In der vergangenen Woche hatte Staatsanwalt Bernhard Lieb die Höchststrafe gefordert: 15 Jahre Haft wegen mehrfacher gefährlicher Vergewaltigung sowie ein lebenslanges Berufsverbot. Diese Forderung hatte W., den Vater zweier Kinder, „geschockt“, wie er dem Kurier sagte. Ebenso andere Prozessbeobachter. Auch W.s Verteidiger, der 15 Jahre barbarisch-maßlos“ nannte.
"Staatlich veranlasste Vorverurteilungsproduktion"
W. hat inzwischen fast alles verloren: seine Anerkennung, sein Vermögen und seinen Job, denn er wurde gleich nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Sommer 2015 entlassen. Strafzweck sei nicht die „Vernichtung“ des Täters, so Verteidiger Bernsmann, sondern dessen Resozialisierung. Zwei Jahre Haft, berufliche und soziale Existenz jetzt vernichtet, er habe alles verloren, was er sich erarbeitet habe. Was noch folge, sei eine „unangemessene Rache“. Außerdem sei mit der ersten Presseerklärung vom 22. August 2015 sei eine „staatlich veranlasste Vorverurteilungssproduktion“ in Gang gesetzt worden. W. und seine Verteidiger hatten während des gesamten Prozesses beklagt, es habe längst eine Vorverurteilung von W. stattgefunden.
Nicht mehr als eine Million Missbrauchsfotos
Bereits im Sommer 2015 sprach die Staatsanwaltschaft von mehr als einer Million Missbrauchsfotos, die auf dem Rechner des Arztes gefunden worden seien. Diese Zahl, so Staatsanwalt Lieb in seinem Plädoyer in der vergangenen Woche, sei „objektiv falsch“. Zur Anklage waren auch nur knapp 60 Fotos der meist jungen Patientinnen in intimer Darstellung gekommen. Dabei war bei mindestens einer Frau auch zu sehen, dass W. ein Sexspielzeug in sie einführte, während sie sediert war, und ihr das als medizinisches Gerät erklärte.
Dass er bei Anwendung des Sexspielzeugs „übliche Konventionen ebenso außer Acht gelassen habe, wie zuvor schon öfter bei der Anwendung heparinbeschichteter Stents im Venensystem“ stehe auch für ihn nicht in Frage, „in beiden Fällen erfolgte es jedoch im Sinne der Patienten, nicht aus jeglicher anderer Motivation.“