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Bei der Bergwacht Pottenstein muss man sich aufeinander verlassen können Das Vertrauen steht im Mittelpunkt

Von Ralf Münch
Die Jugend der Bergwacht Pottenstein ist von Anfang an bei allem dabei. Das Foto zeigt (von links) den Ausbilder der Jugend, René Brendel, Jonas Schmidt, Tim Späth und Fabian Schmidt. Foto: Ralf Münch Foto: red

Die Pottensteiner wissen, in welcher herrlichen Landschaft, in welchem schönen Städtchen sie wohnen. Der Beweis dafür sind die vielen Urlauber, die jedes Jahr hierher kommen. Gründe dafür sind unter anderem die bizarren Felsformationen und die vielen Berge. Und genau auf einem der vielen Berge liegt hier der Mittelpunkt – mitten im Wald, mitten im Nirgendwo und gar nicht weit weg von der Pottensteiner Bergwacht in der Hauptstraße.

 
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René Brendel ist der Bereitschaftsleiter der Pottensteiner Bergwacht. Und er bringt es auf den Punkt, wo er den Mittelpunkt seiner Arbeit sieht: „Ich muss da gar nicht lange überlegen. Weil wir uns beim Führungskräfteseminar 2014 in Bad Tölz genau diese Frage gestellt haben. Wo eben der Kernpunkt bei uns liegt. Es ist die Kameradschaft. Das bedingungslose Vertrauen zueinander.“

Im ganzen Gelände wird gearbeitet

Und gerade bei der Bergwacht ist das extrem wichtig. Denn die Männer und Frauen werden hauptsächlich dann gerufen, wenn im unwegsamen Gelände gearbeitet werden muss. Wenn etwa Verletzte geborgen werden müssen in Gegenden, an denen der Rettungsdienst, die Feuerwehr oder das THW an ihre Grenzen stoßen. Und genau das bringt er den Jugendlichen bereits im Alter von zehn bis 15 Jahren bei.

Die Jugendbergwacht ist hier erst vor kurzem gegründet worden – 2012. Der Auslöser dafür, dass die Jugendarbeit überhaupt entstanden ist, war ein damals zehnjähriger Junge namens Tim Späth aus Leupoldstein: „Die hatten einen Tag der offenen Tür gemacht. Ich hab mir das angesehen und war sofort begeistert. Das hat genau das geboten, was ich will. Eben klettern. In der Natur sein. Sich in der freien Natur zu bewegen.“ Vor der Glotze zu sitzen und Videospiele zu spielen war für ihn noch nie ein Thema, und Pokémons mit dem Handy zu suchen, hält er für „völlig überflüssig“, wie er sagt. Nachdem er wegen einer Jugendgruppe angefragt hatte, machte man sich bei der Bergwacht Gedanken darüber, wie das ablaufen könnte.

Interesse auch bei den Älteren

Brendel war schließlich der, der sich dafür bereit erklärt hat. Und das mit Erfolg. „Wir haben inzwischen zwölf Jugendliche. Von der Jugend her sind wir damit an unserer Grenze.“ Über Interesse seitens der jungen Menschen darf man sich hier auf keinen Fall beschweren. Wohl aber über den Zuspruch der älteren Einsatzkräfte – da fehlt es. Brendel erzählt, dass man eben nicht soviel Nachwuchs bekommt wie etwa die Feuerwehr oder Schützenvereine. Die Pottensteiner Bergwacht hat 14 Einsatzkräfte, die zum Einsatz können und auch dürfen, sieben davon sind Einsatzleiter aus Pottenstein, Kühlenfels, Bayreuth und Ahorntal, die bei Vorfällen dann auch Koordinatoren zwischen Leitstelle, Polizei, dem Rettungsdienst, dem technischen Hilfswerk oder der Feuerwehr sind. Und das hat einen ganz besonderen Grund: „Später ist die Arbeit ein enormer Zeitaufwand. Man muss immer wieder jährlich weg, um zu zeigen, dass man es auch kann. Da geht es ums Klettern oder Ski fahren, Vollgas in Wetterkunde, Ausgraben von Lawinenverschütteten, Bergen und Abseilen von Verletzten aus unwegsamen Gebieten“, so der Bereitschaftsleiter.

