Stadthalle, Wohnungen, Bahn und solide Finanzen Das hat Merk-Erbe mit Bayreuth vor

Von Frank Schmälzle
Bayreuth ist in der Spur, sagt Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Vier Jahre lang hat sie die Weichen gestellt. Jetzt will sie die Erfolge einfahren. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Keine hochfliegenden Pläne, keine Luftschlösser: Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe macht Realpolitik. In den nächsten vier Jahren will sie abarbeiten, was der Stadtrat beschlossen hat und was Bayreuth voranbringen soll. Den Umbau der Stadthalle. Eine bessere Bahnanbindung. Ein neues Stadtarchiv. Bezahlbaren Wohnraum. Und weiter Schulden abbauen. Das sagt Merk-Erbe bei ihrer Zwischenbilanz zur Hälfte ihrer Amtszeit. Und sie spricht auch über ihr angespanntes Verhältnis zu Teilen des Stadtrats.

 
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Finanzen: Zurzeit wird im Rathaus gerechnet. Ist es klug, ein frei werdendes Darlehen über 2,8 Millionen Euro zu tilgen? Oder ist es besser, das Darlehen zu günstigen Zinsen zu verlängern, um die anstehenden Investitionen etwa für die Stadthalle mit zu finanzieren? Merk-Erbe legt sich nicht fest: „Das wird zu entscheiden sein.“ Im vergangenen Jahr hatte die Stadt außerplanmäßig ihre Schulden um vier Millionen Euro gesenkt. Mehrfach sagt Merk-Erbe: Ende 2015 hatte die Stadt 116,5 Millionen Euro Schulden. Der niedrigste Stand seit 2013. Was sie nicht sagt: Das wird sich mit der 55-Millionen-Investition in die Stadthalle ändern. An den abgesenkten Sätzen für Grund- und Gewerbesteuern will die Oberbürgermeisterin trotzdem festhalten. Auch wenn die Regierung von Oberfranken diesen Schritt kritisiert hatte und der Stadt für 2017 ein Haushaltskonsolidierungskonzept aufgetragen hat. „Wir werden versuchen, auch mit den abgesenkten Steuersätzen einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.“ Was ihr ein Argument gegenüber der Regierung liefern soll: Die Verwaltung stellt sich gerade neu auf. Die Schlossgalerie, die die Stadt gekauft hat, eröffne nicht nur die Möglichkeit, ein Bürgerrathaus einzurichten. Zeitgleich optimiere die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Projektgruppe für Prozessinnovation ihre Abläufe. Das soll Geld sparen. Und genau das entspricht den Anforderungen der Regierung.

Stadthalle: Wie beim Schuldenabbau bleibt die Oberbürgermeisterin auch hier im Ungefähren. Die Gespräche mit Zuschusgebern laufen, sagt sie. Ergebnisse hat sie noch nicht. Aber: „Es ist unvorstellbar, dass keine relevanten Mittel nach Bayreuth fließen.“ Was für eine Logik wäre es, wenn nur Städte mit festen Ensembles bei Theatersanierungen Zuschüsse bekämen? Was für einen Sinn ergäbe es, nur denen Geld für Bauprojekte zu geben, die schon zuvor und seit langem Defizite aus dem Konzert- und Theaterbetrieb einfahren? Jeder Zuschusseuro sei wichtig, sagt Merk-Erbe. Weil sich mit jedem Zuschuss die Last der Stadt verringere. Nicht nur an die Bayerische Staatsregierung richtet die Oberbürgermeisterin ihren Vernunftsappell. An die Adresse des Stadtrates sagt sie: „Nach der Sommerpause geht es los. Wir können den Zeitplan nur einhalten, wenn es keine Grundsatzdebatten mehr gibt.“ Damit die Kosten für die Stadthalle im 55-Millionen-Rahmen bleiben, will die Oberbürgermeisterin einen unabhängigen Finanzkontrolleur einsetzen. Am liebsten vom Kommunalen Prüfungsverband.

