Die einsamen Toten von Bayreuth

Vielleicht wäre Dieter Seliger einer dieser anonymen Toten geworden. Doch Seele hatte Freunde. Zum Beispiel Christian Höreth. Oder Daniela Mahr. Mahr ist Physiotherapeutin und eine, die Dieter Seliger von der Spielvereinigung Bayreuth kannte. Am Sonntag vor einer Woche erfuhr sie vom Tod des 55-jährigen Bayreuther Originals. „Der Seele hat doch gar niemanden mehr gehabt“, sagt sie. Sie und eine Freundin besuchten Dieter Seliger ab und zu im Krankenhaus, brachten etwas zu Essen vorbei oder etwas zum Lesen. „Wir wollten etwas tun“, sagt sie.

Dieter Seliger hatte keine Angehörigen mehr. Seine Mutter ist vor Jahren gestorben, der Stiefvater ebenfalls. In solchen Fällen kümmert sich normalerweise das Ordnungsamt um die Verstorbenen und veranlasst die Bestattung. 2012 kam das in der Stadt Bayreuth elf Mal vor, im vergangenen Jahr 13 Mal. Die Pressestelle der Stadt schreibt dazu, dass je Bestattung etwa 2000 Euro anfallen. Das Ordnungsamt lässt den Verstorbenen einäschern und die Urne in der Urnensammelstelle, einer Wiese auf dem Südfriedhof mit Gedenkstein und einigen Bäumen, beisetzen. Eine Trauerfeier beauftragt das Amt nicht. Und das teilte die Stadt Daniela Mahr und ihrer Freundin mit, als die nachfragten, was mit „Seele“ passieren würde.

Daniela Mahr sagt: „Das wollten wir nicht.“ Und sie sagt, am Anfang sei von Kosten in Höhe von 1000 Euro die Rede gewesen, dann habe sich die Stadt zurückgezogen und plötzlich standen 3500 Euro im Raum. „Dann haben wir beschlossen, das müssen wir über den Christian machen“, sagt Daniela Mahr und meint Christian Höreth. Höreth, Mainwelle-Moderator und Marketingchef der Spielvereinigung, sagt: „Wir wollen eine anständige Beerdigung.“ Ein Urnengrab, 40 mal 40 Zentimeter. mit dem Namen des Verstorbenen. Höreth sagt, er wisse von vielen, die Geld geben wollen, am Wochenende wollte ihm der Fanclub Altstadtkult 300 Euro für die Bestattung in die Hand drücken. Deshalb gründete Christian Höreth ein Treuhandkonto. „Ich will, dass das sauber läuft.“ Stand Dienstagabend: 1262 Euro. Er sagt: „Ich wusste nicht, dass der „Seele“ keine Angehörigen und kein Geld hat.“ Die Kosten für die Bestattung sollen sich auf etwa 4500 Euro belaufen, schätzt Höreth.

Kosten, die normalerweise von Angehörigen und Erben getragen werden müssen oder auf Antrag vom Sozialhilfeträger. In Bayreuth kommt das etwa 40 bis 50 Mal im Jahr vor. Kostenpunkt für die Stadt 2013: 63 000 Euro. Obwohl das Amt die Kosten übernimmt, dürfen die Angehörigen mitbestimmen: beim Bestattungsort oder bei der Art der Bestattung. Etwa 2000 Euro zahlt das Sozialamt der Stadt Bayreuth für so eine Bestattung in einfacher Form. Der Sarg kostet dann beispielsweise 500 Euro, ohne Beschläge und Gravur. Sterbebilder gibt es keine, sagt Marcus Kurz aus dem Sozialamt der Stadt Bayreuth. Sonst hat der Angehörige die Wahl. Und dort, wo es keine Angehörigen mehr gibt, trifft die Stadt die Entscheidung. Auchbei Dieter Seliger. Das Ordnungsamt hatte die Einäscherung veranlasst, weil diese zeitnah erfolgen musste, schreibt die Pressestelle. Von der Trauerfeier erfuhr die Stadt aus dem Kurier.

Christian Höreth sagt: „Seele war ein guter Freund von mir.“ Dieter Seliger habe die Öffentlichkeit gesucht: bei Misswahlen, beim Klöße-Wettessen. „Er hat anderen Menschen geholfen, obwohl er selbst nicht viel hatte.“ Und jetzt will Höreth helfen. Mit einer anständigen Beerdigung. „Wir wollen nicht, dass der Seele anonym bestattet wird.“

Info: Spenden für die Beerdigung von DIeter Seliger sind noch bis Freitag auf das Treuhandkonto 5132320 bei der VR-Bank Bayreuth (BLZ 77390000) möglich.