CSU will Merkel unter Druck setzen

Der Münchner CSU-Parteitag wird in gespannter Atmosphäre über die Bühne gehen: Sicherheitsvorkehrungen verschärft, Verhältnis zu Kanzlerin Merkel gestört, Beziehungen zwischen Parteichef und Nachfolgeaspirant zerrüttet.

 
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 Der CSU stehen schwierige Stunden bevor - beim alljährlichen großen Parteitag an diesem Wochenende in der Münchner Messe. Denn anstelle des gewohnten Fests der Einigkeit dürfen sich die rund 1000 Delegierten in diesem Jahr auf ein in jeder Hinsicht gespanntes Treffen einstellen: dominiert von den Terrordiskussionen nach den Pariser Anschlägen, den Auseinandersetzungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) um die Flüchtlingspolitik - und einer rüden Attacke von Parteichef Horst Seehofer auf seinen Finanzminister Markus Söder, die bei CSU-Politikern Kopfschütteln auslöst.

Dramaturgie

Die Dramaturgie in den sterilen Messehallen am Münchner Stadtrand ist einfach: Am ersten Tag des Treffens wird die CSU Merkel mit einem Leitantrag konfrontieren, in dem Seehofer und Kollegen eine feste Obergrenze für die Aufnahme neuer Flüchtlinge im Jahr 2016 fordern.

Das ist genau das, wogegen sich Merkel bislang mit Händen und Füßen sträubt. Dementsprechend werden die Delegierten die Antwort der Kanzlerin gespannt erwarten. Seehofer hat die Devise ausgegeben, Merkel freundlich zu empfangen. «Die CSU wird ein guter Gastgeber sein», sagt Generalsekretär Andreas Scheuer. Die CSU wolle «gemeinsam mit der CDU diese Megaherausforderung meistern».

Friedensorder

Doch ist fraglich, ob alle Teilnehmer dem Wunsch Seehofers folgen werden. An der CSU-Basis gibt es nach wie vor großen Ärger über die Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen - ein Ärger, der in den vergangenen Wochen auch von Seehofer angeheizt wurde, bevor er die aktuell gültige Friedensorder ausgab. «900 oder 1000 Delegierte im Zaum zu halten, ist nicht einfach», meint ein Kabinettsmitglied. Schlimmstenfalls seien Pfiffe für Merkel denkbar.

Allerdings haben weder Seehofer noch Merkel Interesse an einem Disput auf offener Bühne. Die Klugheit werde siegen, scherzt ein CSU-Politiker. Generalsekretär Scheuer jedenfalls wählt vor dem Parteitag deeskalierende Worte: «Die CSU hat schon jetzt viel erreicht. Wir setzen weiter auf die Kraft unserer Argumente zur Begrenzung des Zustroms nach Deutschland.»

Spannungen

Zu den Spannungen mit Merkel kommt nun ein CSU-interner Kriegsschauplatz hinzu. Finanzminister Markus Söder hat Bayerns Regierungschef Seehofer in den vergangenen Wochen so geärgert, dass der Parteichef diesen in seiner Ingolstädter Heimatzeitung «Donaukurier» öffentlich abkanzelte. Söder hatte nach den Terroranschlägen in Paris am Wochenende einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik verlangt.

Seehofers Kritik läuft auf eine Schmähung von Söders Charakter hinaus: «Nach solchen Anschlägen wie in Paris verbietet es sich, persönliche und parteipolitische Motive in den Vordergrund zu stellen.» Soll heißen: Dem an Seehofers Nachfolge brennend interessierten Söder ging es nach Einschätzung des Chefs nicht um die Sache, sondern um die Karriere.

Söder

Zwar glauben nicht wenige CSU-Abgeordnete, dass Söder der Aufstieg an die Spitze wichtiger sei als die Inhalte. Aber Seehofers Vorgehen halten mehrere Mitglieder der Parteispitze für unangemessen: «Erstens denken viele, völlig unrecht hat der Söder nicht. Und zweitens kann man innerparteilich so nicht miteinander umgehen», sagt ein CSU-Landespolitiker. «Manche fahren mit einem unguten Gefühl zum Parteitag. Man spürt, das ist nicht gut für unsere Partei.» Ein prominenter Bundestagsabgeordneter spricht von «unnötigen Hahnenkämpfen».

Offene Kritik an Seehofer kommt vom Hofer Landtagsabgeordneten Alexander König: «Markus Söder spricht aus, was die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und der CSU-Abgeordneten denkt», verteidigte der Vorsitzende des Labor-Untersuchungsausschusses im Landtag den Finanzminister. «Das muss niemanden nervös machen und zu unangemessener Kritik veranlassen.»

Stunde der Wahrheit

An diesem Samstag schlägt die Stunde der Wahrheit: Dann stellt sich Seehofer zur Wiederwahl. Manche CSU-Vorstandsmitglieder halten nun einen Dämpfer nicht für ausgeschlossen. Und auch Söders Ergebnis bei den Vorstandswahlen wird mit Spannung erwartet. Bisher lag Söder bei der Vergabe der Vorstandsplätze für die zehn CSU-Bezirksvorsitzenden nie in der Spitzengruppe. Sollte Söder dieses Mal vorne landen, wäre auch das ein Signal.

dpa

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