Blühflächen bleiben: Naturschutz geht vor

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Silke Geukes vom Bund Naturschutz. Am Rathaus bleiben die Blühflächen auch im Winter stehen. Foto: Ralf Münch Foto: red

Kein schöner Anblick, fanden einige Bauausschussmitglieder. Und damit meinten sie die neu in Creußen angelegten Blühflächen am Rathaus und unterhalb des Friedhofs. Im Sommer wunderschön, aber jetzt: unansehnlich. Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz halten gegen: Wertvoll für die Futtersuche der Vögel im Winter, und: Vom Raureif verzierte Fruchtstände sehen auch hübsch aus.

 
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Rund 2000 Quadratmeter wurden vor einem Jahr von der Bewirtschaftung her umgestellt. Statt Rasenflächen, die ständig gemäht werden, wurden Blumenwiesen angesät. Denn: "Wenn alles grün ist, ist die Natur noch lange nicht in Ordnung", sagt Silke Geukes vom Bund Naturschutz, die zuständig ist für die Flächen. "Durch intensive Grünlandnutzung und (zu) häufige Wegrandpflege fehlen nicht nur die Blüten für die Bienen im Sommer, sondern im Herbst und Winter auch Samen als Vogelfutter und Stängel als Insekten-Quartiere.“ Gemäht wird so wenig wie möglich. Die Fläche unterhalb des Friedhofes wurde jetzt gemäht, sagt Bauhofleiter Werner Rustler. Um die restlichen kleineren Flächen am Rathaus kümmern sich die Helfer des Bund Naturschutz selbst. 

Philipp Wagner vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) ergänzt: „Sie sind ein wichtiges Winterquartier für Insekten, teils überwintern hier die Imagines - die aus den Jugendstadien hervorgegangenen, geschlechtsreifen Insekten - teils haben Insekten gezielt ihre Eier in die Stängel abgelegt, die dann eigentlich im Frühjahr schlüpfen sollten. Das machen  zahlreiche Heuschrecken- und Wanzenarten so", erklärt Wagner. "Mäht man das Ganze, dann muss man sich nicht wundern, wenn wir bestimmte an die Stängel angepasste Insekten in der heimischen Artenvielfalt verlieren."

Oft werden als Alternative Blühmischungen aus einjährigen Kulturpflanzen eingesetzt. "Doch erst zwei- und mehrjährige Wildpflanzen können diesem Mangel abhelfen," sagt Silke Geukes. "Denn Blühflächen sind keine Wiesen – sie regenerieren sich in viel stärkerem Maße aus Samen." Und für mehrjährige Pflanzen sei es vorteilhaft, wenn abgestorbene Pflanzenteile stehen bleiben, da sie ein effektiver Frostschutz sind, ergänzt Wagner.

Auch wenn die Flächen jetzt auf den ersten Blick trist aussehen, gebe es viel zu entdecken. An den Fruchtständen von Wilder Möhre, Taubenkropf-Leimkraut und Schafgarben bilden sich taubedeckte Spinnennetze. „Bunte Distelfinken ernten die Kardendisteln ab, feine Samenstände schimmern im Gegenlicht und später sind sie von Raureif und Schnee verziert," schwärmt Silke Geukes

Naturfreunde können hier auch die Akrobatik der Grünfinken beobachten, die es auf die schwer zugänglichen Samen der Natternköpfe abgesehen haben, oder Meisen auf Insektenjagd. "Wenn abgeblühte Blumen überwintern dürfen, erhöht das die Attraktivität des Gartens – für Mensch und Natur“, sagt Geukes.

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