Brot, Bier und Backfeuerrecht Urkunde: Seit 250 Jahren Handwerk in der Bäckerei Lang

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Thomas Zimmer zeigt die Urkunde, die im Dezember vor 250 Jahren das Backfeuerrecht zugesichert hat. Foto: Eric Waha Foto: red

Das Feuer brennt. Und es geht seit 250 Jahren nicht aus. Auch wenn es heute längst nicht mehr richtiges Feuer ist, mit dem die Öfen der Bäckerei Lang betrieben werden. Am 14. Dezember 1764 hat Thomas Dollhopf das Backfeuerrecht für das Haus in der heutigen Jean-Paul-Straße bekommen. Bäckerei ist das Haus seitdem geblieben. Alexandra und Thomas Zimmer sind die 13. Familie, die hier Brot backt.

 
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Bäckereien, die 250 Jahre und älter sind, gibt es in Oberfranken vereinzelt. Thomas Zimmer muss es wissen, schließlich ist er nicht nur Bäckermeister, sondern auch Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken. „Außergewöhnlich ist aber, dass mit originalen Dokumenten das Umfeld belegt ist. Da dürften wir ziemlich allein stehen“, sagt Zimmer.

Die Geschichte des Hauses ist genau nachvollziehbar: Gebaut hat es Elias Dietzel, ein Buchdrucker, im Jahr 1751. Er hatte das Monopol, druckte für die Markgrafen, druckte die Zeitung, für die Universität und das Gymnasium. „Bis das Monopol 1754 gebrochen wurde“, weiß Zimmer. Nachdem Elias Dietzel am 12. Dezember 1761 gestorben war, bemühten sich seine Erben um eine Verwertung des Anwesens – Drucken rentierte sich nicht mehr, deshalb kam der Bäcker Thomas Dollhopf ins Spiel, der drei Jahre und zwei Tage nach Dietzels Tod das erste Brot in den Ofen geschoben hat.

Die Urkunde über den Erwerb des Backfeuerrechts bewahren die Familien Zimmer und Lang wie einen Schatz – ebenso wie die anderen Dokumente, die Aufschluss geben über jeden Besitzerwechsel. Und die durch Zufall in das Haus zurückgekehrt sind: „Als das Haus 1988 umgebaut wurde, kam eine Frau durch Zufall vorbei, die im Krieg hier gewohnt hat. Sie sagte, sie hätte eine Kiste mit alten Dokumenten, die vermutlich zu dem Haus gehörten“, sagt Zimmer. Eine dieser Urkunden aus dem Jahr 1790 erwähnt zum ersten Mal, dass beim Besitzerwechsel zehn Eimer Bier zum Geschäft gehörten. „Bayreuth hatte eine herausragende Tradition an Beck’n-Brauern. Im 17. Jahrhundert gab es 83 Brauer und zwölf Bäcker in der Stadt.“

Die Sortenvielfalt beim Brot war auch nicht besonders groß, deshalb machte es auch wenig Sinn, einen Bäckerladen zu betreiben. Die Bayreuther gingen zum Brot kaufen eben in die Wirtschaft. Was den Nebeneffekt hatte, dass man eben auch ein Seidla Bier trinken konnte. „Der Urgroßvater meiner Frau, Lorenz Lang, der die Bäckerei 1919 gekauft hat, hat beispielsweise erst 1925 beantragt, eine Laden einrichtigen zu dürfen“, sagt Zimmer. Lorenz Langs Mut bewundert Zimmer: „Er kam aus dem Ersten Weltkrieg mit einer Sehkraft von 40 Prozent zurück. Er ist zur Bank, hat sich für 45 000 Mark das Haus gekauft – wir haben es umgerechnet: das wären heute 1,4 Millionen Euro.“

Lorenz Langs Sohn Konrad entschied nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der Brauerei Schluss zu machen, nur noch zu backen. „Das Schankrecht hat er aber nie erlöschen lassen. Wir haben die Tradition 1995 wiederbelebt, seit 2006 gibt es wieder dunkles Bier nach dem Rezept des Großvaters.“

Das Stöbern in den Urkunden fördert Spannendes zutage: Bei den Übergabeurkunden aus den Jahren 1797 und 1825 beispielsweise fehlen die Unterschriften der Frauen. „Sie konnten nicht schreiben und mussten drei Kreuze machen.“ Eine besondere Art von Sozialversicherung schlossen die Bäcker Valentin und Christiana Bauer ab, als sie dem Werben von Carl Wolf um die Hand ihrer Tochter Margaretha nachgaben und Wolf auch die Bäckerei verkauften. Sie durften nicht nur in dem Haus wohnen bleiben. „Wolf musste das Vermögen seines Vaters – 2200 Gulden – mitbringen. Auch das seiner Mutter, das ist aber nicht näher beziffert. Und die Bauers schrieben in die Urkunde, dass Wolf 4000 Gulden zahlen müsse, wenn die Ehe kinderlos bliebe.“ Wolf musste übrigens nicht zahlen.

Zimmer sagt, er fühle sich wie ein Zahnrad in der Geschichte des Hauses: „Es macht dich klein, wenn du siehst, da sind 13 Bäckerfamilien in dem Haus gewesen. Was dich stark macht: Die alle hatten ihre Probleme und haben sie gemeistert.“ Früher hießen die Probleme Krieg und Krankheiten, „heute sind es die Supermärkte, mit denen wir kämpfen. Früher haben die Bäcker den Hunger gestillt, heute muss man die Kunden erst einmal hungrig machen“. Man müsse brennen für sein Brot, sagt Zimmer. Das sei heute die Herausforderung. Auch nicht anders als vor 250 Jahren.

Info: Am 2. November feiert die Bäckerei das Jubiläum mit einem Tag der offenen Backstube.

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