Campus-Kunst: Prüfstein der Freiheit

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"Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." So steht es in Artikel fünf, Absatz drei, des Grundgesetzes. Und darin kann gerade in diesen Zeiten nicht oft genug erinnert werden. Das findet der Künstler Robert Kessler und hat dazu ein Kunstwerk geschaffen.

 
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Seit einiger Zeit steht es vor dem Eingang des Gebäudes NW III auf dem Campus der Universität. Mit seiner Arbeit "You Are Free" hat Kessler den Wettbewerb Kunst am Bau gewonnen. Weil sein Kunstwerk "interaktiv, kinetisch und lichtphilosophisch" zugleich ist. Zudem ist es ein Plädoyer für die Freiheit der Forschung.

Sonnenlicht erleuchtet Glasplatte

Genau am 24. Mai soll das Sonnenlicht jedes Mal durch das symbolische Auge scheinen. Der Lichtfleck fällt dann auf die in den Boden eingelassene Glasplatte, um sie zu erleuchten. Das sollte am Donnerstag erstmals passieren: Allerdings machte das regnerische Wetter der geplanten Demonstration der Strahlkraft des Kunstwerks fast einen Strich durch die Rechnung. In diesem Fall ging es tatsächlich um eine Berechnung: Das Deutsche Luft- und Raumfahrzentrum in Oberpfaffenhofen hatte die Ausrichtung des Werkes berechnet.

Reflexionen im Spiegelbild

Auf dem gegenüberliegenden Spiegel war jedoch das Farbenspiel von gelb auf rot gut zu sehen. Rot wird der Rand des Spiegels, wenn man ihn berührt und dreht. Der Betrachter sieht das Spiegelbild der eigenen Person und andere Lichtreflexionen. In den Boden eingelassene Lampen werden das Kunstwerk auch abends anstrahlen. Mit einem Spezialtieflader war die 1,7 Tonnen schwere Skulptur am 30. Mai 2017 gebracht und mit Hilfe eines Krans montiert worden. Der im Durchmesser 3,5 Meter umfassende große Spiegel steht schräg auf einem Fundament aus Beton. "Ein Prüfstein, an dem sich jeder messen kann" sei der polierte Irisspiegel.

Ein Werk, das es in sich hat

Den Kunstwettbewerb hatte das Staatliche Bauamt Bayreuth 2016 ausgeschrieben. Das Werk, das auch für die Freiheit der Kunst steht, hat es jedoch in sich. So sollte zunächst eine Kiste mit Geldscheinen beleuchtet werden. Die Wettbewerbsjury schloss diesen im Entwurf vorgesehenen Bestandteil aus. Der Künstler intervenierte - und konnte das Geld durch eine andere künstlerische Aussage ersetzen. Und dann war noch die Sache mit dem vermeintlichen Vandalismus: Der kleine Spiegel war umgekippt - für den Künstler eine bewusste Missachtung seines Werks, für das Staatliche Bauamt und die Uni eine Fehlkonstruktion der Verankerung. Kessler hat es aus Kulanzgründen instandgesetzt.

Forschen ohne Vorschriften

Jetzt, am Tag der Einweihung, waren alle Beteiligten um Harmonie bemüht. Federica Gasparetto vom Bauamt sagte, die Studenten hätten das Kunstwerk mittlerweile gut angenommen. Die Erfahrung „wie dramatisch und wertvoll Freiheit ist“ sei durch die Skulptur für jeden erfahrbar. Der Wissenschaft werde nicht vorgeschrieben, worüber sie forsche. Sie könne sich aussuchen, wo sie genauer hinschauen wolle. Diese Freiheit sei ein hohes Gut. „Denn Freiheit ist kein Gebilde, das man garantieren kann“, sagt Kessler. „Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen, sie zu bewahren.“

Ein grundlegender Wert

Dem pflichtete Universitätspräsident Stefan Leible bei: „Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist grundlegend für diese Universität.“ Dass diese nicht selbstverständlich sei, erlebe die Hochschule aktuell anhand dreier ausländischer Stipendiaten, die nicht mehr in ihren Heimatländern forschen dürften. „Sie können nun bei uns die Forschung und Lehre betreiben, die sie machen wollen. Darum müssen wir dieses Gut verteidigen und leben.“

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