Finanzamt stellt um: Ab sofort werden Unterlagen im Service-Center nicht mehr geprüft Computer kontrolliert die Steuererklärung

Von Susanne Will
Finanzamtleiter Matthias Hollmann (links) und sein Kollege Randolf Heide stehen vor dem großen Hinweisschild, auf dem die Neuerungen im Finanzamt zusammengefasst sind. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Das geht jeden Steuerzahler an: Die meisten Steuererklärung prüft demnächst ein Computer. Dessen Programm sagt dem Finanzbeamten, welche Steuererklärung unter die Lupe genommen wird und welche nicht. Dazu sollten die Bürger in Zukunft ihre Steuererklärung elektronisch abgeben. Auch im Bayreuther Finanzamt beginnt der Wandel. Ab sofort werden im Service-Center keine Steuererklärung und kein Beleg mehr vor Ort geprüft.

 
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Es gibt mittlerweile kaum einen Verwaltungsakt, der nicht computerunterstützt wird oder von der EDV gänzlich abgenommen wird. Die Steuererklärungen und -bescheide bilden hier keine Ausnahme. Deutschland hat rund 40 Millionen Arbeitnehmer, 2010 gaben 8,6 Millionen Menschen ihre Steuererklärung in elektronischer Form ab. Zwar waren es 2016 bereits 20 Millionen, aber das genügt der Steuerverwaltung noch nicht. Ihr Ziel: Sie will effizienter und effektiver werden und dabei soll die elektronische Datenverarbeitung helfen. Deshalb sei es notwendig, die Daten des Bürgers bereits in elektronischer Form zu erhalten, heißt es in einer Pressemitteilung der Bayerischen Steuerverwaltung.

Keine Prüfung mehr im Service-Center

Der Leitende Regierungsdirektor Matthias Hollmann ist Leiter des Finanzamts in Bayreuth. Er erklärt den Wandel am Beispiel seiner Behörde. „Bislang konnten Bürger ihre Steuererklärung im Service-Center abgeben. Mitarbeiter prüften sie dann schon unmittelbar vor Ort.“ Waren es im Jahr 2001, in dem das Service-Center öffnete, noch etwa 10 000 Besucher pro Jahr, habe sich die Zahl der Besucher bereits halbiert, da immer mehr Menschen im Zuge der sich ausweitenden Digitalisierung ihre Erklärungen mit Computerprogrammen wie „Elster“ erstellten und sie anschließend elektronisch und verschlüsselt verschickten.

Daten werden eingescannt

Wer ab sofort seine Steuererklärung im Service-Center abgibt, dessen Unterlagen werden nach Wunsiedel geschickt. Dort werden in einem Datenerfassungszentrum der Bayerischen Steuerverwaltung die Daten eingescannt. Ein Computer prüft nun mit einem elektronischen Risikofilter die Zahlen und Angaben.

"Prüfungswürdige Fälle"

Denn der Computer erkennt zwei Arten von Unterlagen: die „risikoarmen Fälle“ und die „prüfungswürdigen Fälle“, die sich der Finanzbeamte dann wie gewohnt vornimmt. „Prüfungswürdig“ sind Unterlagen, die erhebliche Abweichungen zu den Angaben aus dem Vorjahr beinhalten, wenn beispielsweise die Entfernung zum Arbeitsplatz exorbitant gestiegen ist. Oder aber auch, wenn erstmalig beispielsweise eine Unterhaltszahlung eingefügt wurde oder das Finanzamt die Nachricht von einem Grundstücksverkauf erhalten hat.

Schnellere Bearbeitung

Matthias Hollmann spricht von einer „Win-Win-Situation“. Das Finanzamt würde Ressourcen in Form von Arbeitsaufwand für einfache Fälle sparen und könne sich so unter anderem verstärkt denen widmen, die das Solidarprinzip durch Steuerbetrug untergraben. Und dem Bürger würden die Rückzahlungen in den „risikoarmen“ Fällen schneller überwiesen werden.

Zufallsprinzip kontrolliert weiter

Wer jetzt glaubt, dass seine Angaben überhaupt nicht mehr geprüft werden würden, weil sich seit Jahren an den Daten nichts geändert hat, der irrt. Ein Zufallsprinzip lässt den Computer auch aus den einfachen Fällen Unterlagen fischen, zu denen der Bearbeiter eine Bearbeitungs-Aufforderung erhält. Dazu überprüft der Computer turnusgemäß alle Unterlagen. Das heißt, dass es auch bei den „risikoarmen“ Fällen manchmal länger dauern kann.

"Zweckmäßiger und wirtschaftlicher"

„Risikomanagementsystem“ (RMS) nennt sich die elektronische Form der Steuererklärungs-Prüfung. Neu ist beim RMS auch, dass die Unterlagen von Bürgern, die nur Aufwendungen mit geringer steuerlicher Auswirkung geltend machen, nur überschlägig überprüft werden. „Das ist zweckmäßiger und wirtschaftlicher“, sagt Matthias Hollmann. „Was aber nicht heißt, dass diejenigen mit hohen Umsätzen automatisch zum Prüfungsfall werden.“

Ausnahme für Härtefälle

Er empfiehlt, sich auf www.elster.de weitere Informationen zu holen und über diesen Weg die Steuererklärung zu machen. Wer keinen Internetanschluss oder Computer hat, für den gelten Ausnahmen - „in Härtefällen“.

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