Vorbild Andernach am Rhein
In Andernach, der Stadt, an der sich die Hollfelder orientieren, gibt es solche öffentliche Gartenflächen seit fünf Jahren. Im Jahr 2010 wurden 100 Tomatensorten gepflanzt, ein Jahr später 100 Bohnensorten. Danach folgten Zwiebeln, Kohl und Wein. Die Pflege der Flächen übernimmt dort aber die Stadt. „Es steht schon irgendwo am Horizont, dass sich das in Richtung bürgerschaftliches Engagement entwickelt, aber wir sollten da nicht blauäugig sein“, sagt Christoph Maurer, der Pressesprecher der Stadt Andernach. Draufzahlen würde die Stadt dort aber auch ohne Bürgerengagement nicht. „Wo wir Stauden gepflanzt haben, haben wir jetzt weniger Arbeit als zuvor, bei Essbarem etwas mehr. Insgesamt hält es sich die Waage“, sagt Maurer. Unter anderem deswegen sollen in Hollfeld neben Obst- und Gemüsepflanzen bald auch jede Menge Wildblumen blühen.
Vorstellung am 22. April
Voraussichtlich am 22. April wollen die Mitglieder der Interessengemeinschaft Innenstadt im Kintopp ihre Pläne vorstellen. Bürger sollen dort auch eigene Ideen einbringen können. Vorab können diese per E-Mail an hollfeldgub@gmail.com geschickt werden.
Info: Auch in Bayreuth wird derzeit ein Gemeinschaftsgarten geplant. Studenten der Geoökologie haben dazu bereits ein Grundstück in der Hammerstadt von der Stadt Bayreuth erhalten. Das Bayreuther Projekt soll am 1. April um 18 Uhr im Iwalewahaus vorgestellt werden.
Das Phänomen der Gemeinschaftsgärten kommt aus dem Englischen (daher auch: „Communal Gardening“ oder „Urban Gardening“ genannt). Vermutlich entstanden die ersten Gemeinschaftsgärten im New York der 70er Jahre, als Anwohner in ärmeren Gegenden Brachflächen urbar machten. Das Prinzip findet sich in ganz Nordamerika. Meistens handelt es sich um Nutzgärten. Nebenbei haben die Gemeinschaftsgärten aber auch eine soziale Funktion: Sie bringen unterschiedliche Menschen zusammen, dienen als Erholungsraum und sorgen im Kleinen dafür, dass Engagement und Verantwortung entstehen. Daher werden viele solcher Projekte auch von der Politik unterstützt. Bekanntestes Beispiel in den USA dürfte die High Line in New York sein, eine ausgediente Hochbahnstrecke, deren Trasse man über mehrere Kilometer erhalten und als riesigen Garten zugänglich gemacht hat, inklusive Imkerei, Vogelstation und Ackerbau. In Deutschland gibt es mit dem Prinzessinnengarten in Berlin seit 2009 einen riesigen Gemeinschaftsgarten. In Kreuzberg am Moritzplatz wird nicht nur gegärtnert, hier wird das selbst gezogene Obst und Gemüse auch direkt verarbeitet und bei einem Mittagstisch, den jeder nutzen kann, angeboten. kfe
Vor 100 Jahren in Bayreuth:
Vor gut 100 Jahren wurden auch in Bayreuth schon einmal an exponierter Stelle Gemüse und Kartoffeln angebaut – im Garten der Villa Wahnfried. Denn: Die militärische Lage im Sommer 1916 war ernst. Im Westen zogen sich die beiden deutschen Offensiven an der Somme und vor Verdun ergebnislos in die Länge. Die Ernährungslage in Deutschland wurde immer schlechter, die Rationen von Fett, Zucker, Brot auf den Lebensmittelkarten immer kleiner. Die 19-jährige Winifred Wagner, seit einem Jahr mit Siegfried Wagner verheiratet und gerade mit ihrem ersten Sohn Wieland schwanger, kämpfte energisch um Nahrung für die Familie. Im Wahnfried-Park wuchsen statt Rosen deshalb Kartoffeln und Gemüse. Das mühsam eingeweckte Essen wurde streng rationiert, die Vorräte von städtischen Behörden streng kon-trolliert. In Wahnfried konnten nur noch Cosimas Zimmer geheizt werden. Die übrige Familie zog aufgrund des Kohlenmangels zu neunt in das benachbarte Siegfried-Haus. Schmalhans war Küchenmeister in Bayreuth. Die Kriegskochstelle des Roten Kreuzes empfahl sogar, bei der Herstellung von Klößen Kartoffeln durch Kohlrüben zu ersetzen. mx