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Tanz-Weltmeister Michael Hull: Tausend Frauen und einige gute Tipps vor "Deutschland bewegt sich" Bloß nicht übertreiben

Bewegung macht glücklich - nur übertreiben sollte man's nicht, meint Tanzweltmeister Michael Hull. Foto: red Foto: red

Bayreuth bewegt sich – und gewinnt prominente Vorbilder. Etwa Tanz-Legende Michael Hull. Der zehnfache Weltmeister gibt im Kurier-Interview Tipps für Anfänger, warnt vor übertriebenem Ehrgeiz und spricht über die Nacht der tausend Frauen.

 
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Sie sind der Mann, der 1000 Frauen in 24 Stunden bewegt hat. Wie kam’s dazu?

Michael Hull: Das war eine Wette, mit der wir den Verein „Wir helfen Kindern“ unterstützen wollten. Ich hatte diese Aktion ein halbes Jahr vorbereitet. Mein Ziel war, mit 1068 Damen in 24 Stunden zu tanzen, und das ohne Pause. Ich habe das ganz gut geschafft, anders als meine Schwester, die moderiert hat, die war danach krank, weil sie so viel reden musste. Na, jedenfalls war die Aktion um 18 Uhr vorbei, ich hab geduscht, mich umgezogen und bin dann weiter, um einen Abschlussball zu moderieren. Das war ein wirklich langer Tag, hat aber viel Spaß gemacht. Genau so wie diese 100 Kilometer Schwimmen...

Moment, Sie sind auch noch 100 Kilometer geschwommen?

Hull: Ja, aber im Team, eine Staffel mit insgesamt zehn Schwimmern. Es ging darum, dass wir den Rekord für diese 100 Kilometer unterbieten wollen. Wir wollen den Rekord knacken, und es hat geklappt.

Sie sind zehnfacher Weltmeister im Tanzen, wurden einem Fernsehpublikum aber auch als Jurymitglied für „Let’s Dance“ bekannt.

Hull: Meine Tante hatte dieses Format in England ins Leben gerufen. Von der BBC wurde es nach Deutschland verkauft. Und ich war 2007 und 2008 bei den beiden ersten Staffeln dabei. Danach sind vor allem die Nichttänzer dringeblieben.

Welcher Prominente aus dieser Tanzshow ist Ihnen denn besonders im Gedächtnis geblieben, im Guten oder im Schlechten?

Hull: Was den künstlerischen Aspekt betrifft Gildo Horn. Der brachte sehr viele eigene Ideen ein, das fand ich gut.

Ich höre da Ironie heraus...

Hull: Nein, überhaupt nicht. Der hat das ganz gut hingebracht. Er ist ja musikalisch sehr begabt. Und er hat es sich nicht nehmen lassen, das auf seine besondere Art zu zeigen.

Sie schwimmen nicht nur für wohltätige Zwecke, sondern haben auch Ihre eigene Stiftung, die sich um  Menschen mit Behinderung kümmert.  

Hull: Meine Schwester und ich haben viele Jahre Erfahrungen sammeln können, was durch Tanzsport für die Menschen alles möglich ist. Und wir fragten uns, warum wie das für uns behalten sollten. Daher diese Stiftung. Wir beziehen Behinderte ein, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund. Wir nennen sie Menschen, die anders und besonders sind. Wie beziehen sie ein, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Und wir wollen viele andere Tankschulen motivieren, sich ebenfalls für diese Menschen zu öffnen. Diese Menschen sind genauso belastbar wie andere Menschen, und wie andere auch möchten sie sich in der Gesellschaft wohl fühlen. Das geht aber nicht, wenn sie draußen bleiben müssen.

Ein großer Getränkekonzern hat kürzlich sogar einen Werbespot mit ihrer inklusiven Gruppe gedreht. Ist das für Sie ein Zeichen für mehr Einsicht, wenn ein Global Player so einen Spot dreht?

Hull: So etwas ist einerseits immer ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber der Konzern ist ein Multiplikator, und so werden wir es vielleicht erleben, dass viele Tropfen irgendwann auch einen Fluss ergeben. Jedenfalls waren die Aufnahmen für uns eine zusätzliche Bestätigung. Übrigens dauern solche Aufnahmen im Schnitt vier Tage, und unsere Tänzer haben’s in drei geschafft.

Warum ist Tanzen ein idealer Sport?

