"Danke, Janek, dass du da warst"

Von Heike Hampl
Rolf und Hildegard Frederking mit einem Foto ihres Enkels Janek. Der Zehnjährige starb nach einem schweren Verkehrsunfall im vergangenen Oktober. Foto: red

Der zehnjährige Janek musste sterben, bevor für die Sicherheit an der Bushaltestelle B2/Gesees etwas getan wurde. Noch in diesem Jahr kommt eine Fußgängerampel. Janeks Großeltern tröstet der Zusammenhalt, den sie nach dem Unfall spürten. Den Kampf für mehr Sicherheit haben sie zusammen mit den Bad Berneckern gewonnen. Was jetzt bleibt, ist der Kampf gegen die Trauer. Und gegen die Wut auf Behörden, die erst so spät reagiert haben. Zu spät für Janek.

 
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"Er war ein Lausbub." Als Rolf Frederking diesen Satz sagt, blickt er auf ein Kalenderfoto seines Enkels Janek. Janek grinst frech auf dem Foto, sein langes blondes Haar fällt ihm ins Gesicht. Janeks Mutter hat den Kalender nach dem Tod ihres Sohnes gebastelt. Voller Fotos und Erinnerungen an den Zehnjährigen. Der Kalender soll die Familie durch das erste Jahr ohne Janek bringen.

Im vergangenen Oktober wollte Janek die Straße überqueren, um zum Schulbus zu kommen. Doch er wurde von einem Auto erfasst und auf die Fahrbahn geschleudert. Janek starb nach wenigen Tagen im Krankenhaus. Er hatte schwere Kopfverletzungen erlitten, hatte keine Überlebenschance.

Der Kampf gegen die Trauer bleibt

Am Donnerstagabend hat der Stadtrat entschieden: Die Bushaltestelle wird umgebaut. Das ist das Ende eines Kampfes, den Janeks Familie und mit ihnen die Bad Bernecker gekämpft haben. Das Ende eines Kampfes für mehr Sicherheit.

Was jetzt noch bleibt, ist der Kampf gegen die Trauer. „Irgendwann habe ich aufgehört, zu heulen", sagt Janeks Großvater. „Ich habe angefangen, jeden Tag zu sagen: Danke, Janek. Danke, dass du da warst. Auch wenn es viel zu kurz war." Es ist still, sehr still im Wohnzimmer, nachdem Rolf Frederking diese Worte ausgesprochen hat.

Janeks Tod hat viel verändert. Janeks Oma nimmt jetzt jedes Kreuz am Straßenrand wahr, sie kann alle in der Umgebung aufzählen. Sein Großvater liest viel über den Tod, über die Seele und was mit ihr geschieht, wenn der Körper stirbt. Janeks Mitschüler standen lange unter Schock. In einem Brief schreibt eine Freundin von Janek: „Für mich sind nach dem Unfall alle Autos und alle Straßen Monster, die einen töten."

Janek liebte die Natur, wollte Tierschützer werden

Im Wintergarten von Rolf und Hildegard Frederking liegen Spielsachen, Stifte und Bücher. Janeks kleine Brüder spielen hier oft. Mit ihnen hat Janek gerne Zeit verbracht, wenn er nicht gerade draußen unterwegs war. Janeks großes Hobby war die Natur. „Das Wasser hat ihn fasziniert, stundenlang hat er an Bächen, Seen und Flüssen gespielt und die Natur beobachtet", sagt der Großvater. Aber natürlich hat Janek wie die meisten Jungs in seinem Alter auch gerne mit Spielekonsolen gespielt. „Das fanden wir Großeltern dann wieder nicht so gut", sagt Hildegard Frederking und lächelt. Aus ihren blauen Augen kullert eine Träne. Kurz bevor er starb, trat Janek einem Tierschutzverein bei. Jeden Monat zahlt seine Familie dem Verein einen Beitrag – für Janek.

Janeks Großeltern reden gerne über ihren Enkel. Das tut ihnen gut. Nach dem tragischen Unfall sind viele Menschen auf sie zugekommen, wollten reden oder sie einfach in den Arm nehmen. „Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Herzlichkeit und Solidarität gespürt. Das hat mir viel Trost gespendet", sagt Hildegard Frederking. Ihr Mann ist anders mit seiner Trauer umgegangen: Er ging von Haus zu Haus, sammelte Unterschriften. Dafür, dass die Bushaltestelle sicherer wird. Für eine Ampel, für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Zusammen mit anderen Eltern hat er mehr als 3000 zusammen bekommen. 3000 Stimmen, die zusammen laut genug waren, um die Behörden davon zu überzeugen, dass sich an der B2 etwas ändern muss. „Ich finde so stark, was bewirkt wurde. Damit hätten wir nicht gerechnet", sagt Hildegard Frederking.

Ein schwacher Trost

Ein kleiner Junge musste sterben für eine Geschwindigkeitsbegrenzung und eine Ampel. Ein unfassbar hoher Preis, das sagt jeder Bad Bernecker, mit dem man darüber spricht. Schon lange war die Bushaltestelle als gefährlich bekannt. „Viele wissen von Leuten, denen dort schon etwas passiert ist", sagt Janeks Großmutter. Es hat zu lang gedauert, bis die Sicherheit erhöht wurde. Jetzt bleibt der schwache Trost, dass Janeks Tod etwas bewirkt hat. Eine Mutter sagte vor einiger Zeit zu Janeks Oma: „Janek ist ein Held. Für ihn müsste ein großes Denkmal aufgestellt werden."

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