Und genau wegen des Mangels an Erwachsenen, die schwer zu finden sind und diese ehrenamtliche Arbeit auch gelernt haben, ist es umso wichtiger, dass man erkannt hat, wie dringend die Jugend benötigt wird. Der Bergwacht geht es da nicht anders als Firmen, die sich ihre Zukunft sozusagen selber erschaffen. Für die Kinder ist es auch spannend, was sie dort machen können, was ihnen geboten wird. Man fährt mit den Kindern etwa nach Mehlmeisel zum Ski fahren, wo an der Skitechnik gefeilt wird. Dort erfolgt dann auch eine Einführung in die Pistenrettung mit dem Akja (ein Schlitten, auf dem Verletzte angeschnallt ins Tal gefahren werden).

Jugendtruppe auch im Hubschrauber

Die Jugendtruppe darf auch bei Hubschrauberübungen dabei sein. Wenn jemand über die Winde abgeseilt wird oder auch wenn geklettert wird. Dann hängen die Jugendlichen im wahrsten Sinne des Wortes „in den Seilen“.

Und wer hat schon einmal außerhalb eines teueren Erlebnisgutscheins die Möglichkeit, hinten auf einem Quad mit zu fahren. Auch das wird gemacht. Das hört sich jetzt alles mehr nach einem Ferienprogramm an, ist aber dennoch weit gefehlt. Die Arbeit wird den Kindern zwar spannend nähergebracht, und sie bekommen auch viele Sachen mit, die andere Kinder sonst nicht so wissen und gezeigt bekommen. Aber, so Brendel: „Das ist deswegen noch lange kein Kindergeburtstag. Es gibt immer mal wieder einen Sturz aufs Knie mit ein wenig Blut. Sie sollen ja auch wissen, dass man gerade hier sehr vorsichtig sein muss, dass man ganz genau aufpasst was man tut. Das ein Sturz kein Spaß ist.“ Die Bergwacht bildet die Jugend auch in anderen Bereichen aus. Bei Naturschutzexkursionen etwa soll die Flora und Fauna in einem Dienstgebiet bestimmt werden. Und es wird auch beigebracht, wie man sich mit Karte und Kompass orientiert – eine Sache, die kaum einer kann, der nicht bei der Bundeswehr gewesen war. Es wird auch Notfallmedizin in alpiner Gegend beigebracht. Zum Beispiel, wie Beine oder die Halswirbelsäule stabilisiert werden. Es sei ein „Spirit“, wie Brendel sagt, den die Kinder an den Tag legen. Den Spaß, das Interesse und das Wissen um die Wichtigkeit der Tätigkeit.

Viel Spaß beim Klettern

Einer, der diesen „Spirit“ auch hat, ist der 13 Jahre alte Fabian Schmidt. Er geht in die achte Klasse der Christian-Sammet-Schule in Pegnitz. „Ich finde das hier klasse. Eigentlich ist es ein Hobby, bei dessen Ausübung man ständig draußen ist. Man kommt an Orte, die man sonst nicht erreicht, und man sieht Sachen, die man sonst so nicht zu sehen bekommt. Das Klettern mit der Bergwacht macht viel Spaß“, sagt er.

Und mit diesem Elan hat er auch seinen Bruder Jonas angesteckt, der in die zehnte Klasse der Realschule geht. „Mein Bruder war hier und hat mir ganz begeistert davon erzählt. Er hat auch ein Referat über die Bergwacht in der Schule gehalten. Ich bin dann mal im Januar 2015 mit gegangen, und es hat mir sofort Spaß gemacht. Mal ganz davon abgesehen, dass es spannend ist: Es fördert die Teamgemeinschaft. Man begreift, dass man nur im Team arbeiten kann. Und man baut auch Vertrauen zu anderen Menschen auf.“

Jährliche Tests

Sobald man 16 Jahre alt ist und die Eignungstests bestanden hat, kann man als Einsatzkraft eingesetzt werden. Jährlich muss man dann bei Tests zeigen, ob man immer noch aktiv eingesetzt werden kann.

Daten aus Pottenstein: Einwohner Stadt: 1408; Einwohner Gemeinde: 5531 (beides Stand 31.12.2015); Fläche der Gemeinde 7355 Hektar; höchster Punkt der Gemeinde: Hohenmirsberger Platte (614 Meter über Normalnull); tiefster Punkt der Gemeinde der Ortsteil Tüchersfeld (368 Meter über Normalnull); tiefster Punkt Stadt Pottenstein die Teufelshöhle (400 Meter über Normalnull); Anzahl Ortsteile: 34.  Am kommenden Dienstag steht Schnabelwaid im Mittelpunkt.

Lesen Sie hierzu auch folgende Texte:

Teil 1: Immer auf der Suche nach der Mitte

Teil 2, Bindlach: Begegnung am Maisacker

Teil 4, Der Mittelpunkt Bad Bernecks

Emtmannsberg

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