Hull: Für viele Menschen ist Tanz Anlass und Gelegenheit, sich zu treffen, zusammenzukommen, sich auf eine neue Art zu begegnen. Da passiert etwas. Für Jugendliche ist Tanz auch eine Gelegenheit, sich neu anzufassen. Ja, das sind doch Fragen, die junge Menschen bewegen: Wie gehe ich mit dem anderen Geschlecht um? Und da gibt es Hip Hop und Breakdance, für junge Leute ist es toll, nach der Musik, die sie lieben, zu tanzen, sich damit zu äußern. Tanzen ist ein Sport, aber Tanzen hat auch etwas mit Kunst zu tun.

Nicht jeder ist so trainiert wie Sie. Welchen Rat geben Sie Anfängern?

Hull: Es ist nie zu spät, mit Sport anzufangen. Es gibt dem Körper viel, wir sind es unserem Körper schuldig. Beschäftigt euch mit eurem Körper, lernt, wie er funktioniert: Jeder weiß, wie ein Auto geht, aber keiner, wie der eigene Körper funktioniert. Ich kann jedem nur sagen: Es macht natürlich Spaß, auf der Couch zu liegen. Aber es macht noch mehr Spaß, wenn man weiß, man hat vorher etwas getan.

Und welche ganz praktischen Tipps haben Sie?

Hull: Anfängern würde ich raten: Immer klein anfangen. Die Muskeln, die Sehnen und die Knochen müssen sich erst an die Belastung gewöhnen. Ein paar Veränderungen wird man am Anfang nicht mögen. Und jeder sollte sich ein bisschen umschauen. Es gibt Sportarten für jeden Geschmack. Radfahren, asiatische Kampsportarten, Tanzen. Egal, für was man sich entscheiden: Man soll nicht übertreiben. Wenn man schnell anfängt, klappt das nicht.

Für den Anfang also doch lieber nur einen Halbmarathon als die Gesamtausgabe?

Hull: Man kann am Anfang sogar einfach nur Spazierengehen, warum nicht? Dann kann man ein bisschen laufen, am Ende des Jahres schafft mal vielleicht fünf Kilometer, eineinhalb Jahre später dann schon zehn. Im zweiten Jahr kann ich es mit einer Gruppe versuchen, die zieht einen ganz schön mit. Und da geht dann auch schon ein Halbmarathon. Marathonläufe habe ich schon einige für einen guten Zweck absolviert. Das würde ich einem Anfänger ganz sicher nicht raten.

Gibt’s eine Sportart, die außerhalb Ihres Talents liegt?

Hull: Oh ja, Stabhochsprung. Ich hab schon Weitsprung mit Heike Drechsler gemacht, überhaupt habe ich schon alles mögliche gemacht, aber Stabhochsprung – da würde ich hart trainieren müssen. Letztlich würde ich doch nie an eine Leistung herankommen, die man vorzeigen kann. Da schaue ich lieber zu.

Gibt es sonst eine Sportart, die Sie noch nicht gemacht haben?

Hull: Hm, es gibt da Sportarten. Motorrad oder Formel eins zum Beispiel. Ich würde da gerne mal  mitfahren, um die Fliehkräfte mitzuerleben. Aber selber fahren? Nein. Das ist mir zu teuer und auch zu gefährlich, dafür hänge ich zu sehr am Leben.

Gibt es eine Sportart, in der Sie sich noch richtige Ziele stecken könnten?

Hull: Ich war 25 Jahre lang komplett jedes Wochenende auf Wettkämpfen unterwegs. Ich mache mittlerweile gerne bei Aktionen mit, aber ich stecke mir da keine Ziele mehr, jedenfalls nichts, was mit einer Weltmeisterschaft zu vergleichen wäre. Das Feuer wäre sogar noch da, aber für solche Wettkämpfe braucht man eine Vorbereitung, viel, viel Zeit. Aber genau die habe ich ja bei meinem vollen Terminplan nicht.⋌

Das Gespräch führte Michael Weiser

INFO: Neue Sportarten ausprobieren und dabei Tipps von prominenten Sportlern bekommen? „Deutschland bewegt sich!“ macht es möglich. Am morgigen Freitag und am Samstag macht die Aktion in Bayreuth Station. Michael Hull, Tischtennis-Paralympicssieger Jochen Wollmert, Tischtennis-Vize-Europameisterin Sandra Mikolaschek, Box-Olympiasieger Torsten May und Stabhochsprung-Halleneuropameister Danny Ecker helfen mit Tipps.

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