schauspieler und TV-Moderator Ilja Richter hatte erst im Alter von 30 Jahren seine jüdischen Wurzeln freigelegt. In der Familie habe eine Sehnsucht nach Normalität und Anpassung geherrscht. Erst nach der Maueröffnung habe er mit seiner Mutter das Domizil seiner Großeltern in Berlin aufgesucht. Dort hatten die Nationalsozialisten die frisch operierte Großmutter an den Haaren die Haustreppe hinuntergezogen und auf einen Lastwagen geworfen.
Den eigenen Vater nicht gefragt
Die Betroffenen hätten nicht anders gekonnt als zu schweigen, zeigte die Autorin Verständnis. Sie hätten ihre Kinder schützen wollen und sich geschämt, überlebt zu haben, während viele Familienmitglieder und Freunde ermordet wurden. Lange Zeit sei in Deutschland „nichts aufgearbeitet“ worden, deshalb sei der Antisemitismus nach dem Krieg immer da gewesen, nun sei er wieder gesellschaftsfähig.
Ihr Vater sei Kriegsteilnehmer gewesen, sie habe ihn nicht befragt. „Das ist absurd. Ich frage die Nachfahren der Holocaustopfer, aber ich frage nicht den eigenen Vater.“
Während ihrer Interviews seien bei einigen der Befragten Tränen geflossen. Manche Gespräche hätten abgebrochen werden müssen, andere hätten zwei- bis dreimal stattgefunden. „Wenn man solche Interviews geführt hat, nimmt man das abends mit ins Bett“, beschrieb sie ihre Gefühle. „Es berührt mich immer noch, weil es so grausam war“, schilderte von Treuenfeld. Auch bei ihren Lesungen müsse sie bei manchen Passagen „tief durchatmen“.
Zu ihrem Motiv befragt, dieses Buch zu schreiben, sagte die Autorin, dieser Teil der Geschichte dürfe nicht in Vergessenheit geraten.
Info: Zur Lesung hatten das Evangelische Bildungswerk Bayreuth-Bad Berneck-Pegnitz und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Oberfranken eingeladen. Gekommen waren rund 70 Zuhörer, darunter 50 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Christian-Ernestinum in Bayreuth. Das Buch „Erben des Holocaust“, Gütersloher Verlagshaus, kostet 19,99 Euro, ISBN: 978-3-579-08670-5.