Deutschlands Beste am Fels

Von Andrea Pauly

Sie hat Felsen bezwungen, die vor ihr noch nie eine Frau geklettert ist - und wenn doch, weiß niemand davon. Lena Herrmann, 22 Jahre alt, ist Deutsche Meisterin 2015 im Leadklettern und ist in diesem Jahr als erste Frau eine Route im Frankenjura mit dem Schwierigkeitsgrad 8c+ geklettert. Die Wahl-Bayreutherin erzählt im Interview, warum sie am liebsten in der Fränkischen Schweiz klettert.

 
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Welche Rolle hat Ihr Sport gespielt, als Sie sich für ein Studium in Bayreuth entschieden haben?

Lena Herrmann: Das hat eine tragende Rolle gespielt. Im Prinzip wusste ich: Ich will im Frankenjura wohnen. Da kamen nur die Unis in Erlangen, Bamberg oder Bayreuth in Frage. Ich habe schon ein halbes Jahr vorher in Franken gewohnt. Ich wusste, dass die Kletterhalle in Bayreuth gut ist und ich kannte schon Leute hier. Mein Trainer wohnt in der Gegend. Und als ich Zusagen aus Bayreuth und Bamberg bekam, war klar, dass es Bayreuth werden würde.

Was macht den Frankenjura so besonders für Sie?

Herrmann: Das ist einfach mein Lieblingsklettergebiet. Das Gestein liegt mir. Nirgendwo anders kann man unter der Woche mal eben drei Stunden an den Fels. Außerdem finde ich die Historie des Klettergebiets spannend. Da steckt ganz viel Geschichte des Klettersports drin, zum Beispiel durch Wolfgang Güllich. Es gab schon viele Athleten, die deshalb hergekommen sind. Außerdem habe ich mich hier immer wohlgefühlt, auch schon früher, wenn ich nur für den Urlaub da war. Alle Leute sind total nett, und man kann nach dem Klettern immer noch gut essen gehen, ohne dass es megateuer wird.

Was macht die Kletterfelsen in der Region aus sportlicher Sicht aus?

Herrmann: Der Stereotyp hier sind Ein- und Zweifingerlöcher, sowie eher kurze Boulderrouten. Man braucht spezielle Fingerkraft, was mir entgegen kommt. Die Kletterei differenziert stark von einigen Anforderungen, die in der Halle gefragt werden. Am Fels muss man kreativer sein und mehr nachdenken, um hartnäckige Stellen zu lösen. In anderen Felsgebieten findet man schneller die Lösungen, um die Route durchsteigen zu können. Jedenfalls ist das mein Empfinden.

Klettern in der Fränkischen Schweiz aus ungewöhnlichen Perspektiven: Hier geht's zum Video.

Wie sind Sie zum Klettern gekommen?

Herrmann: Durch meine Eltern. Ich komme aus Hildesheim, da gibt es auch ein paar Felsklettergebiete. Mein Papa ist übers Bergsteigen zum Felsenklettern gekommen. Meine Schwester und ich sind als Kinder oft mitgegangen und haben herumgespielt und irgendwann sind wir dann auch geklettert. Meine Schwester hat wieder aufgehört, aber mich hat es begeistert.

Wann ist Ihnen klargeworden, dass das Klettern mehr sein würde als ein Hobby?

Herrmann: Ich bin sehr oft klettern gegangen, einfach um zu klettern. Ich habe nie groß darüber nachgedacht. Dass der Sport mein Leben werden könnte, wurde mir klar, als ich ungefähr 14 Jahre alt war. Aber auch da habe ich gar nicht über eine Sportkarriere nachgedacht. Es ist mir einfach immer wichtiger geworden, ich wollte mich immer weiter verbessern. Erst seit 2012 trainiere ich systematisch.

In den vergangenen zwei Jahren hat das richtig gut funktioniert.

Herrmann: Ja, das stimmt. Ich bin Deutsche Meisterin 2015 im Klettern. Im Frankenjura bin ich als erste Frau weltweit die Route "Battle Cat" am Hängenden Stein geklettert. Und ich bin die erste deutsche Frau, die die Schwierigkeitsstufe 11-/11 oder 8c+ geklettert ist.

Zum Klettern draußen ist es bald zu nass. Wie sieht die Vorbereitung auf die nächste Saison aus?

Herrmann: Im Winter steht ein sehr strukturiertes Training auf dem Programm. Ich habe gerade die  Saisonpause von drei Wochen hinter mir, die ich wegen einer Knieverletzung vorgezogen hatte. Jetzt  geht es eine Zeitlang darum, wieder rein zu kommen, und dann folgen Muskelaufbau, Ausdauer, Fingerkraft. Es geht drei bis vier Monate nur um den Kraftzuwachs. Das ist meine größte Schwäche. Im Frühjahr gibt es dann Kraft-Ausdauer-Training, das ist dann schon zeitgleich mit der neuen Saison am Felsen. Für 2017 habe ich mir vorgenommen, mehr am Fels zu bouldern. Damit fange ich ab Januar schon an. Mit dem Seilklettern geht es Mitte oder Ende März wieder los.

Wie bringen Sie den Sport, ihr Trainung und die Wettkampfreisen mit dem Studium unter einen Hut?

Herrmann: Das ist nicht so leicht. Ich merke das extrem, gerade in der Wintertrainingszeit. Da mache ich fast täglich zwei Trainingseinheiten.

Haben Sie neben Klettern und Lernen überhaupt noch Zeit für andere Dinge?

Herrmann: Nicht sehr viel, ich würde schon gerne ein bisschen mehr mit meinen Freunden machen. Aber da sind die meisten auch Kletterer und man sieht sich dadurch schon. Deren Unterstützung gibt mir ganz viel Kraft.

Bouldern und Klettern

Im Klettersport unterscheiden die Sportler zwei Arten: Das Bouldern (engl. Boulder: Felsbrocken) ist das Klettern bis Abspringhöhe. Der Kletterer ist nicht gesichert, sondern legt eine dicke Matte als Fallschutz unter seine Route. Beim Bouldern definiert sich die Schwierigkeit nicht auf die Länge einer Route, sondern auf fünf bis sechs schwierige Bewegungszüge auf kleiner Fläche. Beim Seilklettern sind Kraft und Ausdauer gefragt: Die Kletterer sind durch Seile gesichert und klettern mindestens 15 bis 20 Meter hoch.

Die Fränkische Schweiz ist und bleibt ein Paradies für Kletterer. Gerade erst ist ein neuer Felsen für Kletterer erschlossen worden.

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