Der Eishauswürfel ist der Star

Von Michael Weiser
Plastiken im Eishauswürfel: Der Kubus des Bamberger Architekten Christoph Gatz fasziniert die Besucher nicht weniger als die Keramiken von "Ker-a-mix". Foto: Harbach Foto: red

Premiere für Neudrossenfelds neues Juwel: Im Eishaus des Bräuwercks eröffnete der Verein Focus Europa erstmals eine Ausstellung. Unter dem Titel "Ker-a-mix" stellen fünf Keramikerinnen stellen ihre Werke im Informationsraum des Eishauses aus. Der Star aber - ist das Gebäude selbst.

 
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Dominant, modern, filigran: Der Kulturkubus in Neudrossenfeld überzeugt mehr als die erste Ausstellung, die er beherbergt

Man kann kaum genug bekommen von diesem Ausblick über die Rotmainauen, von diesem satten Grün, das von den Eisenstreben des Würfels gefasst ist wie ein Gemälde vom Rahmen. Schließlich fällt der Blick über den Hangabbruch hinunter auf ein Häuschen, das man kaum übersehen kann. Seine Fassade ist verziert, das Bild zeigt einen bunten Ballon, es hängt ein Korb daran, und daraus hervor lugt mit einem Fernrohr ein Ballonfahrer, der die Gesichtszüge von Jean Paul aufweist. Das Haus gehört der in der deutschen Kulturszene bestens bekannten Karla Fohrbeck, und das Wandbild hat Stefan Klenner-Otto gemalt. "Wir haben eigentlich mehr gequatscht als gearbeitet", sagt der Grafiker, mit Radfahrern und Wanderern, die wissen wollten, was der eigentlich zu bedeuten habe, dieser Ballonfahrer, der einerseits Gianozzo und andererseits ein gewisser Jean Paul sein soll.

Kunst und Kommunikation, die Kunst an sich also und die Kunst, Menschen zusammenzubringen: Was das betrifft, ist Neudrossenfeld insgesamt Erstaunliches gelungen. Indem es das Bräuwerckgelände saniert und architektonische Glanzpunkte gesetzt hat. Als Besucher wird man nicht müde, über den wiederhergestellten Brauereigasthof zu staunen, den Biergarten, den Hof, die Gartenanlagen, die da gerade entstehen, den spektakulären Ausblick, die moderne und erstaunlich stilsichere Verbindung von Stahl, Glas und Sandstein.

Staunen darf man auch über das Eishaus, diesen Kubus mit durchbrochenen Metalllamellen vor den Glaswänden: Ein Ort wie geschaffen eben für Kultur und Menschen, die zusammenkommen, um sich mit Kultur zu beschäftigen.

Wie geschaffen also auch für den Verein Focus Europa, der gestern dort erstmals eine Ausstellung eröffnet hat. Sie trägt - Wortspiel-Alarm - den Titel "Ker-a-mix" und präsentiert, nun ja, einen Mix von fünf Keramikerinnen: Angela Weigel, Serena Salino, Katja Schafarik, Gabriele Breuer und Karin Röser. Auch Fohrbeck und Klenner-Otto sind unter den Gästen, außerdem Mitglieder von Kunstvereinen, Mitglieder von Focus Europa, Kunstfreunde aus Neudrossenfeld.Sie beäugen die Vasen, Reliefs, Figure, die an den Wänden und in der Mitte des Raums verteilt stehen. Die Sachen sind bunt oder grau, groß oder klein, man liest Texte wie: "Inspiration für meine Arbeiten hole ich mir auf der Autobahn des Lebens."

Während man noch überlegt, ob sich die Künstlerin auf der Überhol- oder Standspur wähnt, fällt einem eine Plastik mit zwei weitgehend reduzierten Gestalten auf: Ein Mann, der sich abzuwenden scheint, ein Kind, das versucht, den Erwachsenen zu halten. Vor dem üppig grünen Naturgemälde jenseits der Glasfront wirken die beiden schlanken Gestalten auf einmal, als stünden sie mitten im prallen oberfränkischen Leben. Gabriele Breuer hat dieses vielleicht eindrucksvollste Werk der Ausstellung geschaffen.

Der Star aber bleibt das Ausstellungsgebäude. Hier, wo gerade die Keramiken stehen, wird ein Informationszentrum Platz finden, das über Themen wie Europa, Energie, Natur und Kultur, aber auch regionale Themen aufklärt. Mit seiner dominanten und doch filigranen Architektur stellt es den Verantwortlichen unüberhorbare Fragen: Wie erfülle ich die Versprechen, die dieser Bau gibt? "Schon schön, dass jetzt so etwas hier steht", sagt der künftige Bürgermeister Harald Hübner  (CSU), "aber man muss es jetzt auch mit Leben füllen." Auch der scheidende Bürgermeister Dieter Schaar (Freie Wähler) lobt den Bau, erinnert aber an lange Diskussionen darüber, wie man das Eishaus bespielen könne. Als europäischen Ort, als Zentrum eines Beziehungsgeflechts in der Nachbarschaft von Focus Europa - so könne man sich das vorstellen, meint er.

Von einem geplanten Projekt fürs Untergeschoss dagegen scheint sich Neudrossenfeld bereits verabschiedet zu haben: Aus dem "50. Breitengrad", einer Präsentation von 24 Orten am 50. Breitengrad rund um die Erde auf 24 Bildschirmen, scheint nichts zu werden. Ausstellungen könnte man in dem fensterlosen Raum zeigen. Doch um dort eine Klasse zu halten, die Besucher an die Hangkante lockt, braucht man wahrlich europäische Verbindungen.