Bayreuther Elternbeiräte machen Druck: Sie wollen nahtlosen Übergang zu neun Jahre Lernzeit an allen Gymnasien Brandbrief an Spaenle

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Die Eltern der Bayreuther Gymnasiasten haben einer Umfrage zufolge ein klares Votum abgegeben: Die überwiegende Mehrheit will eine Verlängerung der Schulzeit auf neun Jahre am Gymnasium. Und zwar für alle Schulen, nicht nur für ausgewählte. Foto: Archiv/Armin Weigel, dpa Foto: red

Sie wollen ein Ende der Unsicherheit: Die Elternbeiräte von vier der fünf Bayreuther Gymnasien haben einen Brandbrief an den bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle geschrieben. Sie schreiben, die große Mehrheit der Eltern an den Bayreuther Gymnasien fordern eine Verlängerung der Lernzeit von acht auf neun Jahre. Und zwar übergangslos nach Ende des Pilotversuchs Mittelstufe plus. Alles andere wäre: Bruch von Zusagen.

 
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"Wir sind verunsichert", sagt Marco Marino, Elternbeiratsvorsitzender am Graf-Münster-Gymnasium (GMG). "In drei Monaten haben wir wieder den Tag der offenen Tür und müssen den Eltern der Viertklässler Rede und Antwort stehen. Ich fühle mich ein bisschen der Lüge ertappt, weil ich etwas anderes erzählt habe im vergangenen Jahr." Damals, sagt Marino, habe er den Eltern erzählt, dass ab dem Schuljahr 2017/18 auch an seiner Schule eine verlängerte Lernzeit gelten wird. "Das war mein Kenntnissstand." Weil mit Ablauf des aktuellen Schuljahres die Pilotphase der Mittelstufe plus ausläuft, an  der 47 bayerische Gymnasien teilgenommen haben. In Bayreuth ist das Gymnasium Christian-Ernestinum (GCE) die einzige Plus-Schule.

Dialogprozess mitten in den Sommerferien

Jürgen Färber, Elternbeiratsvorsitzender am Richard-Wagner-Gymnasium (RWG) und einer der Initiatoren des Schreibens an Spaenle, sagt im Gespräch mit dem Kurier: Der Dialogprozess zu dem Thema sei im August angestoßen worden. "Mitten in den Sommerferien." Nicht nur bei den Direktoren, sondern gerade bei den Eltern werde das Problem stark diskutiert: "Ein Hauptproblem: Was passiert mit den Schülern der aktuellen vierten bis sechsten Klassen. Es gab die Zusage einer Übergangslösung für alle Schulen. Wer seine Kinder auf ein anderes als ein Mittelstufe-plus-Gymnasium geschickt hat, fühlt sich veralbert."

"Was vom Kultusministerium kommt, ist unklar"

Was Marino und die Elternbeiratsvorsitzenden des RWG, des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums (MWG) und des GCE ärgert: "Aktuell ist jedoch lediglich von der landesweit angebotenen Möglichkeit einer Lernzeitverlängerung zum Schuljahr 2018/19 die Rede, ein nahtloser Übergang scheint nicht mehr diskutiert zu werden", heißt es in dem Brief an Spaenle. "Was vom Kultusministerium kommt, ist unklar", sagt Marino. Eine Umfrage bei den Eltern der aktuellen Fünft- bis Siebtklässler, ob sie acht oder neun Jahre Lernzeit haben wollen, habe ein mehr als deutliches Ergebnis gebracht: Am GMG wollen 90,85 Prozent der Eltern neun Jahre, am MWG 92 Prozent und am RWG sogar 95,79 Prozent. Am GCE hatten sich im ersten und im zweiten Mittelstufe-plus-Jahrgang 72 Prozent der Schüler für neun Jahre Gymnasium entschieden, "es waren gewisse Bemühungen erforderlich, um eine vertretbare Klassenstärke im Regelzug zu erreichen".

Statt ein Jahr mehr: Hohe Hürden für ein Jahr mehr

Statt einer Verlängerung der Lernzeit an allen Gymnasien befürchten die Elternbeiräte hohe Hürden für die Schulen, die es wollen: "Das hängt von der Größe der Schule ab, es dürfen nur Schulen anbieten, die sechszügig sind. Aktuell wäre das in Bayreuth nur das Wirtschaftswissenschaftliche Gymnasium (WWG), sagt Marino. Außerdem müsse der Sachaufwandsträger - im Falle von vier der fünf Gymnasien in Bayreuth ist das die Stadt - zustimmen. Und: Die letzte Entscheidung liege sowieso beim Kultusministerium. "Womit es eine politische, keine inhaltliche Entscheidung ist. Zudem heißt es, dass in jeder Stadt ein Gymnasium erhalten bleiben muss, das G8 anbietet." All diese Hürden nennt Marino "eine Entscheidung gegen die Vielfalt". Trotz eines eindeutigen Votums der Eltern. "Gerade deshalb war es uns wichtig, das Stimmungsbild der Eltern abzufragen." Das, sagt Jürgen Färber, sei wichtig: "Bevor wieder eine Entscheidung getroffen wird, mit der wieder keine Ruhe ins Gymnasium kommt."

Bayreuther schneller als die Landeselternvereinigung

Damit waren die Elternbeiräte der vier Gymnasien in Bayreuth etwas schneller als die Landeselternvereinigung (LEV). Die hat kurz nach der Bayreuther Umfrage, wenige Tage vor Weihnachten, ebenfalls ihre Mitglieder befragt. An dieser Umfrage hat sich auch das fünfte Bayreuther Gymnasium, das WWG, beteiligt. Was nicht bedeute, dass man nicht mittrage, was die anderen vier Gymnasien machen, sagt Volker Hampel, der WWG-Elternbeiratsvorsitzende, auf Nachfrage unserer Zeitung. "Wir haben uns am WWG besprochen. Wir haben gedacht, es bringt wenig, zusätzlich zur klaren Willensbekundung über die LEV etwas zu machen. Das, was die LEV jetzt macht, hat einen anderen Stellenwert."

"Ein Beitrag zum Dialog"

Im Kultusministerium wertet man das Schreiben der Elternbeiräte aus "Beitrag zum Dialog über die Entwicklung des bayerischen Gymnasiums", sagt Ludwig Unger, Pressesprecher des Kultusministeriums auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Dialogprozess "zur Weiterentwicklung des Gymnasiums" stehe kurz vor dem Ende. "Das Kabinett und die Regierungsfraktion", sagt Unger, werden sich "in absehbarer Zeit" mit dem Thema befassen und "weitere Beschlüsse fassen". Der Rahmen dazu: eine einheitliche fünfte Jahrgangsstufe, einen gemeinsamen Lehrplan, einer einheitlichen Oberstufe. Und der Möglichkeit, "dass die Schulen entsprechend der Heterogenität der Schüler eine Option zugunsten einer acht- oder neunjährigen Lernzeit haben sollten".  

Die Direktoren fordern: Neun Jahre Lernzeit

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