Nach Razzia in Anwaltskanzlei: Verteidiger spricht von Tabubruch – Staatsanwaltschaft Hof: Wir haben keine Kenntnis vom Akteninhalt Der Kopfschuss und die NKD-Akte

Von Manfred Scherer
Bei einer Razzia in der Kanzlei des Bayreuther Anwalts Volker Beermann sollen Kriminalbeamte die NKD-Prozessakte des Verteidigers mitgenommen haben. Dabei war ein ganz anderer Fall Grund für die Durchsuchung. Foto: red Foto: red

Was haben ein Kopfschuss in Cottbus und der NKD-Prozess miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Und doch gibt es eine Verbindung: Den Bayreuther Rechtsanwalt Volker Beermann.

 
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Es war ein Festnahmeversuch, der gründlich schief ging. Ein 37-jähriger Mann ringt in Cottbus nach einem Kopfschuss, den eine Kugel aus einer Polizeiwaffe verursachte, mit dem Tod. Jetzt hat die Cottbusser Oberstaatsanwältin Elvira Klein auf Anfrage bestätigt, dass der 37-jährige in demselben Betrugsverfahren beschuldigt wird wie der Bayreuther Rechtsanwalt Volker Beermann.

Gegen Beermann wird in Cottbus wegen Betrugsverdachts ermittelt. Der Anwalt erklärt, er sei bis Ende März geschäftsführender Gesellschafter eines Speditionsbüros gewesen. Im Zusammenhang mit Geschäften dieser Firma wurde der Anwalt von Gläubigern angezeigt.

Beermanns Kanzlei war am vergangenen Donnerstagmorgen im Auftrag der Cottbusser Ermittlungsbehörde durchsucht worden. Dabei sollen Kriminalbeamte aus Bayreuth, die für die Cottbusser Behörde Amtshilfe leisteten, Beermanns Verteidiger-Handakte für den seit Frühjahr in Hof laufenden NKD-Prozess mitgenommen haben. Oberstaatsanwältin Klein erklärte auf Anfrage, sie wolle zu der Beschlagnahme der Prozessakte Beermanns gegenüber der Presse keinen Kommentar abgeben.

Zu den Ermittlungen im Zusammenhang sagte die Cottbusser Oberstaatsanwältin, man stehe in der Sache erst am Anfang. Der 37-jährige Cottbusser, der in der Nacht zum vergangenen Freitag durch den Schuss aus einer Polizeiwaffe lebensgefährlich verletzt worden war, war laut Beermann einer seiner ehemaligen Mitarbeiter. Cottbusser Ermittler hatten die Wohnung des Mannes am Donnerstag durchsucht, den Verdächtigen aber nicht angetroffen. Die Umgebung seiner Wohnung wurde observiert. Als der 37-Jährige und seine Freundin sich in einem Auto der Wohnung näherten, wurden sie von Polizeibeamten erwartet. Nachdem in der Wohnung ein Sturmgewehr der Marke Kalaschnikow gefunden worden war, näherten sich Polizeibeamte mit gezogenen Dienstwaffen – dabei löste sich ein Schuss, der die Windschutzscheibe des Autos durchschlug und den 37-Jährigen traf. Die genauen Umstände der Schussabgabe sollen von Ermittlern des Brandenburger Landeskriminalamtes aufgeklärt werden.

In dem Cottbusser Verfahren geht es um den Vorwurf des Insolvenzbetrugs. Der Bayreuther Anwalt Beermann hatte das Speditionsbüro verkauft. Laut Beermann soll der 37-jährige, ehemalige Mitarbeiter zusammen mit dem neuen Firmeninhaber das Unternehmen „ausgeschlachtet“ haben und Gläubiger um ihr Geld betrogen haben. Dass er selbst in dem Fall beschuldigt wird, macht den Bayreuther Anwalt nicht nervös: „Ich bin überzeugt, dass ich aus der Sache unschuldig herauskomme.“

Am Donnerstagmorgen war ein bewaffnetes und mit Schutzwesten ausgerüstetes Polizeikommando bei Beermanns Kanzlei in Bayreuth vorgefahren. Bei der durch die Staatsanwaltschaft Cottbus beantragte Durchsuchung der Kanzlei sollten Unterlagen für die Betrugsermittlungen für den Fall des insolventen Speditionsbüros beschlagnahmt werden.

Bayreuther Kriminalbeamte, die im Weg der Amtshilfe bei der Durchsuchung teilnahmen, griffen sich aber wie berichtet, auch Beermanns Verteidiger-Handakte für den NKD-Prozess. Beermann ist Hauptverteidiger für den seit Frühjahr in Hof wegen schwerer Untreue vor Gericht stehenden ehemaligen NKD-Chef Michael Krause. Die Beschlagnahme seiner Akte bezeichnete Beermann als Tabubruch. Wie berichtet, wurde die zuständige Strafkammer am Dienstag darüber informiert. Beermann behauptet, in der Akte sei wichtiges und seinen Mandanten entlastendes Beweismaterial gewesen.

Der Hofer Oberstaatsanwalt Peter Glocker erklärte dazu auf Anfrage: Die Durchsuchung bei Anwalt Beermann sei, wie bereits mitgeteilt, „nicht im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hof erfolgt“. Es habe im NKD-Prozess keine Durchsuchung bei Beermann gegeben. Auch seien seitens der Staatsanwaltschaft Hof keine Unterlagen des Rechtsanwalts Beermann beschlagnahmt worden. Glocker erklärte weiter: „Es wird auch nochmals darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft Hof keine Kenntnisse vom Inhalt von bei Herrn Beermann sichergestellten oder beschlagnahmten Unterlagen hat.“ Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen bei Herrn Beermann seien durch die Staatsanwaltschaft Cottbus veranlasst worden. Auskünfte aus einem bei der Staatsanwaltschaft Cottbus anhängigen Verfahren könne die Staatsanwaltschaft Hof nicht erteilen.

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