Inzwischen hat die Verwaltung drei mögliche Ersatzspielstätten für die Stadthalle im Blick. Welche? Das sagt die Oberbürgermeisterin nicht. Das soll zuerst in den Stadtrat. Aber sie baut vor: „Eine Ersatzspielstätte, die alles kann, was unsere Stadthalle kann, wird es nicht geben. Wir müssen Kompromisse machen.“ Die Kulturschaffenden fordert Merk-Erbe auf Kreativität zu entwickeln und sich an der Suche nach Ersatzspielstätten zu beteiligen. Dass der jüngste Bürgerentscheid, der die für eine Gültigkeit notwendige Stimmenzahl verpasst hatte, nichts an dem Grundsatzbeschluss des Stadtrates zur großen Umbaulösung geändert hatte, wertet Merk-Erbe auch als persönlichen Erfolg. „Ich sehe meine Position bestätigt - und daran ändert auch die geringe Wahlbeteiligung nichts.“ Die Außendarstellung des Stadtrates, die Angriffe um des Angriffs Willen und die persönlichen Profilierungsversuche hätten „sicher nicht zu einer höheren Wahlbeteiligung beigetragen.“

Stadtarchiv: Bei der Stadthalle sieht sie sich bestätigt, bei der per Bürgerentscheid beschlossenen Sanierung der Graserschule ebenfalls. Jetzt will Merk-Erbe das Stadtarchiv anpacken. Aus dem Bürgerspital muss das Stadtarchiv raus, der Alte Stadtbauhof am Hohenzollernring ist als neuer Ort im Gespräch. Der ehemalige Bauhof muss saniert werden, doch das ist für Merk-Erbe kein unüberwindliches Hindernis. „Man kann das anders sehen, als ich es tue. Aber mir hat noch niemand eine Alternative genannt, die in einem überschaubaren Zeitraum zur Verfügung stünde.“ Schon gar keine Alternative, die es ermögliche, in der Nähe des neu gestalteten Richard-Wagner-Museums die Nachlässe der Familienstämme Wagner zusammenzuführen. Und: Der Alte Stadtbauhof muss mit oder ohne Stadtarchiv saniert werden.

Bahnanbindung: Dranbleiben, sagt die Oberbürgermeisterin. Dass es die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale trotz großer Widerstände und trotz konkurrierender Projekte wieder in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans geschafft hat, sei ein großer Erfolg. „Wenn alles gut geht werden in den nächsten Jahren 1,2 Milliarden Euro investiert.“

Bezahlbarer Wohnraum: Es ist nicht nur das neue Wohngebiet in der ehemaligen Herzogmühle, das den Bayreuther Wohnungsmarkt entspannen soll. Dort soll noch in diesem Jahr gebaut werden. Die Oberbürgermeisterin rechnet auch mit neuen Wohnanlagen am Glockengut und an der Scheffelstraße/Mühlgraben, die jeweils etwa 150 Wohnungen umfassen sollen, mit spürbaren Verbesserungen auf dem Wohnungsmarkt. „Wir schaffen im Rathaus gerade die planungsrechtlichen Grundlagen für insgesamt mehr als 400 neue Wohnungen.“ Apropos Wohnen: Von dem Projekt eines Mehrgenerationendorfs, das sie im vergangenen Jahr angekündigt hatte, will sich die Oberbürgermeisterin zwar nicht distanzieren. Aber sie sagt: „Wenn es finanziell darstellbar ist, wenn ein Ort und ein Investor gefunden sind, kann es weitergehen.“ Die Untere Rotmainaue war als ein solcher Ort vorgesehen. Aber dort entsteht jetzt eine Wohnsiedlung. Und zu ihrem zweiten Wunsch-Projekt sagt Merk-Erbe: Vor dem Jahr 2019 wird es nichts werden mit einem teilweisen Rückbau der Mainüberdachung und einem neu gestalteten Annecyplatz. „Wir müssen Prioritäten setzen und schrittweise vorgehen.“ Oberste Priorität hat die Stadthalle.

Und dann noch etwas Persönliches: Sie spricht von Angriffen um des Angriffs willen. Von persönlichen Profilierungsversuchen. Davon, dass mancher im Stadtrat eine Schlagzeile erhaschen wolle. Und davon, dass Erfolg in der Kommunalpolitik auch von einem "in der Mehrheit konsensfähigen und konsenswilligen Stadtrat abhängt". Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe verbindet mit Teilen des Stadtrates, konkret mit der SPD, der FDP/DU und dem Jungen Bayreuth, ein angepanntes Verhältnis. Ob ihr ihre Aufgabe trotzdem noch Freude macht? "Ja. Ich ziehe viel Kraft aus den Begegnungen mit den Bürgern. Das hilft weiter. Mit unsachlicher Kritik kann ich schlecht umgehen. Und bei einzelnen Stadträten vermisse ich die Sachlichkeit."

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