In der Fastenzeit für andere da sein

Für viele Christen bedeutet die Fastenzeit Verzicht. Foto: epd Foto: red

Diese Woche endet die Fastenzeit. Nach sieben Wochen Verzicht ziehen Geistliche aus der Region ein Fazit. Heute erzählt Neuenmarkts Pfarrer Stefan Schleicher, warum er nur von Montag bis Freitag fastet.   

 
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Was bedeutet Fasten für Sie?

Stefan Schleicher: „Fasten bedeutet für mich, begrenzte Zeit auf Dinge zu verzichten, die ich nicht dringend brauche. Essen, Trinken, Zeitfresser. Es ist mit der Freude darüber verbunden, dass es mir gelingt und ich eine neue positive Erfahrung machen kann. Es ist durchaus eine Kraftanstrengung, aber eine, die sich lohnt. Dabei ist es wichtig, mich selbst zu kennen zu lernen, und zu erfahren, wozu ich fähig bin, aber auch, wo meine Grenzen sind. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, ist ein sehr schön. Dem geht aber der Mut voraus, etwas Neues auszuprobieren. Sehr gut gefällt mir auch oft das Motto „7 Wochen ohne“ der Evangelischen Kirche, bei dem es primär nicht um Verzicht geht, sondern um den Mut, etwas Positives zu tun.“

Was ist das Motto in diesem Jahr?

Schleicher: „Das Motto in diesem Jahr heißt „Zeig Dich, 7 Wochen ohne Kneifen“. Es macht Mut, zu sich selbst und den Dingen zu stehen, die einem wichtig sind. Es ist schön, seinen Alltag mal anders und bewusster wahrzunehmen und auch zu verändern, zu verbessern. Für mich ist die Zeit vor Ostern, aber auch vor Weihnachten eine besondere Zeit der Besinnung. Das tut mir gut. Es ist aber schade, dass viele damit nichts anfangen können. Es kann ihnen nicht früh genug Ostern oder Weihnachten werden, und dann beschweren sie sich, dass alles hektischer wird. Für diese Hektik sorgen wir aber selbst.“

Also ist das Fasten für Sie eher eine Zeit der Besinnung?

Schleicher: „Natürlich hat Fasten für mich als Pfarrer auch eine religiöse Dimension. Verzicht auf Essen und Trinken erleichtert unser Verständnis für die, die weniger haben und hungern müssen. Es hilft, diese vielen Menschen mehr in den Blick zu bekommen. Gottes Wille, dass alle bekommen, was sie brauchen, gilt nach wie vor. Wir dürfen die Armen nicht vergessen, nie. Im Gegenteil: Unsere Gesellschaft verliert an Qualität, je mehr sie auf Egoismus aufgebaut ist. Liebe ist das Gegenstück, das wir brauchen und wofür auch unser Glaube steht.“

Haben Sie dieses Jahr gefastet?

Schleicher: „Dieses Jahr versuche ich, bewusster für andere da zu sein. Ich verzichte auf Alkohol und Süßigkeiten mit Ausnahme von Samstag, Sonntag und Geburtstag. Diese Woche hat mich auch jemand während der Woche besucht, der Wein wollte. Da habe ich mitgetrunken. Es ist für mich also kein ehernes Gesetz.“

Welchen Nutzen sehen Sie im Fasten?

Schleicher: „Fasten ist für mich kein Verzicht auf etwas Gutes, im Gegenteil: Es tut mir gut, indem ich dem ‚inneren Schweinehund‘ auf die Pelle rücke, gemäß der Devise: Leben statt gelebt werden.“

Die Fragen stellte Christina Holzinger

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