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Der Duft der großen weiten Welt

Von Christina Holzinger
 Foto: red

Während früher Zuckerwatte und gebrannte Mandeln der jährliche Höhepunkt im Leben eines Kindes waren, wird heute immer weniger Geld auf dem Volksfest ausgegeben. Trotzdem kommen die Schausteller wieder nach Bayreuth. Denn Tradition verpflichtet.

 
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Noch laufen die Vorbereitungen auf dem Bayreuther Volksfestplatz: Die Schausteller bauen ihre Fahrgeschäfte und Buden auf, putzen diese gründlich und bereiten sich auf die ersten Besucher am Freitag vor. Einer von ihnen ist Andreas Müller, der seinen Süßwarenstand gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig leitet. Gemeinsam bauen sie die Eismaschinen auseinander, denn vor dem Bieranstich am Freitag soll alles sauber sein.

Das im Jahr 1899 gegründete Unternehmen „Eis Müller“ ist seit 1922 jährlich auf dem Bayreuther Volksfest zu finden. „Nur in einem Jahr waren wir nicht hier, weil das Volksfest 1945 kriegsbedingt ausfiel“, sagt Andreas Müller, der das Unternehmen in vierter Generation leitet. Nicht nur er, sondern auch sein Vater wurde in Bayreuth geboren und ging dort zur Schule. „Als Schausteller wird man da geboren, wo man eben ist und bei meinem Vater war das während des Feuerwerks im Wohnwagen auf dem Festplatz“, sagt Müller.

Seit einigen Jahren kann Müller jedoch beobachten, dass zwar viele Menschen das Volksfest besuchen, aber immer weniger Geld ausgeben. Der Grund für ihn: Gerade für Kinder und Jugendliche gibt es heute ein größeres Freizeitangebot, weshalb das Volksfest nur eine von vielen Möglichkeiten ist. „Jeder kleine Bub hat heute ein Handy, was natürlich auch einiges kostet – Geld, das ihm auf dem Volksfest fehlt“, sagt Müller. Dieser Negativtrend sei auch in anderen Betrieben wie etwa Metzgereien bemerkbar.

Verändertes Publikum

Anders sieht das Gudrun Sommerer, die Vorsitzende der Bayreuther Schausteller. „Aus meiner Sicht gab es in den vergangenen Jahren keinerlei Veränderungen“, sagt Sommerer. Grund für die fehlenden Besucher im vergangenen Jahr sei die Landesgartenschau gewesen. „Und wir hatten Pech mit dem Wetter.“

Nur wenige Meter von dem Süßwarenstand der Müller-Brüder entfernt steht die Bar von Ramona Distel. Sie ist seit drei Jahren fester Bestandteil des Volksfestes und erweist sich als krisensicher. Denn auf das veränderte Publikum hat sich die Besitzerin bereits eingestellt: Jedes Jahr bietet sie die aktuellen Party-Getränke wie „Hugo“, „Aperol“ oder „Dos Mas“ an. „Hier laufen die Geschäfte einfach gut“, sagt sie. Zusätzlich verkauft sie eine selbst gemachte Bowle, die „gerade bei gutem Wetter sehr gefragt ist“.

Im Gegensatz zu Distel hat Müller Angst um die Zukunft seines kleinen Standes. Immerhin verkauft er dort in der vierten Generation Süßwaren. „Und die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern“, sagt er. Bedingt durch eine schlechte wirtschaftliche Lage, würden die Leute zwar das Volksfest besuchen, denn „das ist ja kostenlos“, aber weniger Geld für Fahrgeschäfte und Süßwaren ausgeben.

"Vor 25 Jahren hatten wir nur Erdnüsse und Mandeln im Sortiment"

Und die Erwartungen der Bayreuther an ihr Volksfest seien groß. Immerhin sei das Volksfest ja keine Dorfkirchweih. „Vor 25 Jahren hatten wir nur Erdnüsse und Mandeln im Sortiment, heute habe ich allein acht Mandelsorten.“ Auch statt der früher üblichen drei Eissorten Vanille, Erdbeere und Schokolade bietet er nun sieben verschiedene Geschmacksrichtungen an.

Schaustellerbetriebe wie der von Andreas und Ludwig Müller leben von dem Familienzusammenhalt. „Unsere Eltern kannten sich schon und wir alle sind wie eine große Familie miteinander aufgewachsen“, sagt Sommerer. Und deshalb putzt Andreas Müller gemeinsam mit seinem Bruder den kleinen Süßwarenstand, bis jede Glühbirne und jede Glasscheibe glänzt.

Auch in diesem Jahr sollen die Herzen der Besucher höherschlagen, wenn sie in der Auslage gebrannte Nüsse und Kerne entdecken. Denn sie sollen nichts von der Krise der Schausteller wie Andreas Müller erfahren, die seit Jahren mit Smartphone und Co. konkurrieren müssen.  

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