Chorkonzert: Debüt für den Dirigenten

Von Michael Weiser

Er musste nicht lange überlegen, sagt er. „Arn Goerke hat gefragt und gelockt“, erzählt Roland Vieweg, „und dann war da noch dieses Projekt.“ Am Sonntag feiert Vieweg seinen Einstand als Dirigent beim Philharmonischen Chor. Und das "Projekt" ist Haydns "Schöpung". Wir sprachen mit Vieweg über den Vorteil der Arbeit mit Laien. Und über das große Herz von Haydn.

 
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Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie die Nachfolge von Arn Goerke antreten?

Roland Vieweg: Eigentlich relativ kurz. Arn Goerke hat gefragt und gelockt, mit dem Projekt Schöpfung, der "Mutter der Oratorien",  nach den Werken von Händel natürlich.

Sie sind stellvertretender Musikdirektor in Hof. Warum tun Sie sich diese Arbeit zusätzlich auf? 

Vieweg: Es kostet Arbeit, aber genau das ist ja der Reiz. Das ist ein Laienchor, der braucht mehr Zeit, um die Literatur zu erarbeiten. Auf der anderen Seite sind Laien auch sehr offen, saugen alles auf. Die Bereitschaft, seine Freizeit zu opfern, um gemeinsam Musik zu machen, ist groß. Die Liebe zur Musik ist, was die Leute antreibt. Und das finde ich als Basis sehr gut.

Wie lange brauchen Sie denn, um so ein Großwerk einzustudieren?

Vieweg: Vorm Sommer haben wir schon angefangen zu proben. Jeden Donnerstag bin ich nach Bayreuth gefahren, um mit dem Chor zu arbeiten. Nach der Sommerpause haben wir Mitte September weitergearbeitet.

Wenn die Stadthalle in Bayreuth schließt, werden die Verbindungen zu Hof nochmal etwas schwächer. Das Theater Hof bringt nicht mehr jede Produktion nach Bayreuth. Was heißt das für Sie?

Vieweg: Für das Theater Hof ist Bayreuth nicht nur wirtschaftlich, sondern auch künstlerisch ein wichtiger Standort. Und für Bayreuth ist dieses künstlerische Angebot seinerseits sehr wichtig. Und wenn dieses Angebot reduziert werden muss, ist der Philharmonische Chor sicherlich einer der Leuchttürme in der Stadt. Da haben wir schon Verantwortung.

Heißt das, Sie werden häufiger mit dem Chor auftreten?

Vieweg: Da bin ich mir noch nicht im Klaren. Im Frühjahr und im Herbst werden wir auf jeden Fall weiterhin auftreten. Was drüber hinaus erarbeitet werden kann, kann ich noch nicht sagen.

Welche Ausrichtung wollen Sie dem Chor geben?

Vieweg: Da bin ich noch am Überlegen. Ich fände es für den Chor sehr schön, ein bisschen runterzukommen von großer romantischer Chorssinfonik. Es gibt noch was, was mir sehr wichtig ist: die Chorgesangpflege, das Aufeinanderhören, sich in einen Klang zu mischen. Da bin ich gerade auf der Suche nach Literatur, die diese Richtung unterstützt. Ich suche aber auch nach Möglichkeiten, den Chior in anderer Richtung zu fordern, in eine etwas modernere Richtung. Nichts Zeitgenössisches, aber Werke aus der Spätromantik und vom Anfang des 20. Jahrhunderts.

So etwas wie Mahlers 8. Symphonie...

Vieweg: (lacht) Mahler, das wäre sehr ehrgeizig. Nein, das ist nicht mein Ehrgeiz, das ist etwas, wonach Dirigenten nach vielen Jahren Berufserfahrung ranwagen. Aber es gibt viele Sachen, auf die ich neugierig bin.

Bach oder Händel, Musik aus dem Barock?

Vieweg: Das wäre auch interessant, ist aber eine andere Art des Musizierens. Nein, ich denke da eher an die frühromantische Zeit, oder an Mendelssohn. Sparsam begleitete Werke, vielleicht auch mal A cappella. Damit der der Chor seine eigene Kultur entwickeln kann. Bei der Romantik herrscht Opulenz vor, wo der Choir sich in die Orchestermasse einfügt. Ein großes romantisches Werk verzeiht Unsauberkeit  mehr als die „Schöpfung“. Für den Chor ist das sehr gut, da ist er anders gefordert. Man ist sehr präsent, der Chor wird vom Orchester nur begleitet und steht absolut im Vordergrund.

Mal abgesehen von der besonderen Eignung für einen Chor: Was gefällt Ihnen an der "Schöpfung" noch?

Vieweg: Mir gefällt besonders diese Mischung aus schönen Melodien, Orchesterglanz und geradezu  naiver Lautmalerei. Es gibt da sehr viel illustrierende Passagen. Auch diesen unglaublich strahlenden Glanz, der die Schöpfung Gottes preist. Diese Mischung hat unglaubliche theatrale Wucht. Man spürt da ein großes Herz für die Welt. In der Schöpfung habe ich immer das Gefühl, Haydn glaubt an das Gute in der Welt.

INFO: Das Chorkonzert findet am Sonntag um 19 Uhr in der Stadthalle statt. Karten an der Theaterkasse.