Seit 25 Jahren beobachtet der Creußener Landwirt Manfred Stock für den Deutschen Wetterdienst seine Pflanzen Der etwas andere Blick für die Natur

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Seit 25 Jahren beobachtet der Landwirt Manfred Stock für den Deutschen Wetterdienst seine Pflanzen. Foto: Engelbrecht Foto: red

Landwirt Manfred Stock, 57, hat immer ein „Büchla“ auf seinem Bulldog dabei. „Ich hab mir schon immer Notizen gemacht“, erzählt er . Wann er was gesät hat, wie dick er gesät hat, was er gedüngt hat. Das kommt auch dem Deutschen Wetterdienst zugute.

 
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Und Manfred Stock beobachtet sehr genau. Seit 25 Jahren ist er phänologischer Beobachter für den Deutschen Wetterdienst. Phänologie? Ein Blick ins Internet hilft weiter: die Lehre der Erscheinungsformen. Zusammen mit seiner Frau Gisela beobachtet Wildpflanzen und -gehölze, Obst und landwirtschaftliche Kulturpflanzen. Dazu gehören Rüben, Dauergrünland, Hafer, Mais, Gerste, Raps, Roggen und Weizen.

In ein kleines Heft trägt das Ehepaar die Daten von Bestellung, Saat, Aufgehen, Rosettenbildung (beim Raps), Beginn des Schossens (Längenwachstum), der Knospenbildung, des Rispenschiebens (Hafer), der Blüte, Vollblüte, Milch-, Teig-, Gelb- und Vollreife, der Ernte, des Silage- und Heuschnitts ein. Einmal im Jahr wird das in einen Meldebogen übertragen und an den Wetterdienst geschickt. „Ab heuer müssen wir das online machen“, sagt Gisela Stock. Die 56-Jährige guckt auf das Obst und die Wildpflanzen. Etwas Außergewöhnliches ist die Aufgabe für die beiden nicht, sie gehört zu ihrem Alltag sowieso dazu. „Man sieht es einfach“, sagt Gisela Stock.

Das Ehepaar hat neben dem Milchviehbetrieb mit 40 Kühen noch rund 60 Hektar Fläche zu bewirtschaften. „Und dann ist da noch die Getreideschiene“, sagt Manfred Stock. Er lagert von allen möglichen Landwirten der Umgebung das spritzmittelfreie Getreide für die Buchauer Holzofenbäckerei ein.

Die phänologischen Beobachtungen hat er vom damaligen Lehrer Georg Wagner übernommen. Der war schon immer bei ihm vorbeigekommen und hatte sich nach verschiedenen Pflanzen erkundigt. Mit den Beobachtungen kann die Klimagunst bestimmter Gebiete beurteilt werden, erklärt er, wo eben was besser wächst. Sie geben aber auch Informationen zu Pflanzenschutzmaßnahmen und -krankheiten, zum Wasserbedarf, Hinweise für Pollenallergiker, für Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft, Stadt- und Landesplanung, Tourismus und Ökologie.

Hat er in den vergangenen 25 Jahren markante Veränderungen beobachtet? „Nein“, sagt Stock, „im Grunde wiederholt sich alles jedes Jahr.“ Wenn dann sind es nur minimale Verschiebungen. Wenn zum Beispiel der Winter warm war, gibt es mehr Unkraut und das Getreide kippt eher. Heuer ist zum Beispiel die Ernte früher als sonst, weil das Wetter früher gut war, so Stock. „Die Vegetationszeiten verändern sich manchmal, aber im nächsten Jahr kann es wieder andersrum sein“, ist die Feststellung der Stocks. Von Februar/März bis manchmal sogar November gehen die phänologischen Beobachtungen des Ehepaars. „Vergangenes Jahr hat die Eiche erst sehr spät ihre Blätter verloren“, erzählt Gisela Stock.

Sie schauen öfter auch in die alten Hefte, die sie sorgfältig in einem Karton aufbewahren. Neulich erst haben sie nachgelesen, wann vergangenes Jahr die Ernte begonnen hat. Das Ehepaar Stock hat einen anderen Blick für seine Umwelt, für die Natur. „Man ist aufmerksamer“, sagt Gisela Stock. „Und ich will es ja auch gescheit machen“, ergänzt ihr Mann lächelnd. Sie halten diese Beobachtungen für den Wetterdienst für sehr wichtig. „Es kann viel mehr nachvollzogen werden, was geschieht“, sind sie sich einig. Die phänologischen Beobachtungen gibt es schon lange, sagen sie. „Aber sie sind unbekannt bei den Menschen, geschehen eher im Verborgenen.“

Gestern wurde Manfred Stock im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums im Creußener Rathaus für seine lange ehrenamtliche Tätigkeit geehrt und erhielt von Dieter Buchwald vom Deutschen Wetterdienst Weihenstephan die Wetterdienstplakette.

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