Wer inszeniert den „Ring“ in Buenos Aires? Chaos nach Katharina Wagners Abreise

Florian Zinnecker
 Foto: red

Nach Katharina Wagners überstürzter Abreise in der vergangenen Woche überschlagen sich die Ereignisse, und wer versucht, sich einen Reim darauf zu machen, kommt über kurz oder lang zur Einsicht: Hier stimmt etwas nicht.  

 
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Am Dienstag betrat die Regisseurin Katharina Wagner den frisch renovierten Theaterbau in Buenos Aires und wunderte sich – so erzählen die, die dabei waren. Die Probebühne sei – bis auf einen eilig zusammengenagelten Turm ohne Geländer und Sicherungen – leer gewesen, die geforderten Probeaufbauten – eine Art Nachbau des echten Bühnenbilds, um komplexe  Momente so genau wie möglich einstudieren zu können – gab es nicht. „Ohne die Probeaufbauten“, sagte Katharina Wagner am Freitag dem Kurier, „können wir aber nicht arbeiten.“ Zumal das Teatro die Probezeit um zwei Wochen reduziert habe und die tatsächliche Bühne erst zu den Bühnenorchesterproben verfügbar wäre.

Probleme mit dem Intendanten

Katharina Wagner suchte das Gespräch mit dem Intendanten Pedro Pablo García Caffi. Der habe gefragt, ob es nicht auch ohne Probeaufbauten gehe, sagte Wagner. Dann sei er aufgestanden und habe türenschlagend den Raum verlassen. „Wir blieben sitzen, weil wir dachten, er kommt gleich wieder“, sagte Wagner. Aber er kam nicht.
Also flogen Wagner und ihr Team nach Hause – „wir hätten sowieso nicht arbeiten können“, sagt Wagner. Die Sänger, die schon vor Ort waren, blieben zunächst, schon vorher sollen sie Wagner gefragt haben, ob sie denn garantieren könne, dass das Teatro ihre Gagen überweist – einige Mitwirkende hatten, wie der Kurier erfuhr, noch keine Verträge. Darauf angesprochen sagt Wagner: „Garantieren kann ich das nicht. Aber ich gehe natürlich davon aus.“ Auf eine E-Mail an Garcia Caffi, in der Wagner ihre Bereitschaft zur Arbeit am „Ring“ bekräftigte und eine Rückkehr nach Buenos Aires binnen 48 Stunden in Aussicht stellte, blieb bis heute ohne Reaktion.

Neue Regisseurin?

Bereits am Donnerstag, dem Tag nach Wagners Abreise, schrieb der künstlerische Leiter des Teatro Colón eine E-Mail an die Mitwirkenden der „Ring“-Produktion. Wie der Kurier aus verlässlicher Quelle erfuhr, wurde darin die Regisseurin Valentina Carrasco als neue Regisseurin vorgestellt. „Es ist der renommierten Regisseurin gelungen, nach einer Umplanung ihre Teilnahme an dem Projekt zu ermöglichen“, heißt es in der E-Mail wörtlich. Carrasco reise am Donnerstag, 25. Oktober, an und beginne am folgenden Tag, viereinhalb Wochen vor der Premiere, mit den Proben.

Die E-Mail endet mit dem ausdrücklichen Dank an alle Mitwirkenden, die speziellen Umstände zu ertragen, die durch den plötzlichen und unerwarteten Wechsel in der Vorbereitung dieser Produktion entstanden ist. Ob es diesen Wechsel überhaupt gibt, ist nun aber wieder offen. Am Samstag veröffentlichte die spanische Zeitung LaNacion ein Interview mit dem Intendanten des Teatro Colón, Pedro Pablo García Caffi. Dass er inzwischen die Regisseurin Valentina Carrasco anstelle Katharina Wagners mit dem Projekt beauftragt habe, dementierte Garcia Caffi ausdrücklich: „Katharina steht in der Pflicht.“ Das Teatro Colón sei sehr zufrieden und glücklich mit dem Projekt; falls es Probleme geben sollte, werde man sich bemühen, diese in den Griff zu bekommen. „Wir erfüllen jeden einzelnen Punkt der Verträge“, sagte Garcia Caffi. Das Bühnenbild sei bisher allerdings erst zu ca. 15 Prozent fertiggestellt, weil die Ansprüche an die Bühnentechnik sehr komplex seien. Insgesamt befinde sich das Teatro aber voll im Zeitplan. „Wir haben mit jedem einzelnen Mitwirkenden einen Vertrag geschlossen – und daran halten wir uns“, sagte Garcia Caffi.

"Es wird alles gut"

Katharina Wagners Einlassungen in den Medien überraschten ihn. „Das war ein Eimer mit kaltem Wasser.“ Ihre Aussagen über untragbare Probenbedingungen müsse sie nun ihrerseits erklären; er habe seit ihrer Abreise keinen Kontakt mehr zu ihr.  Ich denke aber trotzdem, es wird alles gut.“ Dass der Vorverkauf bisher nur schleppend laufe, liege daran, dass erst in der vergangenen Woche die Werbekampagne angelaufen sei.
Für die zweite Novemberwoche ist Katharina Wagner als Regisseurin einer Veranstaltung des Festspiele-Hauptsponsors Audi in Ingolstadt engagiert. „Das überschneidet sich aber nicht“, sagte sie dem Kurier, „sondern ist von Anfang an in den Probenplänen vermerkt gewesen“. Das dafür nötige Rückflugticket von Buenos Aires zurück nach Deutschland hatte sie die ganze Zeit in der Tasche.

Foto: Lammel