Chefarzt: Hempel folgt auf Hilgenstock

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An der Fachklinik Haus Immanuel kündigt sich mit dem neuen ärztlichen Leiter ein Generationenwechsel an: Dr. Eric Hempel (33) löst ab 1. Oktober die langjährige Chefärztin Dr. Gabriele Hilgenstock (62) ab.

 
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Vor 13 Jahren, am 1. Juli 2004, hatte Gabriele Hilgenstock ihre Arbeit in der Fachklinik Haus Immanuel aufgenommen. Zuvor war die Fachärztin für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin an der Klinik Hohe Mark in Oberursel tätig. Diese gehört wie die Fachklinik Haus Immanuel zum Klinikverbund des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) und ist auf Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik sowie ambulante Suchtrehabilitation spezialisiert.

Manchmal hilft nur beten

Ein früherer Kollege aus Oberursel, Oberarzt Dr. Dieter Schone, beschrieb die 62-Jährige Ärztin bei der Verabschiedung am Donnerstag als sensibel, aufgeschlossen und mitfühlend. Bei der Arbeit mit psychisch kranken, alten Menschen habe sie sich teils über die eigenen Kräfte hinaus eingebracht. Hilfsbereit und fragend, sei ihr manchmal nur geblieben, die Hände zu falten, spielte Schone auf den tief verwurzelten Glauben Hilgenstocks an.

Süchtig nach Alkohol und Medikamenten

Auch in der Fachklinik Haus Immanuel, in der Alkohol und Medikamenten Abhängige Frauen behandelt werden, ist die Seelsorge ein zentraler Baustein des Therapiekonzeptes. Bis zu 60 Frauen können dort medizinisch und psychologisch betreut werden und an Angeboten wie Ergo-, Physio-, Sozial- und Arbeitstherapie teilnehmen. In dem 2012 fertiggestellten Erweiterungsbau können bis zu zwölf Patientinnen ihre Kinder zu der 15 Wochen dauernden Therapie mitnehmen.

Wille, den Menschen helfen

Klinikleiter Gotthard Lehner sagte über die Chefärztin: "Mich hat am meisten Ihr unbändiger Wille beeindruckt, den Menschen zu helfen. Sie haben immer mehr als den Patienten gesehen." Für die behandelten Frauen sei Hilgenstock "das Gesicht der Klinik" gewesen und habe sich in hohem Maße für sie eingesetzt. In den Jahren ihrer Tätigkeit in Hutschdorf habe sich vieles verändert: die Diakonissen haben das Haus verlassen, das neue Klinikgebäude und eine Sporthalle seien eingeweiht worden. Mit dem neuen Therapiekonzept sei aus einem Heim eine Kleinklinik geworden, so Lehner.

Intuition und Fachwissen

Der Geschäftsführer der DGD-Kliniken, Dr. Michael Gerhard, bezeichnete es als großen Vorteil, dass Hilgenstock als gelernte Krankenschwester auch die Pflege gut kenne. "Sie haben eine offene, warme Art, bringen sich aktiv ein, sind zugewandt und zugänglich." Die Ärztin vereine Intuition und fachliches Wissen auf sich. Eine frühere Patientin, die inzwischen als ehrenamtliche Suchthelferin tätig ist, erinnerte sich an ihre eigene Behandlung. "Sie hat mir gut getan, auch meiner Seele." Ihr Selbstwertgefühl sei gewachsen, so dass sie nun eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin beginnen könne. In der Selbsthilfegruppe habe sie Hilgenstock als "sehr herzliche, vertrauenswürdige und kompetente" Ärztin kennengelernt. Auch die Mitarbeitervertretung dankte Hilgenstock für ihre Tipps und guten Ratschläge: "Das Gesamtpaket Gabi wird uns fehlen."

Bedürfnis nach Ganzheit

Die Chefärztin war sichtlich gerührt und bedankte sich für "die Zusammenarbeit und das gute Miteinander". In ihrer Zeit als ärztliche Leiterin habe sie ihr Verständnis für Suchtkrankheiten vertiefen können. "Jeder von uns tut etwas, von dem er weiß, dass er es besser lassen sollte, weil es ihm nicht gut tut", sagte Hilgenstock. "Das ist ein Phänomen, das uns allen bekannt ist." Doch das Suchtgedächtnis hindere erkrankte Patienten, sich anders zu verhalten, weil sie sich von den Substanzen etwas versprechen. Sie habe auch erfahren, so Hilgenstock, wie sich Leitung anfühlt, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und sich mit einer Aufgabe zu identifizieren. "Ich hatte immer ein Bedürfnis nach Ganzheit und wollte das Seelische, das Körperliche und das Geistige zusammenführen." Im Sinne des Luther-Wortes "Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen" schenkte sie der Klinik ein ebensolches.

Zurück nach Franken

Ihr Nachfolger Dr. Eric Hempel wird ab nächster Woche als neuer Chefarzt die medizinische Abteilung des Hauses leiten. Hempel studierte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg. Nach der Doktorarbeit bildete er sich zum Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie weiter. Bevor er sich in der Fachklinik für suchtkranke Frauen bewarb, war Hempel Chefarzt an der Helios-Marienklinik in Duisburg und am Helios-Klinikum Niederberg als Leiter der Abteilung Psychosomatik. "Die Landschaft und der Menschenschlag ist es, wegen dem ich zurückgekommen bin", sagte der 33-Jährige, der eine Wohnung in Bamberg bezogen hat. Außerdem seien "der Ruf der Fachklinik und die hier herrschende Atmosphäre" für ihn reizvoll gewesen. Den Hobbys, zu denen er Bouldern, Joggen, Volleyball und Billard zählt, kann er hier im Freundeskreis ebenfalls nachgehen.

In die alte Heimat

"Wir sind sehr froh, dass es uns gelungen ist, die Stelle wieder qualifiziert zu besetzen", sagte Klinikleiter Lehner. Hempel schlage den umgekehrten Weg ein wie Hilgenstock und komme von Nordrhein-Westfalen zurück nach Franken. Die Chefärztin kehrt aus persönlichen Gründen in ihre Heimatstadt Dortmund zurück.

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