30 Jahre nach Beginn des finanziellen Fiaskos Freizeitpark Waischenfeld soll das Land die Restschulden begleichen Das Ende eines Trauerspiels

Von Thorsten Gütling

30 Jahre nach der ersten Planung für einen Wasserfreizeitpark im Waischenfelder Mönchsgrund könnte das teure, aber nie realisierte Mammutprojekt für die Stadt doch noch ein versöhnliches Ende nehmen. Das bayerische Finanzministerium berät im Juli darüber, ob es der Stadt mit Mitteln aus dem Topf zur Stabilisierungshilfe aus der Patsche hilft. Waischenfeld braucht 770.000 Euro.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Stadt Waischenfeld hat insgesamt 6,7 Millionen Euro Schulden. „Alles bis auf 770.000 Euro bekommen wir aber in den Griff", ist sich Waischenfelds Bürgermeister Edmund Pirkelmann sicher und zählt auf die überdurchschnittlich hohen Grund- und Gewerbesteuersätze der Stadt. Aber jene 770.000 Euro hängen der 3000-Einwohner-Stadt seit der missglückten Planung eines Wasserfreizeitparks wie ein Klotz am Bein. Und der Klotz wird eher schwerer als leichter. Die wenigen Grundstücke, die noch verkauft werden, dienen lediglich der Tilgung von Zins und Zinseszins, klagt Pirkelmann. Aus 770.000 Euro könnte demnach schnell wieder ein Millionenbetrag werden – soweit war die Stadt schon einmal.

Pirkelmann bittet daher an höherer Stelle um Hilfe. In München habe der Referatsleiter des Finanzministeriums, Bernd Schöne, der Stadt am Mittwoch geordnete Finanzen und das Abschöpfen aller Einnahmemöglichkeiten bescheinigt - Grundvoraussetzung um überhaupt auf Hilfe hoffen zu können. Im Juli wird sich darum ein Ausschuss damit beschäftigen, ob und wie das Land der Stadt helfen kann. In einem Topf zur Stabilisierungshilfe stehen für solche und ähnliche Fälle 100 Millionen Euro bereit. Entscheidend wird sein, wie vielen Kommunen es noch schlechter geht als Waischenfeld. Das Sparpotenzial habe Waischenfeld jedenfalls voll ausgeschöpft, sagt Pirkelmann. Nachts werde auf den Straßen das Licht abgestellt, die Feuerwehr zahle ihren Strom längst selbst und die Vereinsförderung wurde vor Jahren eingestellt. Denkbar wäre, dass das Land der Stadt in Form eines zinslosen Darlehens oder in Form von direkten Zahlungen unter die Arme greift.

Doch wie konnte es kommen, dass die Stadt vor nunmehr 30 Jahren unverschuldet in Not geriet, wie Pirkelmann nicht müde wird zu betonen? Rückblick: Wir schreiben das Jahr 1982, als das Unheil seinen Lauf nimmt. Waischenfelds Bürgermeister Hans Schwesinger ist Feuer und Flamme für ein Großprojekt, das den bekannten Center Parks in den Niederlanden ähneln soll. Auf einer Fläche von insgesamt 20 Hektar sollen ein Wasserfreizeitpark und 400 Ferienwohnungen entstehen. Zwei Investoren soll es geben und eine Berliner Bank bewilligt, offenbar ohne Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten, einen großzügigen Kreditrahmen.

Niemand will Risiko tragen

Doch zum Bau von Wasserpark und Ferienhäusern kommt es nie. Denn als es ernst wird, will kein Investor mehr das Risiko tragen, das ein auf 140 Millionen Mark dotiertes Projekt im ländlichen Raum birgt. Und als die Stadt sich das eingesteht, hat das ehemals größte deutsche Bauunternehmen Holzmann das Grundstück bereits erschlossen und erste Straßen gebaut: 4,8 Millionen Mark teuer, finanziert durch die Berliner Bank. Weitere 900 000 Mark steuert die Stadt Waischenfeld zu, als Entschädigung für den Kanalbau. Immerhin kann sie dafür, wenn alles verkauft ist, Wasserbescheide in Höhe von insgesamt 5 Millionen Mark erlassen. „Es wäre ein Reibach gewesen, wenn das gelaufen wäre", sagt Pirkelmann heute.

Wie sich 1992 herausstellt, hat die Bank das Projekt nur finanziert, weil Schwesinger ohne Erlaubnis des Stadtrats eine Bürgschaft unterschrieben hatte. Zu diesem Zeitpunkt sind die Außenstände samt Zinsen bereits von 4,8 Millionen auf 6 Millionen angewachsen. Einen Prozess um die Frage, wer dafür haften muss, verliert die Stadt vor dem Oberlandesgericht Bamberg. Auf Unterschrift eines Bürgermeisters und das Siegel der Stadt müsse sich ein Unternehmen verlassen können, heißt es zur Begründung.

Doch es kommt zum Vergleich zwischen dem Bauriesen und der kleinen Stadt an der Wiesent. Zu den bereits für die Kanalerschließung geleisteten 900 000 Mark zahlt Waischenfeld noch einmal 1 Million. Damit ist die Forderung von 6 Millionen zwar aus der Welt, der Stadt gehört aber immer noch kein einziges Grundstück auf dem Mönchsgrund. Eigentümer einer 15 Hektar großen Teilfläche ist eine Schweizer Briefkastenfirma, die restlichen 5 Hektar gehören einer GmbH. Noch einmal 1,1 Millionen Mark kostet schließlich die Ersteigerung der Grundstücke. Quasi über Nacht macht die Stadt drei Millionen Mark Schulden. Nur mit Mühe und dem Verkauf einiger Grundstücke konnte der Schuldenberg seitdem auf heute 770 000 Euro abgebaut werden. Doch dabei bleibt es seit Jahren, weil der Verkauf von Wohnplätzen stagniert. Pirkelmann hofft nun, dass ihm das Finanzministerium dabei hilft, das Trauerspiel, wie er es nennt, ein für alle Mal zu beenden.

Bilder