Der Adler macht's noch einmal

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Das ist schon etwas Besonderes. Weil: Das gibt’s nur einmal in Oberfranken. Der Forstbetrieb Pegnitz hat auf seinem Gebiet das einzige Brutpaar von Fischadlern im Bezirk. Wo genau? Da hält sich Frank Pirner, Leiter des staatlichen Unternehmens, bedeckt: „Das soll und muss ein Geheimnis bleiben.“ Was ihn freut: Nicht nur der Fischadler brütet jetzt zum zweiten Mal hintereinander in der Region. Auch der Schwarzstorch ist wieder da. Das ist kein Geheimnis – der ist wie im Vorjahr im Veldensteiner Forst daheim. Auch das ist etwas Besonderes.

 
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Denn: So manche Vogelart war aus unserem Raum verschwunden und kehrt nun wieder zurück, sagt Pirner: „Das ist schon spannend, was da so alles wieder bei uns auftaucht.“ Warum? So eine echte Begründung kennt Pirner auch nicht. Was den Fischadler angeht: „Den hatte der Mensch fast ausgerottet, vor allem Teichwirten und Weiherbesitzern war er ein Dorn im Auge.“ Weil ein Fischadler nun einmal Fische verspeist.

Die Rückeroberung dauert halt

Und es dauere eben seine Zeit, bis eine Tierart dort wieder heimisch wird, wo sie einst vertrieben wurde. Der Fischadler brauche nun mal Wasserlandschaften. Die findet er vor allem im Osten Deutschlands, dort ist er inzwischen wieder stark vertreten. Ganz anders die Lage im Süden. In Österreich und in der Schweiz existiert kein einziges Brutpaar, gleiches gilt für den süddeutschen Raum. Nur in der benachbarten Oberpfalz finden sich laut Expertenanalyse noch weitere zehn erfolgreiche Brutpaare – neben dem in Oberfranken, für das die Pegnitzer zuständig sind.

Der Horst und das Geheimnis

„Deshalb ist der Schutz dieses Vorkommens von besonderer Bedeutung. Die Vögel sind sehr störungsanfällig. Der Horststandort soll darum ein Geheimnis bleiben“, so Frank Pirner. Und auch wenn Forstbetriebe seit der Forstreform vor einigen Jahren streng wirtschaftlich denken müssen: „In einer Horstschutzzone finden während der Balz, Brut- und Aufzuchtzeit auch keinerlei forstliche Arbeiten statt.“

Mit neuem Weibchen

Dort, wo er schon im Vorjahr „wohnte“, hat sich ein Adlermännchen, das ursprünglich aus einem Nest bei Eschenbach stammt, erneut angesiedelt. Allerdings mit einem neuen, nicht beringten Weibchen. Was ungewöhnlich ist: „Normalerweise bleiben Fischadlerpärchen länger zusammen.“ Über die Hintergründe könne man nur spekulieren. Wie dem auch sei: Das Adlerpaar hat zwei Junge großgezogen.

Der Ring muss sein

Natürlich wollen die Fachleute wissen, wie es mit der Familie weitergeht. Um die Vögel beringen zu dürfen, bedarf es jedoch einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung der Höheren Naturschutzbehörde. Und natürlich eines Experten, der die Beringung übernimmt. Den fand der Forstbetrieb in Daniel Schmidt-Rothmund vom Nabu-Vogelschutzzentrum in Mössingen, Er arbeitet seit Jahren eng mit den Bayerischen Staatsforsten zum Schutz der Fischadler zusammen und hat seit 1995 zusammen mit seinem Team schon über 12.000 junge Fischadler – vor allem im Osten Deutschlands – beringt.

Alles im Rucksack dabei

Am Horstbaum des Pegnitzer Forstbetriebs angekommen, zauberte er eine Waage, zwei Standardringe der Vogelwarte Radolfzell des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und zwei Kennringe mit dicken Nummern für die Erkennung lebender Vögel per Teleobjektiv aus 200 bis 300 Meter Entfernung aus seinem Rucksack, so Pirnjer. Und ergänzt: „Aber zunächst müssen die Jungvögel aus dem Nest und auf den Boden gebracht werden.“ Das war ein Job für Forstwirt Ralf Häfner. Er ist ausgebildeter Baumkletterer – und, ganz klar, schwindelfrei – und ließ sich von der fast 30 Meter hohen Kiefer, auf die er klettern musste, nicht beeindrucken.

In Zeltbahn 30 Meter nach unten

Oben angekommen steckte er die Jungvögel in einen Sack aus Zeltbahnstoff und ließ sie an einem langen Seil langsam nach unten. Unten wartete Schmidt-Rothmund, untersuchte, wog, vermaß und beringte die vier bis fünf Wochen alten Vögel – ein Männchen und ein Weibchen.

Junge stellen sich tot

Pirner: „Das geht recht einfach. Die Jungvögel bewegen sich kaum und stellen sich in der unbekannten Situation tot. Nur wer hinter den Vögeln sitzt, muss aufpassen. Wenn sie Kot absetzen, geht das blitzschnell. Wer nicht aufpasst, bekommt Bekanntschaft mit einer langen Spritzspur weißlicher Substanz.“ Danach wurden die Jungvögel wieder in ihr Nest gebracht. Während der Aktion waren immer wieder die Rufe der Altvögel zu hören, „die sich sicherlich Sorgen um ihren Nachwuchs gemacht haben“.

Nur zwei von drei Eiern ausgebrütet

Die Fachleute hoffen nun, dass der Adler-Nachwuchs wieder in Gestalt von Brutvögeln in die Region zurückkommt und die Population des Fischadlers stärkt. Wobei die Vögel wohl auch eine Art Selbstregulierungsmechanismus in sich tragen. Denn nur zwei von drei Eiern im Nest wurden ausgebrütet. Das kommt so selten nicht vor. Die Vögel scheinen also zu wissen, wie viele ihrer Art in einem bestimmten Gebiet überleben können.

Viele natürliche Feinde

Unabhängig davon, dass da auch natürliche Feinde sind. Denn Seeadler, Habichte, Bussarde und auch der Uhu rauben schon mal gerne ein Junges aus dem Horst. Um so wichtiger sei es, die Tiere zu schützen, sagt Pirner. Und verweist darauf, dass der Forstbetrieb auch an den Kammerweihern im Veldensteiner Forst einen künstlichen Horst errichtet habe – „aber der wurde bisher nicht angenommen“.

Jetzt denkt man über einen neuen Standort nach. Der muss passen: Hoch muss ein Baum sein, und vor allem eine gewisse Alleinstellung haben – „die Bäume in der Nachbarschaft müssen deutlich niedriger sein, da muss man oft auch auslichten“. Ob der Plan funktioniert, werde man sehen. Ziel ist es jedenfalls, noch mehr selten gewordene Vogelarten in heimischen Gefilden anzusiedeln.

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