Cool bleiben, wenn der Brexit kommt

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Schadet der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU der oberfränkischen Wirtschaft? Nutzt er ihr gar, oder geht alles so weiter wie bisher? Die Ansichten der heimischen Unternehmen decken sich beim Thema Brexit nicht unbedingt mit dem Standpunkt der IHK.

 
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Den Medien wird oft vorgeworfen, mit überzogener Berichterstattung Alarmismus zu verbreiten, der sich von der Realität weit entfernt hat. Und die Medien sollten so selbstkritisch sein, dass sie zugeben, dass dies nicht immer von der Hand zu weisen ist.

Alarmismus, die unnötige oder übertriebene Warnung vor (vermeintlichen) Problemen, ist in dieser gerne mit Superlativen hantierenden Gesellschaft aber nicht nur eine Sache der Medien, die ja in der Regel nicht die Ursache, sondern die Übermittler der Nachricht oder Botschaft sind. So auch im Fall der IHK für Oberfranken in Bayreuth, die vor wenigen Tagen mit eindringlichen Worten vor den Gefahren des britischen EU-Austritts, kurz Brexit, gewarnt hat. Einen deutlichen Einbruch in den Wirtschaftsbeziehungen erwartet die IHK.

Das wollten wir genauer wissen und fragten nach bei vielen Unternehmen in der Region. Das Ergebnis war eindeutig: Die meisten Betriebe sehen den Brexit wesentlich entspannter als die Wirtschaftskammer, befürchten gar keine oder allenfalls geringe Folgen. Manche setzen sogar auf künftig noch bessere Geschäfte mit den Briten, wie etwa die Brauerei Maisel, die auf der Insel hauptsächlich in England ihr Bier verkauft: „Mit unserem Partner vor Ort haben wir tolle Zuwächse zu verzeichnen, und wir wollen die positive Entwicklung künftig noch weiter ausbauen“, so Maisel auf Nachfrage unserer Zeitung.

Überraschend ist das nicht. Die heimischen Firmen liegen mit ihrer Einschätzung exakt im Trend der großen Adressen der deutschen Wirtschaft, die den Brexit aufmerksam beobachtet, aber kein lautes Lamento angestimmt hat. Dafür gibt es auch gar keinen Grund. Schon deshalb nicht, weil zur Stunde noch niemand weiß, wie die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien künftig gestaltet werden. Das sieht auch die Börse so, die den Brexit in kürzester Zeit abgehakt hat.

Fakt ist, dass Großbritannien zu Deutschlands wichtigsten Handelspartnern zählt, die Briten umgekehrt kein Interesse daran haben können, es sich wirtschaftlich mit der EU zu verderben. Man darf also davon ausgehen, dass am Ende der Gespräche ein Handelsabkommen ohne Gewinner und Verlierer steht, das den freien Austausch von Waren und Dienstleistungen auch künftig sicherstellt. Die EU wird allerdings schon akribisch darauf achten, den Briten keine Extrawurst zu braten, um keine Anreize für potenzielle Nachahmer zu schaffen.

Was heißt das nun für die heimischen Firmen, die mit einer Exportquote von über 50 Prozent sehr international ausgerichtet sind? Oberfranken ist Autoland. Viele Zulieferer aus der Region bestücken die großen Autobauer mit Teilen für ihre Produktion. Auch der Maschinenbau ist ein prägendes Modul der regionalen Industrie. Autos (226 Milliarden Euro) und Maschinen (169 Milliarden Euro) führen die deutsche Exportstatistik an, die Briten zählen zu den wichtigsten Kunden. Der Brexit soll daran nichts ändern. Die Hoffnung, dass es tatsächlich so kommt, ist alles andere als unbegründet.

roland.toepfer@ rnt.tmt.de

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